Sachverhalt (beruht auf einem Gedächtnisprotokoll)
Die niedersächsische Stadt H ist Eigentümerin eines Grundstücks, das als Standplatz häufig für Veranstaltungen genutzt wird. Auf diesem Festplatz lässt die Stadt H einige Veranstaltungen durchführen, insbesondere findet dort zweimal jährlich ein Zirkus auch mit wilden Tieren statt. Unter anderem ist auch der Zirkusunternehmer Z mehrfach vertreten gewesen. Z selbst kommt aus der niedersächsischen Stadt C bei H.
Z beantragte bereits im November 2016 einen Festplatz für seinen Zirkus für November 2017. Er wollte dort erneut zugelassen werden. Auch er stellt in seinem Zirkus wilde Tiere zur Schau, unter anderem Elefanten. Ihm wurde bereits vor ein paar Monaten die erforderliche Genehmigung zum Betreiben des Zirkus von der zuständigen Behörde erteilt. Von § 11 II und IV TierSchG wurde bisher kein Gebrauch gemacht. In einer Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums für Landwirtschaft heißt es:
Die Genehmigung wird an Personen erteilt, die:
- Die notwendige Zuverlässigkeit besitzen
- Die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzen
- Deren Räume den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechen
Dieser Verwaltungsvorschrift hat der Bundesrat zugestimmt.
Mit der Zeit wurden in der Stadt H die Tierschutzaktivisten laut. Sie forderten immer mehr, dass etwas gegen das Halten von wilden Tieren gemacht werde. Und so kam es auf einer Sitzung des Rates dazu, dass dieser einen einfachen Beschluss („Wildtierverbot“) gefasst hat. Hiernach erhalte derjenige keinen Stellplatz, der wilde Tiere zur Schau stellt. Das Wildtierverbot wurde allerdings nicht öffentlich bekannt gegeben. Die Behörde schließt die Verträge mit den Nutzern des Stellplatzes regelmäßig mit einem Mietvertrag. Im September 2017 wurde dem Z allerdings eine Absage erteilt. Dies wurde ihm in einem Absagebrief mitgeteilt, in welchen auf den Beschluss Bezug genommen wurde. Diesem fehlte die Rechtsbehelfsbelehrung.
Z diskutierte daraufhin mit der Stadt, allerdings ohne Erfolg. Es gab auch noch andere Mitbewerber, über die die Stadt bisher aber noch nicht entschieden hatte. Bisher hatte sie keine Zu- oder Absagen verteilt. Nach 6 Wochen wandte Z sich im Eilrechtsschutz an das Gericht. Er wollte erreichen, dass die Behörde zu einer Verpflichtung gezwungen wird, ihm einen Stellplatz anzubieten. Er versichert an Eides statt, dass er seine Route für die nächsten Monate schon längst geplant habe und ihm bei einem Stillstandstag Fixkosten iHv 10.000 € entstehen würden. Zudem dürfe die Stadt nicht einfach so seine Grundrechte verletzen. Außerdem fühle er sich im Vergleich zu den Zirkusunternehmern aus anderen Städten benachteiligt.
Die Stadt erwidert, dass sie keinen Platz für solche tierquälerischen Machenschaften habe. Weiterhin sei eine artgerechte Haltung trotz Zuverlässigkeit des Zirkusveranstalters nicht möglich.
Hat der Antrag des Z Aussicht auf Erfolg?
Vorschriften aus der Gewerbeordnung sind nicht zu prüfen.
Unverbindliche Lösungsskizze
A. Zulässigkeit
I. Verwaltungsrechtsweg
Hier: § 30 NKomVG; Zwei-Stufen-Theorie („Ob“)
II. Stattfhafte Verfahrensart
Hier: § 123 I VwGO; Arg.: Verpflichtungsklage in der Hauptsache, vgl. § 123 V VwGO.
III. Antragsbefugnis, § 42 II VwVGO analog
Hier: Anspruch auf Zugang zur öffentlichen Einrichtung aus § 30 NKomVG möglich
IV. Antragsgegner, § 78 I VwGO (+)
V. Rechtsschutzbedürfnis
-> Verfristung des Hauptsacherechtsbehelfs (-); Arg.: § 58 II VwGO
B. Begründetheit
I. Anspruchsgrundlage: § 30 NKomVG
II. Formelle Voraussetzungen (+)
III. Materielle Voraussetzungen
Berechtigter
Hier: Z = Gewerbetreibender, der nicht in der Gemeinde wohnt, § 30 II NKomVGÖffentliche Einrichtung
Hier: städtischer Standplatz
- Im Rahmen der Vorschriften
a) Verstoß gegen den Beschluss der Stadt H
(-); Arg.: keine ordnungsgemäße Bekanntmachung des Beschlusses
b) Verstoß gegen Tierschutzbestimmungen
-> Verstoß gegen § 2 TierschG (artgerechte Haltung)(-); Arg.: Genehmigung der Behörde beinhaltet die Feststellung, dass tierschutzrechtliche Bestimmungen, insbesondere über die artgerechte Haltung eingehalten werden, vgl. auch die abgedruckten Verwaltungsvorschriften; tatsächliche gegenteilige Anhaltspunkte für Tierquälerei nicht ersichtlich.
4. Rechtsfolge: Anspruch auf Zugang
- Kein Ausschluss
Hier: Kapazitätsgrenzen
-> Anspruch auf Ermessensfehlerfrei Auswahlentscheidung -> Berücksichtigung von Grundrechten, Art. 3 I, 12 I GG
Hier: Z „bekannt und bewährt“; Verstöße gegen Tierschutzgesetz nicht erkennbar; Zirkusgenehmigung (s.o.)
II. Anordnungsgrund
-> Eilbedürftigkeit (+); Arg.: 10.000 Euro Kosten pro Tag
III. Glaubhaftmachung
-> Eidesstattliche Versicherung, § 123 III VwGO; §§ 920, 294 ZPO (+)
IV. Gerichtliche Entscheidung
-> Grundsatz: Keine Vorwegnahme der Hauptsache
-> Ausnahme: Effektiver Rechtsschutz, Art. 19 IV GG, anders nicht möglich
Hier: wohl (+) (andere Ansicht vertretbar)
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