Die NPD ist verfassungsfeindlich, aber nicht verboten – und wird (noch) staatlich finanziert
Beim BVerfG ging ein Antrag zum Ausschluss der rechtsextremen NPD von der staatlichen Parteienfinanzierung ein. Wie die Richter aus Karlsruhe darüber entscheiden werden ist unklar – aber höchst spannend: Die NPD wurde vor einiger Zeit vom BVerfG zwar als verfassungsfeindlich eingestuft, aber nicht verboten und erhält weiterhin Geld aus der Staatskasse. Wie geht das zusammen?
Worum geht es?
Im Januar 2017 ist auch das zweite Verbotsverfahren gegen die NPD gescheitert. Die rechtsextreme NPD wird als Partei nicht verboten, obwohl sie nach ihrem Konzept und ihrem Handeln verfassungsfeindlich ist. Denn: Es soll ihr an dem Potential zur Umsetzung ihrer Bestrebungen mangeln. So heißt es in dem Urteil des BVerfG dazu. Gleichzeitig zeigt das Gericht aber eine Möglichkeit auf, wie man zukünftig mit solchen verfassungsfeindlichen Parteien umgehen könne. Das Gericht wies auf die „Schaffung von Möglichkeiten gesonderter Sanktionierung im Fall der Erfüllung einzelner Tatbestandsmerkmale des Art. 21 II GG“ hin.
Das Parteienprivileg aus Art. 21 GG
Art. 21 GG beinhaltet das verfassungsrechtlich garantierte Parteienprivileg. Politische Parteien sollen wegen ihrer besonderen Bedeutung für unsere Demokratie mit einer erhöhten Schutz- und Bestandsgarantie ausgestattet werden. Dabei erfasst der Schutz des Parteienprivilegs primär den Bestand: Eine Partei als solche ist in ihrem Bestand geschützt, solange ihre Verfassungswidrigkeit nicht festgestellt ist.
Die Erfüllung des Tatbestandmerkmals „Verfassungswidrigkeit“ war bis 2017 also die einzige Möglichkeit, eine Partei an der Teilnahme unserer Demokratie auszuschließen. Eine Möglichkeit, die bisher nicht erfolgversprechend war. Durch das Urteil des BVerfG wurde aber der Gesetzgeber darauf aufmerksam gemacht, dass durch eine Änderung des Art. 21 GG eine neue Möglichkeit geschaffen werden könnte – nämlich die Möglichkeit, verfassungsfeindliche Parteien von der staatlichen Finanzierung ausschließen zu können. Denn nach dem Urteil des BVerfG bestand folgende paradoxe Situation: Die NPD wurde als verfassungsfeindlich eingestuft, aber nicht verboten, weil sie nicht die Mittel habe, ihre verfassungsfeindlichen Ziele auch umzusetzen. Gleichzeitig aber wird die Partei vom Staat finanziert – und das nicht zu wenig: Im Jahr 2018 erhielt die NPD staatliche Mittel in Höhe von 878.325 Euro. Diese staatliche Unterstützung könnte die NPD nun irgendwie doch als notwendiges finanzielles Mittel nutzen, um ihre verfassungsfeindlichen Ziele zu erreichen. Mit der Entscheidung des BVerfG aus dem Januar 2017 wäre somit nichts gewonnen.
Deshalb wurde Art. 21 GG reformiert. In dem neu eingefügten Absatz 3 heißt es:
Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen.
Ausschluss für sechs Jahre möglich
Nun ist der erste Antrag beim BVerfG eingegangen, der sich gegen die NPD richtet. Der 150 Seiten umfassende Antrag beinhalte zusätzlich über 300 Belege, die von fortdauernden verfassungsfeindlichen Tätigkeiten der rechtsextremen Partei sprechen, heißt es von Bundestag, Bundesrat und Bundesinnenministerium. Der Antrag mache deutlich, dass die NPD als Partei die parlamentarische Demokratie verachte und einem völkischen Denken verpflichtet sei – ein klarer Widerspruch zur Menschenwürde.
Das Verfahren über den Ausschluss von der staatlichen Parteienfinanzierung sieht vor, dass das BVerfG zunächst die Erfolgsaussichten nach Aktenlage vorläufig bewertet. Dabei ist zu betonen, dass die Hürde um einiges niedriger ist als bei dem Parteienverbot – nun muss die Partei nämlich nicht so stark sein, dass sie ihre verfassungsfeindlichen Ziele auch erreichen kann. Nach der Beurteilung nach Aktenlage kann es zu einer mündlichen Verhandlung kommen – zwingend ist das aber nicht. Sollten die Richter dem Antrag stattgeben, würde der Ausschluss erstmal für einen Zeitraum von sechs Jahren gelten, der aber verlängert werden kann.
ParteiG konkretisiert die staatliche Parteienfinanzierung
Die staatliche Parteienfinanzierung ist im ParteiG nach den §§ 18 ff. ParteiG ausgestaltet. Nach Absatz 1 gewährt der Staat den Parteien Finanzmittel als Teilfinanzierung zur Erledigung ihrer allgemein nach dem Grundgesetz zugewiesenen und im Parteiengesetz konkretisierten Aufgaben. Dabei dürfen staatliche Zuschüsse nur einen Teil der Einnahmen der Parteien bilden – die Verteilung ergibt sich nach dem Erfolg bei den Wahlen (sog. Wählerstimmenanteil) und nach den sonstigen erlangten Spenden, Mitglieds- und Mandatsträgerbeiträgen (sog. Zuwendungsanteil).
Der Umfang berechnet sich jedes Jahr neu nach §§ 19a II, 18 III PartG. Für die bei den Wahlen erzielten Stimmen bis zu einer Gesamtzahl von 4 Millionen Stimmen erhält eine Partei 0,85 Euro pro Stimme. Jede Stimme, die darüber hinausgeht, ist dem Staat 0,70 Euro wert. Ein jeder sog. „Zuwendungseuro“ wird in der staatlichen Parteienfinanzierung mit einem Zuschuss von 0,38 Euro berücksichtigt. Als absolute Obergrenze ist derzeit in § 18 II PartG festgelegt, dass die Summe der staatlichen Zuwendungen an alle Parteien nicht 133 Millionen Euro überschreiten darf.
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