Es begann mit einem „Knöllchen“
Das Gericht in Karlsruhe weicht bei Falschparkern auf privaten Parkplätzen von den Grundsätzen der Beweislast ab. Was bedeutet das? Wer muss nun was beweisen?
Worum geht es?
Parken ist – zumindest in den Großstädten – eine reine Nervensache. Nach einiger Zeit findet sich aber immer ein Plätzchen für das eigene Fahrzeug. Ob dort aber auch rechtmäßig geparkt werden darf, ist eine andere Frage. Eine Frage, die nun sogar den BGH beschäftigt hat. Im Jahr 2015 befand sich das Auto der Beklagten auf einer privaten Parkfläche eines Krankenhauses. Der Parkplatz wurde von einem Unternehmen bewirtschaftet. Laut einem gut einsehbaren Schild durfte man nur mit Parkscheibe für maximal anderthalb Stunden dort parken. Weiter steht geschrieben, dass bei widerrechtlich abgestellten Fahrzeugen ein „erhöhtes Parkentgelt“ von mindestens 30 Euro erhoben wird. Das Auto stand dort eine zu lange Zeit. Es folgte eine Aufforderung zur Zahlung des „erhöhten Parkentgelts“, auf welche die Halterin nicht reagierte. Zwei Jahre später stand das Auto wieder auf einem privaten Krankenhausparkplatz, der auch von demselben Unternehmen betrieben wurde wie derjenige aus dem Jahr 2015. Diesmal stand das Auto sogar in einem Bereich, in dem nur Mitarbeiter parken durften. Auch hier befand sich dieselbe Beschilderung wie auf dem anderen Parkplatz. Und auch hier blieben die hinterlassenen Aufforderungen zur Zahlung erfolglos. Daraufhin ermittelte das Unternehmen durch Halteranfragen die Fahrzeughalterin und ging gerichtlich gegen sie vor. Die Halterin allerdings bestritt, das Auto an den besagten Tagen dort abgestellt zu haben und verweigerte die Zahlung.
Um was für einen Vertragstyp handelt es sich?
In dem Rechtsstreit ging es um die Beweislast. Vorab sollte aber klar sein, um was für ein Vertragsverhältnis es sich hier überhaupt handelt. Zwischen dem Betreiber eines privaten Parkplatzes und einem Autofahrer kommt ein Nutzungsvertrag zustande, indem der Fahrer das in der Bereitstellung des Parkplatzes liegende Angebot durch das Abstellen des Fahrzeugs annimmt. Weiter muss differenziert werden: Es würde sich um einen Mietvertrag handeln, wenn für das Parken ein Entgelt anfallen würde. Wird der Parkplatz aber wie hier unentgeltlich zur Verfügung gestellt, handelt es sich vielmehr um einen Leihvertrag gem. § 598 BGB. Die aufgestellten Schilder bezüglich Parkscheibe, Parkdauer und Co. stellen Allgemeine Geschäftsbedingungen dar, die durch das Abstellen des Fahrzeugs wirksam in den Vertrag einbezogen werden. So weit, so gut.
Wer muss was beweisen?
Strittig war nun, wer was beweisen muss. Das Amtsgericht hatte die auf Zahlung gerichtete Klage abgewiesen. Die dagegen eingelegte Berufung vor dem Landgericht scheiterte auch, da nicht die Fahrzeughalterin, sondern nur der Fahrer Schuldner sei. Die Halterin habe ihre Fahrereigenschaft wirksam bestritten. Der BGH bewertete die Frage der Beweislast nun anders. Er war der Auffassung, die Beklagte könne sich nicht einfach weigern und sagen, sie sei nicht gefahren. Denn die Betreiber des Parkplatzes seien überhaupt nicht dazu in der Lage zu beweisen, wer das Auto abgestellt habe. Bei solchen Parkplatz-Verträgen handele es sich schließlich um ein anonymes Massengeschäft, weil der Parkplatz der Allgemeinheit angeboten werden würde. Der BGH führte aus:
Dass der Parkplatzbetreiber das Abstellen des Fahrzeugs nicht von einer vorherigen Identifizierung des Fahrzeugführers abhängig macht, ist Bestandteil dieses Massengeschäfts […]. Er hat keine zumutbare Möglichkeit, die Identität seines Vertragspartners bei Vorliegen eines unberechtigten Abstellvorgangs und damit einer Verletzung seiner letztlich aus dem Eigentum folgenden Rechte im Nachhinein in Erfahrung zu bringen.
Deshalb treffe die Fahrzeughalterin hier eine sekundäre Darlegungslast. Mit dieser wird von dem Grundsatz abgewichen, dass dem Kläger die obliegende Darlegungs- und Beweislast trifft – also hier die Fahrereigenschaft. Das Parkplatz-Unternehmen sei zwar primär darlegungspflichtig. Da sie aber keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Umstände und auch keine Möglichkeit zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts habe, greife die sekundäre Beweislast.
Wie geht es weiter?
Die vor dem BGH eingelegte Revision war somit für das Unternehmen erfolgreich. Das Landgericht wird der Beklagten nun erneut Möglichkeit geben müssen, sich zu den Geschehen zu äußern und anschließend neu entscheiden.
Schaue Dir hier die prüfungsrelevanten Lerneinheiten zu diesem Thema an:
- [Leihe, §§ 598 ff. BGB](https://jura-online.de/lernen/leihe-598-ff-bgb/3713/excursus?utm_campaign=Wusstest_Du_Sekundaere_Beweislast_bei_Falschparkern)
- [AGB - Kontrolle, §§ 305 ff. BGB](https://jura-online.de/lernen/agb-kontrolle-305-ff-bgb/178/excursus?utm_campaign=Wusstest_Du_Sekundaere_Beweislast_bei_Falschparkern)
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