Examensreport: ZR III 1. Examen aus dem Juni 2018 Hamburg

Sachverhalt (beruht auf einem Gedächtnisprotokoll)

 

H, S und L gründen 2014 die I-KG mit Sitz in Hamburg Blankenese, dessen Gesellschaftszweck der Verkauf von Immobilien ist. H wird als alleinvertretungsberechtigter Komplementär in das Handelsregister eingetragen. S und L sind Kommanditisten mit einer Pflichteinlage von jeweils 100.000 €. Im Gesellschaftsvertrag wird vereinbart, dass S seine Einlage per Zahlung leistet, L hingegen hat der I-KG ein unbebautes Grundstück übereignet, das mit einem Wert von 100.000 € angegeben ist, dessen wahrer Wert aber nur 90.000  € beträgt.

Im April 2017 tritt G in die I-KG durch einen Gesellschaftsvertrag ein und wird weiterer Komplementär. G tritt aber aufgrund von Unstimmigkeiten mit H  einvernehmlich zum 31.12.2017 schon wieder aus der Gesellschaft aus. Als er seinen Austritt im Handelsregister eintragen lassen will, stellt er fest, dass sein Eintritt nie eingetragen wurde. Daher denkt er, sein Austritt müsse auch nicht eingetragen werden und verlässt das Amtsgericht unverrichteter Dinge.

H plant eine große Firmenveranstaltung für den Monat Mai 2018. S möchte sich bei H beliebt machen und ihm daher einige Arbeit abnehmen. Ohne sich aber mit H abzusprechen setzt er sich also am 13.04.2018 mit dem Weinhändler W in Verbindung. W betreibt neben einem Ladenlokal einen Onlinehandel und beschäftigt 10 Mitarbeiter. Am Telefon gibt S sich als Gesellschafter der I-KG aus und bestellt 50 Flaschen Wein zu einem Preis von 50 € pro Flasche. Auf Nachfrage bestätigt S, dass alles im Namen und auf Rechnung der I-KG ablaufen und die Lieferung der 50 Flaschen Wein am 30.04.2018 erfolgen soll. Noch am selben Tag setzt W ein Schreiben auf, in dem er die Bestellung von 50 Flaschen Wein zu einem Gesamtpreis von insgesamt 2.500 € sowie die Lieferung am 30.04.2018 bestätigt. Das Schreiben ist adressiert an die I-KG „zu Händen Herrn S“.

Am 13.04.2018 geht das Schreiben geht der I-KG zu und ein Mitarbeiter der I-KG legt es auf den Schreibtisch des H. Dieser legt das Schreiben jedoch ungeöffnet zur Seite und nimmt sich vor, es bei der nächsten Gelegenheit dem S zu übergeben, der sich ab und zu in den Geschäftsräumen aufhält. Allerdings ist S in der Woche nicht mehr im Büro und das Schreiben gerät in Vergessenheit. Am 30.04.2018 liefert W den Wein, der von einem Mitarbeiter der I-KG angenommen und im Keller verstaut wird. Am 15.05.2018 mahnt W die Zahlung des offenen Rechnungsbetrages schriftlich an. H öffnet dieses Schreiben, ist verwirrt und öffnet dann auch das Schreiben vom 13.04.2018. Daraufhin ruft er sofort bei W an und klärt ihn über die Missstände auf. Er habe bereits Wein für die Firmenveranstaltung gekauft und daher keine Verwendung für den Wein des W. Darüber hinaus sei S gar nicht vertretungsberechtigt. Außerdem habe er das Schreiben erst an diesem Tag gelesen, dies könne ihm ja wohl nicht zur Last gelegt werden, da es ja nicht an die I-KG, sondern „zu Händen Herrn S“ adressiert war. Ebenso war ihm nicht klar, dass sein Verhalten eine rechtserhebliche Handlung darstelle. Vorsichtshalber fechte er die Erklärung des S an.

W erfährt von dem befreundeten Weinhändler F, dass S schon einmal Wein im Namen der I-KG bestellt habe. Auch hier gab es zunächst Probleme mit der Vertragsabwicklung, allerdings habe H das Geschäft im Nachhinein genehmigt. W ist sauer und wendet sich sodann an Rechtsanwalt R zwecks einer Gutachtenerstellung. Es könne ja wohl nicht sein, dass H sich auf eine falsche Adressierung beruft, schließlich habe er das Schreiben klar an die I-KG adressiert. Außerdem hätte man ihn über die fehlende Vertretungsmacht des S bereits am 13.04.2018 aufklären können. W möchte sein Geld von der I-KG und fragt sich, ob er auch H, G und L in Anspruch nehmen kann. S will er nicht an Anspruch nehmen, da bei ihm eh nichts zu holen sei.

**Frage 1:**a) Hat W einen Anspruch auf Zahlung von 2.500 € gegen die I-KG?
b) Hat W auch einen Anspruch auf Zahlung von 2.500 € gegen H, G und L?

FallfortsetzungMit Wirkung zum 01.06.2018 wir Z als weiterer Kommanditist ins Handelsregister eingetragen. Im Gesellschaftsvertrag wird vereinbart, dass Z seine Pflichteinlage i.H.v. 100.000 € direkt per Zahlung leisten soll. Architekt A hat noch eine offene Forderung gegen die I-KG i.H.v. 100.000 €, deren Zahlung er am 15.06.2018 anmahnt. H und A verstehen sich aber mittlerweile nicht mehr gut, weshalb H keine Zahlung leistete. Um einen Rechtsstreit zu vermeiden zahlt Z von seinem Privatkonto 100.000 € auf das Konto des A. Als H die Zahlung der Pflichteinlage einfordert, verweist Z auf die Begleichung der Forderung des A. Dies müsse ja wohl als Einlage genügen oder ihm zumindest „angerechnet werden“.

Frage 2: Hat die I-KG gegen Z einen Anspruch auf Zahlung der Pflichteinlage i.H.v. 100.000 € ?

FallfortsetzungDie I-KG vermietet seit 2014 Gewerberäume in Lüneburg an die X-GmbH, deren Sitz in Norderstedt liegt. Seit einiger Zeit zahlt die X-GmbH nur noch eine geminderte Miete aufgrund angeblicher Mängel der Mietsache, die aber tatsächlich nicht bestehen. Dadurch sind mittlerweile 5.200 € Miete zu wenig gezahlt worden. In ihrem Mietvertrag haben die Parteien folgende Klausel vereinbart:
*** 15***Der Gerichtsstand für Streitigkeit vor den Amtsgerichten liegt beim Amtsgericht Hamburg-Mitte. Der Gerichtsstand für Streitigkeiten vor den Landgerichten liegt beim Landgericht Hamburg.

Rechtsanwalt R der I-KG reicht nun Klage beim LG Hamburg ein und verlangt von der X-GmbH Zahlung von 5.200 €. Die Klageschrift wird der X-GmbH zugestellt und sie wird auch ordnungsgemäß zum ersten Termin geladen. Zum besagten Termin erscheinen allerdings nur R und H, aber kein Vertreter der X-GmbH. Aus diesem Grund beantragt R beantragt den Erlass eines Versäumnisurteils. Die Bedenken des Richters hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit des LG Hamburg teilt R nicht, da man sich per Mietvertrag ja auf diesen Gerichtsstand geeinigt habe und die X-GmbH die Zuständigkeit des LG Hamburg durch rügeloses Einlassen ebenfalls begründet habe.

Frage 3: Wie wird der Richter entscheiden?

Bearbeitervermerk:
Der allgemeine Gerichtsstand der I-KG ist der Amtsgerichtsbezirk Hamburg Blankenese und der Landgerichtsbezirk Hamburg. Der allgemeine Gerichtsstand der X-GmbH ist der Amtsgerichtsbezirk Norderstedt und der Landgerichtsbezirk Kiel.

 

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