OLG Koblenz: Strafbarkeit der missbräuchlichen Verwendung einer von dem Arbeitgeber überlassenen Tankkarte

A. Sachverhalt

A war bei der Firma G als Auslieferungsfahrer beschäftigt und erhielt für diese Tätigkeit eine S.-Tankkarte. Nachdem diese (erste) Karte aufgrund Zeitablaufs ungültig geworden war und er sie zurückgegeben hatte, gelangte eine weitere S.-Tankkarte in seinen Besitz, wobei nicht ausgeschlossen werden kann, dass ihm diese ein verantwortlicher Mitarbeiter der G ausgehändigt hatte. Diese Tankkarte, die mittels einer PIN zum Tanken an Tankstellen des Anbieters Shell auf Kosten des G berechtigte, nutzte er für dienstlich veranlasste Tankvorgänge bis zu seinem Ausscheiden aus der Firma. G kündigte das Arbeitsverhältnis Anfang Oktober 2012 und forderte A auf, sämtliche noch in seinem Besitz befindlichen Arbeitsmittel zurückzugeben. Dieser behielt die in seinem Besitz befindliche Tankkarte jedoch zurück, wobei nicht ausgeschlossen werden kann, dass er sie zunächst vergaß und erst später in seinem Portemonnaie wieder entdeckte. Zu einem nicht mehr genau bestimmbaren Zeitpunkt Ende des Jahres 2012 fasste er dann den Entschluss, die Tankkarte für sich zu verwenden, wobei ihm bewusst war, dass er hierzu gegenüber G nicht befugt war. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass er dies deswegen tat, weil er der Auffassung war, ihm sei die Lohnzahlung für den Monat September 2012 zu Unrecht vorenthalten worden. Unter Einsatz der Tankkarte verschaffte sich der Angeklagte in der Zeit vom 7. Januar bis zum 7. Mai 2013 bei verschiedenen Tankstellen in 43 Fällen insgesamt 3.790 Liter Diesel im Wert von insgesamt 5.334,92 Euro, den er für einen Preis von 0,80 bis 0,90 Euro pro Liter an Dritte weiterverkaufte. G, die als Karteninhaberin für die vom Angeklagten veranlassten Tankvorgänge aufgekommen ist, entstand hierdurch ein Schaden in Höhe von 5.334,92 Euro.

Strafbarkeit des A?

B. Die Entscheidung des OLG Koblenz (Urt. v. 2.2.2015, Az. 2 OLG 3 Ss 170/14)

I. Strafbarkeit wegen Betruges gegenüber und zu Lasten der G

Eine Strafbarkeit wegen Betruges gemäß § 263 StGB setzt zunächst voraus, dass A die G (vertreten durch eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter) getäuscht hat. Das kommt in Fällen der missbräuchlichen Nutzung einer Tankkarte in Betracht, wenn A der G Tankbelege zu Abrechnungszwecken vorgelegt hätte. Darin liegt nämlich die konkludente Erklärung, die Tankkarte nur zu dienstlich veranlassten Zwecken und im Rahmen der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen eingesetzt zu haben. Insoweit hatte das OLG Celle in einer Entscheidung aus dem Jahre 2010 ausgeführt:

„Indem die Angeklagten die erhaltenen bzw. selbst erstellten Belege bei der B. GmbH eingereicht haben, ohne darauf hinzuweisen, dass sich darunter Abrechnungen für Tankvorgänge befinden, die außerhalb der vertraglichen Anweisungen erfolgt sind und daher einen Forderungsanspruch des Unternehmens gegen die Angeklagten begründet haben, haben sie die Zeugin Z.J., die für die Abrechnungen innerhalb des Betriebs verantwortlich war, über Tatsachen getäuscht. Zwar erfüllten die Angeklagten mit der Vorlage der Belege in erster Linie ihre arbeitsrechtlichen Verpflichtungen. Gleichwohl haben sie damit gleichzeitig konkludent zum Ausdruck gebracht, die ihnen überlassene Tankkarte nur im Rahmen des Vereinbarten eingesetzt zu haben. Dass in der Einreichung der Belege ein solcher Erklärungswert lag, folgt aus der allgemeinen Verkehrsauffassung und dem Empfängerhorizont. Die Vorlage der Belege diente nämlich - was auch die Angeklagten erkennen mussten - der B. GmbH dazu, die von den Firmen E. und A. in Rechnung gestellten Beträge nachzuvollziehen und im Fall von Fehlbuchungen zulasten der B. GmbH Einwendungen zu erheben. Da die Verantwortlichen der B. GmbH bei den einzelnen Tankvorgängen nicht zugegen waren, konnten sie sich allein auf die Angaben der Angeklagten, die die Tankvorgänge vorgenommen haben, verlassen. Jeder einzelnen Belegeinreichung war daher die Erklärung der Angeklagten, die sich aus den Belegen ergebenden Tankvorgänge tatsächlich für die Firma vorgenommen zu haben, immanent. Durch diese nicht der Wahrheit entsprechenden Erklärungen haben die Angeklagten bei der Zeugin Z.J. einen entsprechenden Irrtum erregt.

bb. Infolge dieser Erklärung verzichtete die Zeugin Z.J. nach Vornahme der Abgleichung der Belege mit den Rechnungen der Firmen E. und A. darauf, die durch das vorsätzlich vertragswidrige Verhalten der Angeklagten in Rechnung gestellten Beträge von den Angeklagten zurückzufordern. Dieses Unterlassen stellt eine Verfügung der B. GmbH dar, die sich unmittelbar vermögensmindernd auswirkte. Eine aktuelle Vorstellung des Verfügenden von der Wirkung seines Handelns ist beim Forderungsbetrug nicht erforderlich (vgl. BGHSt 14, 172; 41, 201).

cc. Durch das Unterlassen der Zeugin ist der B. GmbH ein Schaden in Höhe der nicht geltend gemachten Ansprüche gegen die Angeklagten entstanden. Die von den fremden Lkw-Fahrern an die Angeklagten bezahlten Beträge sind zwar nicht Folge der täuschungsbedingten Verfügung durch die B. GmbH gewesen. Der von den Angeklagten erlangte Vorteil ist aber auch darin zu sehen, dass sie nach Abschluss der Buchungen aus den entstandenen Ersatzansprüchen der B. GmbH nicht in Anspruch genommen worden sind. Dieser Vorteil ist stoffgleich mit dem aufseiten der B. GmbH entstandenen Vermögensschaden.“ (OLG Celle, Beschl. v. 5.11.2010, Az. 1 Ws 277/10)

Im vorliegenden Fall allerdings hat A die Tankkarte erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses missbräuchlich eingesetzt. Zu einer Vorlage und Abrechnung der Belege ist es nicht gekommen. Eine Strafbarkeit scheidet deswegen nach Ansicht des OLG Koblenz aus:

„Vorliegend hat der Angeklagte die Geschädigte in Bezug auf die hier verfahrensgegenständlichen Tankvorgänge, die allesamt nach seinem Ausscheiden aus der Firma erfolgten, nicht im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB getäuscht. Er hat ihr gegenüber weder ausdrücklich noch konkludent zum Ausdruck gebracht, die Tankvorgänge seien beruflich veranlasst gewesen.“ 

II. Strafbarkeit wegen Betruges gegenüber den jeweiligen Tankstellen und zu Lasten der G

Fraglich ist bereits, ob sich die Tankstellen über die Berechtigung des A geirrt haben. In der Regel sehen die maßgeblichen Kartenbedingungen nämlich vor, dass das Tankstellenpersonal nicht verpflichtet ist, die Berechtigung desjenigen, der eine Tankkarte vorlegt, zu prüfen, wenn diese Person – wie hier – die korrekte PIN eingegeben hat.

Das kann letztlich offenbleiben. Jedenfalls ist den Tankstellen kein Schaden entstanden. Der Verlust an Besitz und Eigentum an dem Kraftstoff wird durch entsprechende Forderungen gegen die G kompensiert. Entweder handelt es sich dabei um Kaufpreisansprüche (§ 433 II BGB) oder Schadensersatzansprüche (für die missbräuchliche Verwendung von EC-Karten siehe § 675v BGB), weil G es unterlassen hat, die an A ausgegebene Tankkarte einzuziehen oder sperren zu lassen. Das Risiko einer missbräuchlichen Verwendung der Karte liegt bei G. Hier liegt es nahe, einen Vertragsschluss zwischen G und den Tankstellen unter Rechtsscheinsgesichtspunkten (Anscheinsvollmacht) anzunehmen. G hat die Forderungen der Tankstellen auch bereits beglichen.

III. Strafbarkeit wegen Betruges gegenüber den jeweiligen Tankstellen und zu Lasten der G

Eine Strafbarkeit wegen Betruges könnte sich daraus ergeben, dass A die Inhaber der Tankstelle täuschte und damit der G einen Vermögensschaden zufügte (sog. Dreiecksbetrug). Auch hier ist bereits fraglich, ob aufseiten des Tankstellenpersonals ein Irrtum über die Berechtigung des A vorlag. Zudem würde ein Dreiecksbetrug voraussetzen, dass die Tankstelleninhaber über das Vermögen der G verfügt hätten und – der Betrugstatbestand ist ein sog. „Selbstschädigungsdelikt“ – ein besonderes Näheverhältnis zwischen den getäuschten Tankstelleninhabern und der geschädigten G voraussetzen, wobei die Einzelheiten umstritten sind. Jedenfalls fehlt eine solche Vermögensverfügung der Tankstellen über fremdes Vermögen. Durch das Verhalten der Tankstellen wurde das Vermögen der G nicht unmittelbar vermindert. Die Tankstellen haben lediglich vermeintliche Zahlung durch die G mittels der Tankkarte entgegengenommen. Über das Vermögen der G hat allenfalls A verfügt, indem er durch sein Verhalten einen Kaufpreis- oder Schadensersatzanspruch gegen die G begründete.

IV. Strafbarkeit wegen Computerbetruges

Eine Strafbarkeit wegen Computerbetruges könnte sich hier allenfalls unter dem Gesichtspunkt der unbefugten Verwendung von Daten ergeben (§ 263a I Var. 3 StGB ergeben).

Zunächst stellt das OLG Koblenz dar, dass A auf das Ergebnis eines Datenverarbeitungsvorgangs beeinflusst hat:

„Bei der vom Angeklagten eingesetzten Tankkarte handelt es sich um eine Codekarte, die - wie eine ec-Karte bzw. Barcodekarte oder Geldkarte - im bargeldlosen Zahlungsverkehr eingesetzt wird. Der Zahlungsvorgang an der Kasse des Tankstellenbetreibers erfolgt dadurch, dass die Karte in das entsprechende Lesegerät eingeschoben und die dazugehörige PIN eingegeben wird. Der Computer überprüft anhand der auf der Karte gespeicherten Daten, ob die eingegebene PIN zu der benutzten Tankkarte passt und belastet, wenn dies der Fall ist, das Konto des Kartenausstellers mit dem eingegebenen Betrag.

Der Angeklagte hat zwar durch das Bezahlen mit der Tankkarte auf einen Datenverarbeitungsvorgang im Sinne des § 263a Abs. 1 StGB eingewirkt, denn die auf der Karte gespeicherten Informationen waren für eine im Wege der automatisierten Verarbeitung nutzbaren Darstellungsform codiert und wurden eingesetzt, um Rechenergebnisse nach einem Computerprogramm zu erzielen (vgl. hierzu Fischer, StGB, 62. Aufl., § 263a Rn. 3; Brand/Hotz, JuS 2014, 714 <716>). Wie dargestellt, überprüft das Computerprogramm die Übereinstimmung von Karte und PIN und generiert, wenn dies der Fall ist, die den Zahlungsvorgang ersetzende Belastungsbuchung. § 263a Abs. 1 StGB setzt nicht voraus, dass der Täter einen bereits laufenden Datenverarbeitungsvorgang nachträglich beeinflusst. Es reicht aus, wenn der Vorgang - wie hier - überhaupt erst durch den Täter und die von ihm benutzte Codekarte in Gang gesetzt wird (BGH, 2 StR 376/91 v. 22.11.1991 - BGHSt 38, 120 <Rn. 5 n. juris>).“

Fraglich ist aber, ob A unbefugte Daten verwendet hat. Bekanntlich ist die Auslegung des Merkmals „unbefugt“ strittig.

Nach der subjektiven Auslegung handelt unbefugt, wer Daten gegen den tatsächlichen oder mutmaßlichen Willen des Berechtigten verwendet. Danach hätte A unbefugt gehandelt.
Die Vertreter der computerspezifischen Auslegung verlangen einen besonderen Bezug zum Datenverarbeitungsvorgang. Die unbefugt verwendeten Daten müssen entweder computerspezifische Abläufe selbst betreffen oder der entgegenstehende Wille des Berechtigten muss im Datenverarbeitungsvorgang seinen Niederschlag gefunden haben. Beides liegt hier nicht vor.
Nach der herrschenden betrugsnahen Auslegung ist eine Datenverwendung nur dann unbefugt, wenn sie gegenüber einer natürlichen Person Täuschungscharakter hätte. Dieser Ansicht schließt sich das OLG Koblenz an:

„Der Tatbestand des § 263a Abs. 1 StGB ist wegen seiner Struktur- und Wertgleichheit mit dem Betrugstatbestand betrugsspezifisch auszulegen (vgl. BGH, 2 StR 260/01 v. 21.11.2011 - BGHSt 47, 160 <Rn. 10 n. juris>; 1 StR 482/03 v. 31.3.2004 - StraFo 2004, 284 <Rn. 7 n. juris>; OLG Koblenz, 1 Ss 161/98 v. 17.6.1998). Deshalb ist nur eine solche Verwendung von Daten als „unbefugt“ anzusehen, welche täuschungsäquivalent ist. Dies ist dann der Fall, wenn die Verwendung der Daten gegenüber einem menschlichen Empfänger, der sich mit denselben Fragen befasst, die auch das Computerprogramm prüft, eine Täuschung darstellen würde (vgl. BGHSt 47, 160 aaO.; 4 StR 580/11 v. 20.12.2012 - NJW 2013, 1017 <Rn. 62 n. juris>).“

Auf dieser Grundlage stellt das OLG zunächst dar, unter welchen Voraussetzung die geforderte Täuschungsäquivalenz beim Einsatz von Tankkarten vorliegt:

„Im Fall des Einsatzes einer Tankkarte wird - wie dargestellt - vom Datenverarbeitungssystem nur überprüft, ob die zur Bezahlung verwendete Karte mit der ihr zugeordneten PIN übereinstimmt. Ist dies der Fall, so wird automatisch eine Belastungsbuchung erstellt. Dieser Vorgang beruht auf der Annahme, dass - jedenfalls im Regelfall - die PIN nur demjenigen Besitzer der Karte bekannt ist, der die Karte als Berechtigter benutzt, sei es, weil ihm die Karte gehört oder weil er seine Berechtigung auf den Karteninhaber zurückführen kann. Würde der Kartennutzer diese Zugangsdaten gegenüber einer natürlichen Person - etwa dem Kassierer des Tankstellenbetreibers - verwenden, so würde er deshalb seine Berechtigung, die Karte mit Wissen und Wollen des Karteninhabers einsetzen zu dürfen, zumindest konkludent miterklären (vgl. Schönke-Schröder/Perron, StGB, 29. Aufl. § 263a Rn. 9 mwN). Täuschen würde er diese natürliche Person dann, wenn er seine Berechtigung zur Verwendung gerade nicht auf den Aussteller der Karte bzw. den berechtigten Karteninhaber zurückführen kann.

Nach herrschender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur ist in den Fällen des Einsatzes von Codekarten die für die Erfüllung von § 263a StGB zu fordernde Täuschungsäquivalenz daher nur dann gegeben, wenn der Täter die Karte gefälscht, manipuliert oder mittels verbotener Eigenmacht erlangt hat (BGH NJW 2013, 1017 aaO.; 4 StR 559/04 v. 29.6.2005 - BGHSt 50, 174 <Rn. 20 n. juris>; 1 StR 482/03 v. 31.3.2004 - StraFo 2004, 284 <Rn. 7 n. juris>). Mit verbotener Eigenmacht handelt, wer dem Besitzer ohne dessen Willen den Besitz entzieht oder ihn im Besitz stört, sofern nicht das Gesetz die Entziehung oder Störung gestattet (§ 858 Abs. 1 BGB). Nur in einem solchen Fall, also wenn der Täter die Karte gegen den Willen des Besitzers erlangt hat, würde der Täter im Falle der Verwendung der Daten gegenüber einer natürlichen Person konkludent über seine Berechtigung täuschen, die Karte verwenden zu dürfen. Der Getäuschte würde über die Befugnis eines solchen Kartennutzers irren, denn er würde davon ausgehen, dass es sich angesichts der Verwendung der Kombination von PIN und Karte um einen berechtigten Kartennutzer handeln würde, was tatsächlich aber nicht der Fall ist.

Demgegenüber stellt die nur im Innenverhältnis abredewidrig erfolgte Benutzung einer im Außenverhältnis wirksam überlassenen Codekarte keine für § 263a StGB erforderliche täuschungsgleiche Handlung dar (vgl. BGH, 1 StR 412/02 v. 17.12.2002 - BGHR StGB § 263a Anwendungsbereich 1 <Rn. 2 n. juris>; 1 StR 482/03 v. 31.3.2004 - NStZ 2005, 213 <Rn. 7 n. juris>; OLG Celle, 1 Ws 277/10 v. 5.11.2010 - NStZ 2011, 218 <Rn. 8 n. juris> für Tankkarte; OLG Köln, Ss 624/90 v. 9.7.1991 - NJW 1992, 125 <126 f.> für EC-Karte; LG Bonn, 32 Qs 144/99 v. 18.6.1999 - NJW 1999, 3726 für Mobilfunkcodekarte; Fischer, aaO. Rn. 13; Schönke/Schröder-Perron, aaO. Rn. 16; Küpper, jurisPR-StrafR 6/2011 Anm. 3; LK-StGB-Tiedemann/Valerius, 12. Aufl. § 263a Rn. 55; Brand/Hotz, JuS 2014, 714 <716>). Die abredewidrige Benutzung entspricht dem Missbrauch einer im Außenverhältnis wirksamen Bankvollmacht, weshalb es an der erforderlichen Täuschungsgleichheit regelmäßig fehlt. Das Computerprogramm überprüft nicht - ebenso wenig, wie dies eine natürliche Person tun könnte -, ob die im Außenverhältnis wirksame Berechtigung zur Nutzung der Karte, die aus dem Besitz der Karte und Kenntnis der PIN folgt, im Innenverhältnis durch etwaige Absprachen eingeschränkt ist. Deshalb macht sich derjenige, der mit der ihm vom Arbeitgeber überlassenen Tankkarte auch sein privates Fahrzeug betankt, grundsätzlich nicht gemäß § 263a Abs. 1 StGB strafbar.“

Auf dieser Grundlage sieht das OLG Koblenz kein täuschungsäquivalentes Verhalten:

„Die Anwendung dieser Grundsätze auf den hier zu entscheidenden Fall führt dazu, dass der Angeklagte die Karte nicht täuschungsäquivalent eingesetzt hat. Nach den Feststellungen der Strafkammer kann nicht ausgeschlossen werden, dass ihm die Karte von einer für die Geschädigte verantwortlich handelnden Person samt dazugehöriger PIN ausgehändigt worden war. In diesem Fall war er auch ermächtigt, die Karte im Außenverhältnis einzusetzen. Dass er die Karte, wie ihm mit Anklageschrift vom 10. Oktober 2013 vorgeworfen wurde, gestohlen hatte, konnte nicht nachgewiesen werden. Damit scheidet eine Besitzerlangung durch verbotene Eigenmacht aus. Auch hat er die Karte nach den Feststellungen der Strafkammer nicht gefälscht oder sonst manipuliert. Auch wenn er die Tankkarte unter Überschreitung seiner Rechte aus dem Innenverhältnis einsetzte, um sich zu bereichern, handelte er nicht unbefugt im Sinne von § 263a Abs. 1 StGB.

Dass der Angeklagte die Karte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zurückgegeben hat, stellt keine verbotene Eigenmacht dar. Zwar ist ein Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich verpflichtet, dem Arbeitgeber alles, was er zur Ausführung der ihm übertragenen Arbeit erhalten und was er aus dem Arbeitsverhältnis erlangt hat, herauszugeben (vgl. BAG, 10 AZR 283/10 v. 14.12.2011, Rn. 17 n. juris). Dementsprechend hatte die Geschädigte den Angeklagten auch aufgefordert, alle in seinem Besitz befindlichen Arbeitsmittel zurückzugeben. Mit verbotener Eigenmacht handelt jedoch nur derjenige, der in gesetzlich nicht gestatteter Weise den unmittelbaren Besitzer in der Ausübung der tatsächlichen Gewalt beeinträchtigt (Staudinger/Gutzeit, BGB, Neubearb. 2012, § 858 Rn. 4). Die Geschädigte hatte aber nur mittelbaren Besitz an der Tankkarte, nachdem sie diese dem Angeklagten zur berechtigten Nutzung ausgehändigt hatte (§ 868 BGB). Unmittelbarer Besitzer der Tankkarte war der Angeklagte selbst. Die Fortsetzung des eigenen bestehenden Besitzes ist selbst dann keine verbotene Eigenmacht, wenn eine Pflicht zur Herausgabe besteht (MüKo-Joost, BGB, 6. Aufl. § 858 Rn. 3).“

V. Strafbarkeit wegen Untreue

Eine Strafbarkeit wegen Untreue scheitert daran, dass A als (ehemaligem) Arbeitnehmer keine Pflicht oblag, die Vermögensinteressen der G wahrzunehmen. Die Pflicht, einen Vertrag zu erfüllen, genügt danach als solche ebenso wenig wie die allgemeine vertragliche Nebenpflicht (vgl. § 241 II BGB), auf die (Vermögens )Interessen des Partners Rücksicht zu nehmen. Hier kommt noch hinzu, dass das Arbeitsverhältnis bereits beendet war.

VI. Strafbarkeit wegen Missbrauchs von Kreditkarten

„Auch eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen Missbrauchs von Kreditkarten gemäß § 266b I StGB kommt hier nicht in Betracht. Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei der hier verwendeten Tankkarte um eine Universalkreditkarte im Sinne dieser Vorschrift handelt, was nur dann der Fall wäre, wenn sich die S. als Aussteller der Karte gegenüber den angeschlossenen Tankstellenbetreibern unter Abgabe einer entsprechenden Garantie dazu verpflichtet hätte, deren Forderungen gegenüber der Geschädigten als Karteninhaber auszugleichen (sog. Drei-Partner-System, vgl. OLG Koblenz, 1 Ss 161/98 v. 17.6.1998; Fischer, aaO. § 266b Rn. 10a mwN). Ob dies der Fall ist, lässt sich den Feststellungen nicht entnehmen. In der Regel werden Tankkarten jedoch als Zahlungskarten im Zwei-Parteien-System ausgegeben, d.h. der Aussteller räumt dem Karteninhaber Kredite ein, die dieser sodann durch Zahlungen gegenüber dem Aussteller auszugleichen hat (vgl. OLG Celle aaO. Rn. 10 mwN; Schönke/Schröder-Perron, StGB, 29. Aufl. § 266b Rn. 5; LK-StGB/Möhrenschläger, 12. Aufl. § 266b Rn. 33; Brand/Hotz, JuS 2014, 714 <715>). Für eine Strafbarkeit des Angeklagten nach § 266b StGB fehlt es jedenfalls an einer Tathandlung in Gestalt des Missbrauchs der Karte, die nur darin gesehen werden kann, dass der berechtigte Karteninhaber sein rechtliches Können im Außenverhältnis unter Überschreitung des rechtlichen Dürfens im Innenverhältnis zum Kartenaussteller ausnutzt (vgl. Fischer, aaO. Rn. 15). Das ist für den vorliegenden Fall zu verneinen, weil es der Geschädigten im Innenverhältnis gestattet war, die Tankkarte an ihre Mitarbeiter weiterzugeben, damit diese sie für von ihnen getätigte Tankvorgänge einsetzen. Auch ist weder der S. noch den Tankstellenbetreibern ein Schaden entstanden, weil die Geschädigte entsprechend ihrer vertraglichen Pflichten im Innenverhältnis die von der S. möglicherweise kreditierten Zahlungsvorgänge des Angeklagten rückerstattet hat.“

VII. Strafbarkeit wegen Unterschlagung

„Der Angeklagte hat sich auch nicht wegen Unterschlagung des von ihm mit der Tankkarte bezahlten Kraftstoffs strafbar gemacht (§ 246 I StGB). Die Übertragung des Eigentums an dem Kraftstoff (§ 929 Satz 1 BGB) erfolgte nicht an die Geschädigte, sondern an den Angeklagten selbst, wobei es den Tankstellenbetreibern nur auf die durch die ordnungsgemäße Verwendung der Tankkarte gesicherte Bezahlung ankam; wer Eigentümer des Kraftstoffes wurde, war ihnen gleichgültig. Fragen des Innenverhältnisses zwischen dem Angeklagten und der Geschädigten als Karteninhaberin berührten die Tankstellenbetreiber nicht (vgl. OLG Celle aaO. Rn. 11).“

C. Fazit

In letzter Zeit häufen sich Entscheidungen, die sich mit den Rechtsfragen rund um die missbräuchliche Verwendung von Tankkarten befassen. Aus strafrechtlicher Sicht bieten sich solche Fälle sehr für Prüfungsaufgaben an, da sie eine Vielzahl klassischer Probleme des Vermögensstrafrechts berühren und zudem auch starke zivilrechtliche Bezüge aufweisen.