Sechs Entscheidungen des BVerwG, die Du kennen solltest
Neben BVerfG und BGH war auch das BVerwG 2019 fleißig und hat einige interessante Entscheidungen getroffen. Du kannst es Dir denken: Die Wichtigsten haben wir für Dich hier nochmal zusammengestellt.
Grundsatzurteil zur Kennzeichnungspflicht von Polizeibeamten
Unter anderem hat das BVerwG ein Grundsatzurteil zur Kennzeichnungspflicht von Polizeibeamten getroffen. Unter dieser Pflicht ist zu verstehen, dass Polizisten im Einsatz ihre Namen bzw. persönliche Identifikationsnummern auf den Uniformen tragen müssen. Dagegen wehrten sich zwei Beamte – allerdings erfolglos. In diesem Jahr hatten sie auch vor dem BVerwG keinen Erfolg. Das Gericht betonte, dass insbesondere die informationelle Selbstbestimmung der Beamten nicht verletzt sei. In unserem Artikel über das Urteil kannst Du hier ausführlich nachlesen, wieso die Rechtsgrundlage nach Auffassung des BVerwG für die Kennzeichnungspflicht verhältnismäßig sei.
DFL muss Mehrkosten für Hochsicherheitsspiele zahlen
BVerwG olé! Das Gericht hat eine weitere Grundsatzentscheidung getroffen, und zwar im fußballerischen Bereich! In Leipzig haben die Richter über die Rechtmäßigkeit des von der Bremer Polizei gegenüber der DFL erlassenen Gebührenentscheides entschieden. Nach Ansicht des BVerwG kann die Bremer Polizei zu Recht Gebühren zum Ausgleich der erhöhten Polizeikosten, die aufgrund eines „Hochrisikospiels“ entstanden sind, vom Veranstalter verlangen. Diese Entscheidung bringt erhebliche Prüfungsrelevanz mit sich! Zwar müsse eine Gebühr grundsätzlich besonders gerechtfertigt sein, da der Gebührenpflichtige zugleich auch Steuerzahler sei. Das BVerwG sah eine solche Rechtfertigung aber darin, dass die Polizei einen erheblichen Mehraufwand gerade aus Anlass der Hochrisikospiele betreiben müsse. Und genau auf diesen sei auch der Veranstalter angewiesen. In der Pressemitteilung des BVerwG hieß es: “Der Veranstalter wird nicht etwa als Veranlasser einer Störung der öffentlichen Sicherheit in Anspruch genommen, sondern vielmehr als Nutznießer einer besonders aufwendigen polizeilichen Sicherheitsvorsorge.“ Wenn Dich das Thema interessiert, schlagen wir hier eine hohe Flanke für Dich – und Du musst das Wissen nur noch in der nächsten Prüfung versenken.
Verspätete Examenskandidatin hätte nicht durchfallen dürfen
Apropos Prüfung: Anfang 2019 sorgte eine Meldung in der Jura-Szene für Aufsehen. Weil sie den (Wieder-)Beginn ihrer mündlichen Prüfung um wenige Minuten verpasste, sollte eine Examenskandidatin in ihrem letzten Versuch durchfallen. Diese Auffassung teilten das LJPA, das VG Minden und auch das OVG Münster. Nun hatte aber das BVerwG darüber zu entscheiden und beschäftige sich mit prüfungsrechtlichen Grundsätzen. Es entschied: Die Examenskandidatin hätte nicht durchfallen dürfen. Die vorherigen Instanzen hatten eine „untrennbare Einheit“ der einzelnen Abschnitte des Prüfungsgesprächs angenommen, sodass man der Kandidatin zu Recht den Wiedereinstieg in die nachfolgenden Prüfungsabschnitte habe verwehren dürfen. Folge: Nicht bestanden. Wie sich die Kandidatin vor den verschlossenen Türen gefühlt haben muss, lässt sich noch nicht einmal erahnen. Das BVerwG bewertete aber die Rechtslage anders und führte aus, dass die Normen aus dem zuständigen juristischen Ausbildungsgesetz im Lichte von Art. 12 I GG ausgelegt werden müssten. Die Ablehnung der weiteren Prüfung aufgrund einer kurzen Verspätung sei als unverhältnismäßig einzustufen. Vielmehr hätte man den versäumten Prüfungsteil mit 0 Punkten bewerten, alles Weitere aber wie geplant durchführen können. Ob die Frau inzwischen ihre Prüfung abgelegt hat, ist nicht bekannt. Im Februar hieß es seitens ihres Rechtsbeistands: „Meine Mandantin neigt nach aktuellem Stand dazu, die neue Chance, die ihr das Urteil aus Leipzig verschafft, zu nutzen.“ Hier findest du den gesamten Artikel dazu.
Schreddern männlicher Küken bleibt vorerst erlaubt
Im vergangenen Sommer musste das BVerwG sich auch mit dem Schreddern männlicher Küken auseinandersetzen. Das Gericht lässt die sehr umstrittene Tötung der Tiere vorerst weiter zu. Es ist davon überzeugt, dass es „in näherer Zukunft“ Technologien geben wird, die das Geschlecht des Kükens noch im Ei bestimmen können. Das BVerwG hat spannend das Verhältnis von Tierschutz und Berufsfreiheit dargestellt – hier findest Du alles dazu.
Befreiung von der Helmpflicht aus religiösen Gründen?
Schließlich hat das BVerwG einen Fall entschieden, der als absoluter Klausur-Klassiker gilt. Ein praktizierender Sikh trug aus religiösen Gründen einen Turban. Allerdings war er auch ein begeisterter Motorradfahrer. Sein Problem: Turban und Motorradhelm – das passt nicht. Er beantragte deshalb bei der zuständigen Behörde die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Befreiung von der Pflicht, beim Motorradfahren einen Schutzhelm zu tragen. Diese wurde abgelehnt. Das BVerwG ging ausführlich auf die Reichweite der Religionsfreiheit ein und nahm sogar auf europarechtliche Vorgaben Bezug. Wie genau Du eine solche Klausur aufbauen könntest, findest du hier.
BVerwG zur Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Cannabiskonsums
Wer hätte das gedacht? Das BVerwG in Leipzig hat 2019 entschieden, dass die Fahrerlaubnisbehörde bei einem gelegentlichen Konsumenten von Cannabis, der erstmals unter der Wirkung von Cannabis ein Kraftfahrzeug geführt hat, in der Regel nicht ohne weitere Aufklärung von fehlender Fahreignung ausgehen und ihm unmittelbar die Fahrerlaubnis entziehen darf. Mit dem Urteil gibt das BVerwG seine bisherige Rechtsprechung in Teilen auf – ein einmaliger Verstoß gegen das Trennungsgebot von Fahren und Konsum bedeute also nicht mehr zwangsläufig, dass der Konsument zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet sei. Zum Beitrag hier klicken.
Wie Du siehst, ging mit 2019 ein aufregendes Jahr zu Ende. 2020 wird aber nicht weniger spannend werden. Deshalb freuen wir uns, Dir auch in diesem Jahr kuriose, spannende, umstrittene und natürlich prüfungsrelevante Urteile vom BVerwG, BVerfG und BGH vorstellen zu können. Die wichtigsten Entscheidungen des BGH aus 2019 findest Du übrigens hier. Und die wichtigsten Entscheidungen des BVerfG hier.
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