Sachverhalt (beruht auf einem Gedächtnisprotokoll)
Der privat krankenversicherte Schüler J ist 17 Jahre alt und unternimmt mit Bekannten einen Skiausflug ins Skigebiet Schliersee (Bayern). Damit er sich eine Skilifttageskarte kaufen kann, haben ihm seine Eltern 80,00 € mitgegeben.
An der Kasse des Skilifts der Sesselliftbetreiberin Linder GmbH (L) kauft J bei einer Mitarbeiterin der L eine Tageskarte für 80,00 €. Um die Tageskarte voll bis zum Ende des Liftbetriebs um 17:00 Uhr ausnutzen zu können, besteigt er sofort den ersten Sessellift um 9:00 Uhr zur Gipfelstation und genießt die Abfahrten. Als er um 11:00 Uhr erneut die Schranke zum Lift passiert und sich zur Einstiegsstelle vortasten will, löst sich völlig unerwartet und für J nicht vorhersehbar eine Sicherheitskette aus Stahl aus dem sich über ihm befindlichen Transportzug, die ihn mit voller Wucht an der Schulter trifft. J verliert deshalb sein Gleichgewicht, stürzt und verdreht sich das Knie. Der Unfall beruht darauf, dass der zuständige Mitarbeiter M der L, der sich seit Jahren als zuverlässig erwiesen hat, bei der Wartung des Skilift versehentlich die Sicherheitskette nicht ordnungsgemäß am Transportzug wieder befestigt hat. Der gesamte Skiliftbetrieb blieb allerdings durch den Vorfall unbeeinträchtigt.
Aufgrund der schmerzhaften Verletzung kann J auch nach einer Pause nicht mehr weiter Ski fahren. Er humpelt bis zur einige Meter von der Liftschranke entfernten Liftkasse und meldet um 12:00 Uhr den Unfall. Er wolle den Skipass zurückgeben und verlangt, dass man ihm den Preis für die Tageskarte erstatte, weil er infolge seiner Verletzung nicht mehr in der Lage sei, Ski zu fahren.
Die Kassierin lehnt die Aufforderung des J jedoch unter Hinweis auf die neben der Kasse angebrachten, deutlich lesbaren “Vertragsbedingungen” ab und meint es liege ja schon kein Skiunfall vor. Im Übrigen habe J nur eine Tageskarte erworben. Außerdem könne er ohne seine Eltern nichts regeln.
In den Vertragsbedingungen heißt es unter Anderem:
“Rückvergütung:
Die Rückvergütung erfolgt ausschließlich bei einem Skiunfall. Eine Rückvergütung erfolgt nur bei Mehrtages-Skipässen und wird ausschließlich an den Liftkassen durchgeführt.”
J ist schwer enttäuscht. Um seine Verletzung medizinisch behandeln zu lassen, sucht dieser, ohne das Wissen seiner Eltern, den Arzt K auf. K bringt an dem Knie eine Bandage an. Dabei geht K aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes des J davon aus, dass dieser bereits volljährig ist.
Anschließend ruft J seine Eltern an, die ihn sodann mit dem Auto abholen. Von dem Arzttermin erzählt J den Eltern aber nichts. Nach einigen Tagen bekommt er von K für die erbrachten Leistungen eine Rechnung iHv 120,00 €. J ist über die Summe verwundert, da K über anfallende Kosten nicht gesprochen hat. Auch die Eltern des J sehen nicht ein, die Rechnung zu bezahlen, was sie diesem auch mitteilen.
J möchte sich nicht selbst mit der Arztrechnung auseinandersetzen und wendet sich mit der Aufforderung an die L, “die Rechnung des K zu übernehmen”. Deren Gesellschafter wendet ein, dass J kein Schaden entstanden sei, da seine Eltern die Arztkosten tragen müssten.
Vermerk:
In einem Gutachten, das - gegebenenfalls hilfsgutachterlich - auf alle aufgeworfenen Rechtsfragen eingeht, sind in der vorgegebenen Reihenfolge folgende Fragen zu beantworten:
Kann der K von J die Bezahlung der Behandlungskosten iHv 120,00 € verlangen?
Unterstellt, der Anspruch gemäß Frage 1 besteht, kann J von der L GmbH Freistellung von der Zahlungspflicht verlangen? Kann er zudem Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeld an sich verlangen?
Kann J von der L GmbH die volle oder teilweise Rückerstattung der Kosten für die Tageskarte verlangen?
Hinweise:
Versicherungsrechtliche Aspekte sind bei der Bearbeitung außer Betracht zu lassen. Insbesondere ist davon auszugehen, dass die geltend gemachten Arztkosten von keiner Krankenkasse übernommen werden. Auf eine mögliche Informationspflichtverletzung durch K ist nicht einzugehen.
Die Höhe der Behandlungskosten von 120,00 € entspricht der Gebührenordnung für Ärzte (GoÄ).
Auf die Höhe des angemessenen Schmerzensgeldes ist nicht einzugehen.
Auf § 276 III BGB ist nicht einzugehen.
Das Personenbeförderungsgesetz (PBefG), das Gesetz über die Rechtsverhältnisse der nichtbundeseigenen Eisenbahnen und der Seilbahn in Bayern (Bayerisches Eisenbahn- und Seilbahngesetz-BayESG) und die Vorschriften für den Bau und Betrieb von Schleppliften (BOSchlepp) bleiben bei der Bearbeitung außer Betracht.
Wenn Du die Themen und Anspruchsgrundlagen dieser Klausur genau unter die Lupe nehmen möchtest, dann sende uns eine E-Mail mit dem Betreff “Examensreport Zivilrecht” an info@jura-online.de und wir schalten Dir ein kostenloses Zivilrechtspaket für 5 Tage frei, so dass Du Zugriff auf alle zivilrechtlichen Lerneinheiten hast.
Viel Spaß und viel Erfolg beim eigenständigen Lösen der Klausur
Dein Jura-Online Team
Du möchtest weiterlesen?
Dieser Beitrag steht exklusiv Kunden von Jura Online zur Verfügung.
Paket auswählen