Türkischer Fußballspieler wurde vom FC St. Pauli freigestellt
Der FC St. Pauli trennte sich von einem Mittelfeldspieler wegen eines umstrittenen Postings zur Syrien-Offensive der Türkei. Wie ist das arbeitsrechtlich zu werten?
Worum geht es?
Der FC St. Pauli hat mit sofortiger Wirkung seinen Mittelfeldspieler Cenk Sahin freigestellt. Damit folgte er insbesondere einer Forderung der eigenen Fanbasis, die eine Trennung von dem türkischen Spieler verlangte. Hintergrund ist ein Posting des Sportlers auf Instagram. In diesem hatte er nach der völkerrechtlich stark umstrittenen Operation der Türkei in Nordsyrien in türkischer Sprache seine Unterstützung zum Militär bekundet:
Wir sind an der Seite unseres heldenhaften Militärs und der Armeen. Unsere Gebete sind mit euch.
Seinem Instagram-Blog folgen rund 14.000 Abonnenten. Damit hat er eine recht hohe Reichweite. Der Fanclub sowie die Verantwortlichen beim St. Pauli standen diesem Beitrag kritisch gegenüber. In einer Pressemitteilung des Clubs vom Millerntor heißt es:
Nach erneuten Gesprächen zwischen den Verantwortlichen des Vereins und dem Spieler wird Cenk Sahin vom Trainings- und Spielbetrieb mit sofortiger Wirkung freigestellt. Zur Entscheidungsfindung trugen vor allem die wiederholte Missachtung des Vereins sowie der Schutz des Spielers bei.
Freistellung – keine Kündigung
Der FC St. Pauli hat sich also mit sofortiger Wirkung von Cenk Sahin getrennt. Dass es sich dabei um eine Freistellung und nicht etwa um eine Kündigung handelt, ist in arbeitsrechtlicher Hinsicht relevant. Der Vertrag zwischen dem Spieler und dem FC besteht nämlich weiter fort. Er erhält daher auch die vereinbarte Vergütung – ohne am Training oder an den Spielen teilzunehmen. Verbunden ist die Freistellung sogar damit, dass Sahin bei anderen Vereinen trainieren darf. Dies tut er auch, und zwar beim türkischen Erstligisten Istanbul Basaksehir. Der Verein steht dem türkischen Präsidenten Erdogan sehr nahe, denn dieser ist Mitgründer des Clubs.
Abwägung Meinungsfreiheit mit Rücksichtnahmepflicht
Natürlich handelt es sich bei dem umstrittenen Posting um die eigene Meinung des Fußballers. Greift dann nicht der Schutz der Meinungsfreiheit aus Art. 5 I 1 GG?
Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten […].
Der Arbeitsrechtler Benjamin Keck führte in einem Gastbeitrag bei LTO aus, dass der Schutz der mittelbar auch auf das Arbeitsverhältnis wirkenden Meinungsfreiheit seine Grenzen in den allgemeinen Gesetzen findet. Dazu zählt auch § 241 II BGB, woraus sich Treue- und Loyalitätspflichten des Arbeitnehmers ableiten lassen. Danach müsse stets Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Arbeitgebers genommen werden. Und diese sah der Fußballverein anscheinend verletzt. Insbesondere bei einem Fußballclub wie dem FC St. Pauli wird eine öffentliche positive Stellungnahme zu einer Militäroffensive der Türkei auf wenig Rückhalt stoßen.
Außerdem ist ein Verhalten wie das des türkischen Mittelfeldspielers zweifellos dazu geeignet, innerhalb der eigenen Mannschaft zu Spannungen zu führen und so die Leistungsfähigkeit zu trüben. Besonders, wenn es sich um ein stark umstrittenes Thema wie die Militäroperation in Nordsyrien und einen multikulturellen Sportverein wie dem FC St. Pauli handelt.
Eine gerichtliche Feststellung der Thematik ist aber unwahrscheinlich. Beide Parteien scheinen mit der aktuellen Lösung zufrieden zu sein. Ein endgültiger Wechsel – vermutlich zu Istanbul Basaksehir – ist ab Januar 2020 möglich, wenn die nächste Transferperiode beginnt.
Arbeitsrechtliche Besonderheit im Fußball
Nebenbei: Arbeitsverträge für Fußballer dürfen befristet werden. Das hat das Bundesarbeitsgericht in einem recht aktuellen Urteil entschieden. Ein Bundesliga-Torwart hatte Klage eingereicht, die abgewiesen wurde. Aus diesem geht hervor:
Vom Fußball werden sportliche Höchstleistungen erwartet, man kann nicht davon ausgehen, dass diese bis zum Rentenalter zu erbringen sind.
Es handele sich um eine Besonderheit, aus der ein berechtigtes Interesse an einer Befristung resultieren würde. Zeitverträge, wie sie im Fußball üblich sind, seien durch ihre Eigenart wegen der vereinbarten Arbeitsleistung zu einer Befristung gerechtfertigt.
Ein Fußballspieler ist als Arbeitnehmer seines Vereins (oder der dahinterstehenden Kapitalgesellschaft) einzustufen. Mit diesem wird ein befristeter Arbeitsvertrag geschlossen. Diese sind nach § 620 I BGB zulässig. Aber eigentlich gilt für solche Arbeitsverträge gemäß § 620 III BGB das Teilzeit- und Befristungsgesetz. In diesem wird unter anderem bestimmt, dass für die Befristung des Arbeitsvertrages ein sachlicher Grund notwendig ist. Und dieser liegt im Fußball in der Eigenart der Arbeitsleistung.
Schaue Dir hier die prüfungsrelevanten Lerneinheiten zu diesem Thema an:
- [**Meinungsfreiheit, Art. 5 I 1 1. Fall GG**](https://jura-online.de/lernen/meinungsfreiheit-art-5-i-1-1-fall-gg/306/excursus?utm_campaign=Wusstest_Du_uebrigens_Meinungsfreiheit_vs_Arbeitsrecht_Wie_politisch_darf_ein_Fußballer_sein)
- [**Arbeitnehmer**](https://jura-online.de/lernen/arbeitnehmer/1257/excursus?utm_campaign=Wusstest_Du_uebrigens_Meinungsfreiheit_vs_Arbeitsrecht_Wie_politisch_darf_ein_Fußballer_sein)
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