BGH zu den Voraussetzungen des schweren Bandendiebstahls (§ 244a StGB)

A. Sachverhalt

Der Angeklagte (A) sowie weitere Bandenmitglieder und Mittäter entwendeten Anfang April 2013 aus einem Tank auf dem Gelände der Spedition-Baustoffe GmbH & Co. KG 4.500 Liter Dieselkraftstoff. Hierzu führten sie den Schlauch einer Pumpe in das in 3,50 Meter Höhe gelegene Entlüftungsrohr des Tanks ein und leiteten den Kraftstoff in Fässer sowie andere Behältnisse. Der Angeklagte erhoffte sich in diesem Fall allerdings keinen Anteil an der Beute, sondern er wollte lediglich dem Mitangeklagten L. , der sich an diesem Abend in akuten Geldsorgen befunden hatte, dabei helfen, hinreichend Kraftstoff für sein Fahrzeug zu bekommen.

Strafbarkeit des A wegen Beihilfe zu einem (schweren) Bandendiebstahl gemäß §§ 244, 244a, 27 StGB?

B. Die Entscheidung des BGH (Beschl. v. 26.4.2014, Az. 4 StR 584/13)

I. Strafbarkeit wegen Beihilfe zu einem Bandendiebstahl gemäß §§ 244 I Nr. 2, 27 StGB

Eine vorsätzliche rechtswidrige Haupttat im Sinne von § 27 I StGB liegt vor; der Diebstahl des Dieselkraftstoffs wurde von einer Bande begangen (§ 244 I Nr. 2 StGB). Zu diesem Bandendiebstahl hat A Hilfe geleistet. Mangels eigenen unmittelbaren Tatinteresses ist A nicht als Mittäter im Sinne von § 25 II StGB zu qualifizieren.

II. Strafbarkeit wegen Beihilfe zu einem schweren Bandendiebstahl gemäß §§ 244a I, 27 StGB

Fraglich ist, ob A Beihilfe zu einem schweren Bandendiebstahl geleistet hat. Dazu müssten die Voraussetzungen des § 243 I 2 StGB erfüllt sein.

1. Die große Strafkammer des Landgerichts hat angenommen, dass die Täter im Sinne von 243 I 2 Nr. 1 BGB in einen umschlossenen Raum eingestiegen seien. Dem tritt der BGH entgegen:

„Einsteigen in einen Raum ist über den engeren Sprachsinn hinaus jedes nur unter Schwierigkeiten mögliche Eindringen durch eine zum ordnungsgemäßen Eintritt nicht bestimmte Öffnung (BGH, Beschluss vom 27. Juli 2010 - 1 StR 319/10, NStZ-RR 2010, 374, 375). Es erfordert, dass der Täter wenigstens einen Fuß in den Raum stellt; bloßes Hineingreifen oder Ähnliches genügt dagegen nicht (SSW-StGB/Kudlich, 2. Aufl., § 243 Rn. 12 mwN).

An einem solchen Einsteigen fehlt es hinsichtlich des Tanks offensichtlich. Aber auch hinsichtlich des Betriebsgeländes ist dieses Tatbestandsmerkmal nicht belegt. Denn Feststellungen dazu, dass dieses beispielsweise eingezäunt war oder auf andere Weise nur unter Schwierigkeiten durch eine zum ordnungsgemäßen Eintritt nicht bestimmte Öffnung betreten wurde, enthält das Urteil nicht.“

2. Auch sah die Strafkammer das Merkmal des Einbrechens in einem umschlossenen Raum als erfüllt (§ 243 I 2 Nr. 1 StGB). Doch kann der BGH auch dem nicht folgen:

„Bei einem Einbruch muss der Täter zur Ausführung des Diebstahls zwar nicht in den umschlossenen Raum hineingelangen; vielmehr genügt, dass er die Wegnahme mittels eines Werkzeugs durch eine Öffnung des Raumes bewirkt (vgl. BGH, Beschluss vom 22. August 1984 - 3 StR 209/84, NStZ 1985, 217, 218). Erforderlich ist aber das gewaltsame, also das durch eine nicht unerhebliche körperliche Anstrengung verbundene Öffnen oder Erweitern eines Zugangs zu dem umschlossenem Raum (LK-StGB/Vogel, 12. Aufl., § 243 Rn. 20 mwN). Daran fehlt es nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen sowohl hinsichtlich des Betriebsgeländes als auch hinsichtlich des Tanks.“

3. Fraglich ist, ob die Voraussetzungen des § 243 I 2 Nr. 3 StGB erfüllt sind. Der Generalbundesanwalt hatte vertreten, eine Verurteilung des A darauf zu stützen. Doch wird damit die Regelung des § 28 II StGB verkannt, sodass der BGH auch dieser rechtlichen Bewertung eine Absage erteilt:

„Gewerbsmäßigkeit setzt stets eigennütziges Handeln voraus und damit einen vom Täter erstrebten Zufluss von Vermögensvorteilen an sich selbst; es genügt daher nicht, wenn eine Einnahmequelle allein für Dritte geschaffen werden soll (vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 2011 - 3 StR 323/11 [juris Rn. 10]). Ein lediglich mittelbarer Vorteil reicht zur Begründung der Gewerbsmäßigkeit nur aus, wenn der Täter ohne Weiteres darauf zugreifen kann oder sich selbst geldwerte Vorteile aus der Tat über Dritte verspricht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. September 2011 - 1 StR 343/11, NStZ-RR 2011, 373; vom 13. September 2011 - 3 StR 262/11, StV 2012, 339, 342, jeweils mwN). Dies hat das Landgericht bezüglich des Angeklagten jedoch nicht festgestellt.

Da die Gewerbsmäßigkeit ein besonderes persönliches Merkmal im Sinn des § 28 Abs. 2 StGB darstellt (vgl. BGH, Beschluss vom 13. September 2011 - 3 StR 262/11, StV 2012, 339, 342 mwN) kann der Gehilfe, bei dem sie fehlt, nicht allein deshalb nach § 244a Abs. 1 StGB bestraft werden, weil andere Bandenmitglieder oder Mittäter gewerbsmäßig gehandelt haben (vgl. SSW-StGB/Kudlich, 2. Aufl., § 244a Rn. 9; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 244a Rn. 2b).“

  1. Nach alledem liegen die Voraussetzungen der §§ 244a, 27 StGB nicht vor.

C. Fazit

Eine Entscheidung, die in der Sache nichts Neues bringt. Sie gibt aber Anlass, sich mit den Voraussetzungen des § 244a StGB und insbesondere des § 243 StGB auseinanderzusetzen und erneuert die Mahnung an den Rechtsanwender, die Tatbestandsmerkmale sauber durchzuprüfen. 

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