In dieser Examensklausur ging es schwerpunktmäßig um delikts- und arbeitsrechtliche Fragen.
T ist angestellter Fahrer bei der W-GmbH. Aus leichtester Unachtsamkeit fährt der T an einer Ampel auf den vor ihm stehenden Pkw des H auf. Unmittelbar nach dem Unfall unterschreibt der T ein Schriftstück, wonach er alle Schuld auf sich nimmt und für den Schaden des H aus dem Unfall aufkommen werde. Die erste Frage in dieser Examensklausur betraf Ansprüche des H gegen T auf Zahlung von 1500 Euro (1000 Euro Reparaturkosten und 500 Euro für eine Kernspintomografie). In dieser ersten Frage mussten die Kandidaten in der Examensklausur zunächst überlegen, ob ein vertraglicher Anspruch aus einem abstrakten Schuldanerkenntnis, § 781 BGB, in Betracht kam. Durch Auslegung des Schriftstückes war allerdings zu ermitteln, dass in der vorliegenden Examensklausur wohl nur ein Schuldeingeständnis vorlag. Das bloße Schuldeingeständnis begründet keine neue Anspruchsgrundlage, sondern führt lediglich zu einer Beweislastumkehr zuungunsten des H im Rahmen der gesetzlichen Ansprüche. Als solcher war hier § 823 I BGB zu prüfen. Dessen Voraussetzungen lagen prinzipiell vor, insbesondere lag aufgrund der leichten Fahrlässigkeit des H auch ein Verschulden vor. Bei der Prüfung des Schadens musste in dieser Examensklausur aber diskutiert werden, ob auch die Kosten für die Kernspintomografie ein kausal-adäquater Schaden waren, weil objektiv eigentlich keine Anhaltspunkte für eine Kopfverletzung bei H vorlagen. Im Übrigen mussten die Kandidaten in dieser Examensklausur sehen, dass die Grundsätze der betrieblich veranlassten Tätigkeit als Ausschlussgrund für die Haftung des Arbeitnehmers nur im Innenverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gelten. Der Arbeitnehmer kann sich nicht im Verhältnis zum geschädigten Dritten auf diese Grundsätze berufen. Der Arbeitnehmer hat allenfalls einen Anspruch gegen den Arbeitgeber, dass dieser ihn gegenüber dem Dritten freistelle. Schließlich war auch noch die Haftung des Fahrzeugführers aus § 18 StVG anzunehmen.
Die zweite Frage in dieser Examensklausur betraf Ansprüche des geschädigten H gegen die W-GmbH. In Betracht kam hier eine verschuldensunabhängige Haftung als Fahrzeughalterin aus § 7 StVG. Im Übrigen war § 831 BGB zu prüfen, der eine Haftung des Geschäftsherrn für unerlaubte Handlungen seines Verrichtungsgehilfen regelt, wobei das Verschulden bzgl. der Auswahl und Überwachung des Verrichtungsgehilfen vermutet wird. In der vorliegenden Examensklausur wurde allerdings mitgeteilt, dass der T „stets äußerst zuverlässig“ gewesen sein, sodass hier wohl eine Exkulpation der W-GmbH zu bejahen war.
In der dritten Frage dieser Examensklausur ging es um Ansprüche der W-GmbH gegen den T auf Zahlung von 1000 Euro, weil der T die auszuliefernden Schnittchen im Wert von 1000 Euro aufgrund des Unfalls nicht mehr rechtzeitig an den Kunden ausliefern konnte und daher die Schnittchen mangels anderer Verwendung unentgeltlich an eine Tafel abgab. Hier kam namentlich ein Schadensersatzanspruch aus § 280 I BGB in Betracht. Unabhängig davon, welchen Bezugspunkt die Kandidaten in dieser Examensklausur für die Pflichtverletzung annahmen – die verspätete Lieferung oder die eigenmächtige Abgabe an eine Tafel – beides war wohl nur einfach fahrlässig, sodass ein Anspruch der Arbeitgeberin W-GmbH gegen den Arbeitnehmer T aufgrund der Grundsätze der betrieblich veranlassten Tätigkeit ausgeschlossen waren.
Im Übrigen wurde in Frage 4 dieser Examensklausur nach einem weiteren Anspruch der W-GmbH gegen den T auf Zahlung von 1000 Euro gefragt. T hatte nämlich in dem Arbeitsvertrag mit der W-GmbH eine Vertragsstrafe-Klausel unterschrieben, wonach in jedem Fall 1000 Euro an die W-GmbH zu zahlen seien, wenn es aufgrund seines Verschuldens zu einem Unfall mit Sach- oder Personenschaden kommen sollte. Eine Einigung mit dem Inhalt einer Vertragsstrafe im Sinne der §§ 339 ff. BGB lag insoweit vor. Allerdings stellte sich in dieser Examensklausur die Frage, ob diese Einigung auch wirksam war, weil sie möglicherweise eine Umgehung der Wertungen des Arbeitsrechts, nämlich der Haftungsbefreiung über die Grundsätze der betrieblich veranlassten Tätigkeit, beinhalteten.
Frage 5 dieser Examensklausur betraf dann Ansprüche des T gegen die W-GmbH auf Ersatz von 1500 Euro, unterstellt, dass T an H 1500 Euro Schadensersatz zahlen musste. Ein bloßer hälftiger Ausgleich nach gesamtschuldnerischen Grundsätzen, §§ 426, 840 BGB war hier wohl nicht anzunehmen, da wiederum die Wertungen des Arbeitsrechts dem entgegenstanden. Der Arbeitnehmer hat – wie bereits oben ausgeführt - gegen den Arbeitgeber, einen Anspruch auf vollständige Freistellung gegenüber dem Geschädigten. Das bedeutet aber auch, dass dem Arbeitgeber ein Ausgleichsanspruch in voller Höhe gegen dem Arbeitgeber zusteht, wenn der Arbeitnehmer dennoch in Vorleistung getreten ist. Als Anspruchsgrundlage können in dieser Examensklausur die §§ 683, 670, 257 BGB herangezogen werden.
In der letzten Fragen der Examensklausur mussten die Kandidaten noch die Wirksamkeit der von der W-GmbH ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung des Arbeitsvertrages prüfen. § 626 BGB verlangt einen wichtigen Grund und dort eine umfangreiche Interessenabwägung im Einzelfall. Als wichtiger Grund kamen in der vorliegenden Examensklausur der Umgang des T mit den Schnittchen und die Verursachung des Unfalls in Betracht. Für Letzteres gab es im Arbeitsvertrag eine ausdrückliche Vereinbarung, wonach Unfälle mit dem Auslieferungs-LKW als wichtiger Grund im Sinne des § 626 BGB gelten sollten. Ob dies ausreichte, war zu diskutieren.
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