VGH Hessen zur Rechtmäßigkeit einer Sicherstellungsverfügung

A. Sachverhalt (vereinfacht)

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main führt gegen K ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Betruges und der Urkundenfälschung, in dessen Verlauf nach einer Durchsuchung 27 PKW mit den dazugehörigen Fahrzeugbriefen und Schlüsseln sichergestellt sowie anschließend beschlagnahmt wurden. Insgesamt waren 85 Fahrzeuge betroffen, wovon aber bereits 58 veräußert wurden. Nach Freigabe durch die Staatsanwaltschaft stellte das Polizeipräsidium Frankfurt am Main mit an K gerichteter und formell ordnungsgemäß ergangener Verfügung 27 PKW sicher.

Zur Begründung führte es im Wesentlichen an, es stehe zu befürchten, dass bei Rückgabe der Fahrzeugpapiere und Schlüssel die PKW in strafbarer Weise gebraucht würden, da nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen bei 22 PKW die Wegstreckenzähler nicht unerheblich manipuliert worden und zudem die Eigentumsverhältnisse ungeklärt seien. Ferner waren bei einem Großteil der Fahrzeuge neue Fahrzeug-Servicebücher bzw. gefälschte Servicebücher hergestellt worden, um dadurch den Anschein einer geringeren Laufleistung zu erwecken und um die Fahrzeuge dann überteuert im Internet zum Kauf anzubieten. In Bezug auf die veräußerten 58 Fahrzeuge, deren Erwerber ermittelt werden konnten, stehe – was zutrifft – fest, dass diese allesamt manipuliert und mit gefälschten Serviceheften und Fahrzeugpapieren ausgestattet wurden, bevor sie unter Angabe falscher Kilometerlaufleistungen verkauft wurden.

K legte form- und fristgerecht Widerspruch ein und führte zur Begründung an, 5 näher bezeichnete Fahrzeuge stünden in seinem Eigentum und Rechte Dritter bestünden nicht. Genauer begründete er seine Eigentümerstellung aber nicht. Zudem wies er – zutreffend – darauf hin, dass an den 5 Fahrzeugen keine Hinweise auf Manipulation der Wegstreckenzähler oder Fälschungen der Fahrzeugpapiere festgestellt werden konnten.

Der Widerspruch wurde ordnungsgemäß zurückgewiesen. Form- und fristgerecht erhebt K Klage und beantragt, den Beklagten unter Aufhebung der Sicherstellungsverfügung zu verurteilen, die 5 genauer bezeichneten Fahrzeuge mit den zugehörigen Dokumenten und Fahrzeugschlüsseln an den Kläger herauszugeben, hilfsweise, an den Kläger herauszugeben.

Hat die Klage Aussicht auf Erfolg?

 

B. Die Entscheidung des VGH Hessen (Urteil vom 30.06.2015 - 8 A 103/15)

Die Klage hat Erfolg, soweit der Verwaltungsrechtsweg eröffnet und sie zulässig und begründet ist.

I. Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges

Handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art, ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet (§ 40 I VwGO). Streitentscheidend sind die Normen der gefahrenabwehrrechtlichen Sicherstellung nach §§ 40 ff. HSOG, die die Polizei einseitig berechtigten und verpflichten und damit dem öffentlichen Recht zuzuordnen sind. Es handelt sich also um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit im Sinne von § 40 I VwGO.

Die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit könnte aber nach § 23 I 1 EGGVG (sog. abdrängende Sonderzuweisung) begründet sein. Dann müsste es sich bei der angegriffenen Maßnahme um Justizverwaltungsakte handeln. Handelt die Polizei, ist das nur dann der Fall, wenn sie repressiv, also zur Verfolgung bereits begangener Straftaten, tätig geworden ist (siehe Wortlaut: „Anordnungen, Verfügungen und sonstige Maßnahmen auf dem Gebiet der Strafrechtspflege“). Handelt sie aber präventiv, also zur Gefahrenabwehr, ist § 23 I 1 EGGVG nicht einschlägig. Die Polizei ist hier tätig geworden, weil „zu befürchten stehe“, dass die Fahrzeuge dazu dienen, Straftaten zu begehen. Zudem waren die Fahrzeuge durch die Staatsanwaltschaft bereits freigegeben worden, repressive Maßnahmen waren also bereits beendet. Die Polizei ist also präventiv tätig geworden.

II. Zulässigkeit der Klage

Die statthafte Klageart richtet sich nach dem Klagebegehren (§ 88 VwGO). K begehrt primär die Aufhebung der angegriffenen Sicherstellungsverfügungen sowie die Herausgabe der Fahrzeuge.

Gegen die Sicherstellungsverfügungen ist die Anfechtungsklage nach § 42 I Var. 1 VwGO statthaft. Soweit K die Herausgabe der Fahrzeuge begehrt, handelt es sich um ein tatsächliches Leistungsbegehren, nämlich die Besitzverschaffung an den Fahrzeugen. Insoweit ist grundsätzlich die allgemeine Leistungsklage statthaft (vgl. §§ 43 II, 111 VwGO). Eine Herausgabe kommt aber erst in Betracht, wenn die Sicherstellungsverfügung aufgehoben wurde. Weil Urteile auf Anfechtungsklagen nicht wegen der Entscheidung in der Hauptsache (Aufhebung der angegriffenen Sicherstellungsverfügung), sondern nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden können (§ 167 II VwGO), tritt die Aufhebung der Sicherstellungsverfügung erst mit (formeller) Rechtskraft des Urteils ein. Erst danach könnte K mit Erfolg die Herausgabe der Fahrzeuge verlangen. Daher sieht § 113 I 2 VwGO (sog. Annexantrag) aus prozessökonomischen Gründen eine besondere Form der Stufenklage vor. Die Voraussetzungen des § 113 I 2 VwGO liegen hier vor. Der Hauptantrag ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere ist K als möglicher Eigentümer der Fahrzeuge klagebefugt (§ 42 II VwGO) und ein ordnungsgemäßes Vorverfahren durchgeführt worden (§ 68 VwGO).

Hilfsweise begehrt K lediglich die Herausgabe der Fahrzeuge (ohne Aufhebung der Sicherstellungsverfügung). Das hat seinen Hintergrund in § 43 HSOG, wonach die Herausgabe verlangt werden kann, sobald die Voraussetzungen für die Sicherstellung weggefallen sind. Insoweit ist die allgemeine Leistungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig.

Es handelt sich um eine (echte) Eventualklagehäufung, die nach § 44 VwGO möglich ist.

III. Begründetheit der Klage

1. Hauptantrag

a. Aufhebung der Sicherstellungsverfügung

Die Anfechtungsklage ist begründet, soweit der angegriffene Verwaltungsakt rechtswidrig ist und den K in seinen Rechten verletzt (§ 113 I 1 VwGO).

(1) Ermächtigungsgrundlage

Als Ermächtigungsgrundlage kommen § 40 Nr. 1, 2 und 4 HSOG in Betracht.

Nach § 40 Nr. 1 HSOG kann eine Sache sichergestellt werden, um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren. Diese Voraussetzungen liegen jedoch ersichtlich nicht vor. Es fehlt jedenfalls an der Gegenwärtigkeit der Gefahr. So hat das VG Frankfurt a.M. als Vorinstanz ausgeführt:

„Schließlich spricht nichts dafür, eine Sicherstellung nach § 40 Nr. 1 HSOG zu rechtfertigen. Danach kann eine Sache sichergestellt werden, um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren. „Gegenwärtig“ ist eine Gefahr, wenn die Einwirkung des schädigenden Ereignisses bereits begonnen hat oder wenn diese Einwirkung unmittelbar oder in aller nächster Zeit mit einer an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bevorsteht (vgl. Nr. 9.1.1 S. 1 VVHSOG). Dabei müssen die beiden Komponenten der zeitlichen Aktualität und der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts durch Tatsachen, Sachverhalte und sonstige Einzelheiten belegt werden. Eine derart gesicherte Prognose lässt sich aufgrund des gegenwärtigen Erkenntnisstandes schlicht nicht anstellen; die bloße Möglichkeit, dass im weiteren Ablauf Manipulationen an diesen Fahrzeugen vorgenommen werden könnten, die Täuschungen im Rechtsverkehr bedingten, rechtfertigen eine Sicherstellung unter diesen Voraussetzungen nicht.“ (VG Frankfurt a.M., Urteil v. 18.9.2013, Az. 5 K 2322/12.F)

Nach § 40 Nr. 2 HSOG kann eine Sache sichergestellt werden, um die Eigentümerin oder den Eigentümer oder die rechtmäßige Inhaberin oder den rechtmäßigen Inhaber der tatsächlichen Gewalt vor Verlust oder Beschädigung einer Sache zu schützen. Auch dafür bestehen nach Ansicht des VG Frankfurt a.M. keine Anhaltspunkte:

„Zunächst spricht nichts dafür, dass eine Sicherstellung nach § 40 Nr. 2 HSOG gerechtfertigt sei. Nach dieser Befugnis kann eine Sache sichergestellt werden, um die Eigentümerin oder den Eigentümer oder die rechtmäßige Inhaberin oder den rechtmäßigen Inhaber der tatsächlichen Gewalt vor Verlust oder Beschädigung einer Sache zu schützen. Zur Überzeugung des Gerichts ist nichts dafür erkennbar, dass die fraglichen Fahrzeuge irgendjemandem abhandengekommen seien, der an ihnen wirklich berechtigt ist. Ein entsprechender Nachweis hätte insbesondere anhand der bekannten Fahrzeug-Identifizierungsnummern und des zwischenzeitlich verstrichenen Zeitraums vom Beklagten problemlos geführt werden können. Ein krimineller Hintergrund des Fahrzeugtransfers –den das Gericht für möglich hält – wäre im Hinblick auf Urkundenfälschung und Betrug, nicht aber Diebstahl und Hehlerei, zu sehen. Dass die Freigabe der Fahrzeuge durch die Staatsanwaltschaft mit der darin liegenden Verneinung einer Möglichkeit der repressiven Einziehung erfolgt sei, weil die Fahrzeuge nicht, wie von § 74 Abs. 2 Nr. 1 StGB vorausgesetzt, dem Kläger gehörten, ist nicht erkennbar.“ (VG Frankfurt a.M., Urteil v. 18.9.2013, Az. 5 K 2322/12.F)

Nach § 40 Nr. 4 HSOG kann eine Sache schließlich auch dann sichergestellt werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass sie zur Begehung einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit gebraucht oder verwertet werden soll. Dessen Voraussetzungen sind weiter zu prüfen.

(2) Formelle Rechtmäßigkeit

Die Sicherstellungsverfügung ist formell ordnungsgemäß ergangen.

(3) Materielle Rechtmäßigkeit

Fraglich ist, ob die Sicherstellungsverfügung materiell rechtmäßig ist. Dazu müssten die Voraussetzungen des § 40 Nr. 4 HSOG erfüllt sein.

Zunächst ist der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage zu bestimmen. Dieser ist dem materiellen Recht zu entnehmen. Danach ist bei einer Anfechtungsklage grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung maßgeblich, also in der Regel der Erlass des Widerspruchsbescheides. Das kann bei Dauerverwaltungsakten, also Verwaltungsakten, die sich nicht in einem einmaligen Gebot oder Verbot erschöpfen und ihre Wirkung daher nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt, sondern während eines bestimmten Zeitraums eintreten, anders sein. Dort kommt es in der Regel auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung an. Bei der Sicherstellungsverfügung handelt es sich um einen Dauerverwaltungsakt, so dass auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen wäre. Allerdings kommt es auch hier immer auf das materielle Recht an. So ist beispielsweise für die Gewerbeuntersagung nach § 35 GewO als Dauerverwaltungsakt anerkannt, dass es hier ausnahmsweise auf die letzte Behördenentscheidung ankommt. Hintergrund ist, dass der Gesetzgeber in § 35 VI GewO eine sogenanntes Wiedergestattungsverfahren geschaffen und damit zu erkennen gegeben hat, dass Änderungen der Sach- und Rechtslage nicht im Rahmen der Anfechtungsklage gegen die Gewerbeuntersagung, sondern in dem eigens dafür geschaffenen Wiedergestattungsverfahren behandelt werden sollen.

Dem materiellen Recht der §§ 40 ff. HSOG entnimmt auch der VGH, dass es bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit von Sicherstellungsverfügungen auf die letzte Behördenentscheidung ankommt. Maßgeblich sei dafür § 43 HSOG, der einen besonderen Herausgabeanspruch regelt, sobald die Voraussetzungen für die Sicherstellung weggefallen sind. Damit gebe das Gesetz zu erkennen, dass Änderungen der Sach- und Rechtslage nach dem Erlass der Sicherstellungsverfügungen (bzw. dem Widerspruchsbescheid) nicht in dem Anfechtungsprozess, sondern einem Herausgabeprozess nach § 43 HSOG zu berücksichtigen seien:

„Nach § 40 Nr. 4 HSOG kann die Polizei eine Sache sicherstellen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass die Sache zur Begehung einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit gebraucht oder verwendet werden soll. Nach § 43 I S. 1 HSOG sind die Sachen, sobald die Voraussetzungen für die Sicherstellung weggefallen sind, an denjenigen herauszugeben, bei dem sie sichergestellt worden sind. Aus diesem Regelungsgefüge ergibt sich, dass für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Sicherstellungsverfügung auf den Zeitpunkt ihres Erlasses abzustellen ist. Indem der Gesetzgeber in § 43 I HSOG eine Herausgabepflicht für den Fall vorsieht, dass die Sicherstellungsvoraussetzungen wegfallen, begrenzt er die (Regelungs-) Wirkung des Sicherstellungsverwaltungsakts: Mit nachträglichem Wegfall der im Zeitpunkt der Sicherstellung gegebenen Voraussetzungen nach § 40 HSOG endet das an den Verfügungsadressaten gerichtete Gebot zur Duldung des durch die rechtmäßige Sicherstellung begründeten hoheitlichen Gewahrsams. Ohne dass es noch einer Aufhebung des Sicherstellungsverwaltungsakts bedarf, ist die Sache herauszugeben. § 43 I HSOG ist insoweit eine die allgemeine Vorschrift des § 43 II HVwVfG ergänzende oder eine andere Weise der Erledigung der Sicherstellung im Sinne des § 43 II HVwVfG regelnde Norm. Vor diesem Hintergrund besteht kein Bedürfnis, den Zeitpunkt der maßgeblichen Sach- und Rechtslage für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Sicherstellungsverfügung als Dauerverwaltungsakt abweichend vom im Gefahrenabwehrrecht allgemein geltenden Beurteilungszeitpunkt der Vornahme der Maßnahme auf einen späteren Zeitpunkt zu verlegen.“

Zunächst stellt der VGH die Anforderungen dar, die an § 40 Nr. 4 HSOG, insbesondere an das Vorliegen „tatsächlicher Anhaltspunkte“ zu stellen sind:

„”Tatsächliche Anhaltspunkte” rechtfertigen die Annahme im Sinne des § 40 Nr. 4 HSOG, wenn es nach polizeilicher Erfahrung als möglich erscheint, dass ein bestimmter Sachverhalt vorliegt und hierfür bestimmte Indizien sprechen. Nur im Zusammenwirken der subjektiven Komponente polizeilicher Erfahrung mit der objektiven Komponente des Vorliegens bestimmter Indizien ist in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise zu gewährleisten, dass nicht im Wesentlichen Vermutungen, sondern konkrete und in gewissem Umfang verdichtete Umstände als Tatsachenbasis für den Verdacht vorliegen. Der im Rahmen des § 40 Nr. 4 HSOG anzustellenden Gefahrenverdachtsprognose müssen konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte zugrunde liegen (vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Juni 1999 - 1 BvR 2226/94, 1 BvR 2420/95, 1 BvR 2437/95 -, BVerfGE 100, 313, 395).“

Maßgeblich ist also eine Prognose auf hinreichend sicherer Tatsachengrundlage.

Die Vorinstanz hatte die Voraussetzungen für einige der sichergestellten Fahrzeuge bejaht, für andere verneint. Es hat also für jedes einzelne Fahrzeug eine (isolierte) Prüfung nach § 40 Nr. 4 HSOG vorgenommen und bei 5 Fahrzeugen die Voraussetzungen verneint, weil bei diesen Fahrzeugen keine Manipulationen festgestellt werden konnten. Dem tritt der VGH entgegen. Bei der Vielzahl der betroffenen Fahrzeuge sei es gerechtfertigt, von einer isolierten Prüfung jedes Fahrzeugs abzusehen:

„Bei der von § 40 Nr. 4 HSOG geforderten Prognose darf die Behörde in Fällen, in denen Tatsachen bei einer Mehrheit von Sachen, die gleichartig sind und zusammen aufgefunden wurden, die Annahme eines zu befürchtenden kriminellen Sachgebrauchs nahelegen, eine entsprechende Prognose auch für diejenigen Sachen treffen, für die bei isolierter Betrachtung Indizien einen entsprechenden Gefahrenverdacht noch nicht begründen würden. Die Verhältnismäßigkeit des hierdurch ermöglichten Eingriffs in den Rechtskreis des Bürgers wird auch insoweit durch die Herausgabepflicht nach § 43 I HSOG und den ihr korrespondierenden spezialgesetzlichen Folgenbeseitigungsanspruch aus dieser Vorschrift gewährleistet, deren Voraussetzungen für einen späteren Zeitpunkt als den des behördlichen Einschreitens zur Gefahrenabwehr zu prüfen sind.“

Danach liegen die Voraussetzungen des § 40 Nr. 4 HSOG vor:

„Die polizeilichen Ermittlungen ergaben, dass die Wegstreckenzähler bei einem Großteil der Fahrzeuge erheblich manipuliert worden waren. Ferner waren neue Fahrzeug-Servicebücher bzw. gefälschte Servicebücher hergestellt worden, um dadurch den Anschein einer geringeren Laufleistung zu erwecken und um die Fahrzeuge dann überteuert im Internet zum Kauf anzubieten.

Alle Fahrzeuge waren in Frankreich durch C… erworben und von dort durch den Kläger sowie die Herren D… und E… nach Frankfurt am Main verbracht worden. Dort erfolgten bei zahlreichen sichergestellten Fahrzeugen Manipulationen der Kilometerstände und die geschilderte Fälschung der Service-Bücher. Dazu nutzte C… gefälschte Stempel. Hinsichtlich der Fahrzeuge, deren Kilometerstände zumindest nicht nachweisbar manipuliert worden waren, durfte die Behörde davon ausgehen, dass die Sicherstellung erfolgte, bevor entsprechende Manipulationen durchgeführt werden konnten.“

(4) Zwischenergebnis

Die Sicherstellungsverfügung ist rechtmäßig.

b. Annexantrag auf Herausgabe der Fahrzeuge

Der Annexantrag nach § 113 I 2 VwGO auf Herausgabe der genannten fünf Fahrzeuge an den Kläger mit den zugehörigen Dokumenten und Fahrzeugschlüsseln ist ebenfalls unbegründet Der allgemeine (Vollzugs-)Folgenbeseitigungsanspruch also auch auch der allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch, die als materiell-rechtliche Anspruchsgrundlagen mit dem Annexantrag nach § 113 I 2 VwGO verfolgbar sind, setzen jeweils voraus, dass der Anfechtungsantrag Erfolg hat und die Sicherstellungsverfügung aufgehoben wird. Das ist nicht der Fall.

2. Hilfsantrag

Nach § 43 I S. 1 HSOG sind die Sachen an diejenige Person herauszugeben, bei der sie sichergestellt worden sind, sobald die Voraussetzungen für die Sicherstellung weggefallen sind. Dieser spezialgesetzlich geregelte Folgenbeseitigungsanspruch greift ein, wenn die Sicherstellungsvoraussetzungen zunächst vorgelegen haben, aber im Nachhinein weggefallen sind. Er ist materiell-rechtlich nicht von einer vorherigen Aufhebung der erfolgten Sicherstellung abhängig. K ist aber nicht die Person, bei der die Fahrzeuge sichergestellt wurden.

Auch einen Anspruch aus § 43 I S. 2 HSOG verneint der VGH, weil K seine Eigentümerstellung nicht „glaubhaft“ gemacht habe (vgl. § 173 VwGO, § 294 ZPO):

„Auch ein Herausgabeanspruch des Klägers nach § 43 I S. 2 HSOG scheidet aus. Nach dieser Norm können die Sachen an eine andere Person herausgegeben werden, die ihre Berechtigung glaubhaft macht, wenn die Herausgabe an die Person, bei der die Sachen sichergestellt worden sind, nicht möglich ist. Auch diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Eine Berechtigung des Klägers im Sinne des § 43 I S. 2 HSOG ist auch mit dem von dieser Vorschrift vorgegebenen Beweismaß nicht feststellbar, namentlich hat der Kläger nicht glaubhaft zu machen vermocht, dass er Eigentümer der streitgegenständlichen Fahrzeuge ist. …

Bei diesem Vorbringen des Klägers fehlt es für die Glaubhaftmachung einer Berechtigung gemäß § 43 I S. 2 HSOG an substantiierten Darlegungen zu einem Eigentumserwerb des Klägers oder auch nur zu dessen Eigenbesitz.“

IV. Ergebnis

Die zulässige Klage ist unbegründet. Sie hat keinen Erfolg.

C. Fazit

Ein wunderbarer Fall, der prozessuale und materiell-rechtliche Probleme verbindet und ohne weiteres zum Gegenstand einer Prüfungsaufgabe gemacht werden kann.