A. Sachverhalt
A entschloss sich am Morgen des 20. Mai 2011, in dem von ihm, seiner Lebensgefährtin und deren beiden minderjährigen Kindern bewohnten, angemieteten Bungalow einen Brand zu legen, um Zahlungen aus der Hausratsversicherung zu erhalten. Zu diesem Zweck zündete er in einem Schlafzimmer des vier Zimmer, Küche und Bad umfassenden, einstöckigen Gebäudes diverse Gegenstände an. Dabei nahm er in Kauf, dass auch funktionswesentliche Teile des Gebäudes in Brand geraten würden oder dieses zumindest teilweise unbewohnbar werden könnte. Die Lebensgefährtin und die Kinder hatten das Haus zu diesem Zeitpunkt verlassen. Um eine größere Ausbreitung des Schadens zu verhindern, schloss er die Schlafzimmertür. Dann verließ er das Haus. Als er nach etwa einer Dreiviertelstunde zurückkehrte, hatte das Feuer, das zwischenzeitlich von der Feuerwehr gelöscht worden war, bereits die Holzdecke des Schlafzimmers erfasst und dort zu Putzabplatzungen, erheblichen Rußschäden und der teilweisen Zerstörung des Inventars geführt. Die übrigen Räume waren durch Löschwasser “in Mitleidenschaft genommen” und Textilien durch Rauchgas “beeinträchtigt”. Das Haus war “längere Zeit” nicht bewohnbar. A lebte mit seiner Familie acht Wochen bei Freunden und bezog dann eine andere Wohnung. In der Folge machte er bei seiner Hausratsversicherung den Schaden geltend, die ihm rund 16.300 € erstattete.
Strafbarkeit des A gemäß §§ 306 ff. StGB?
B. Die Entscheidung des BGH (Urt. v. 14.11.2013, Az. 3 StR 336/13)
I. Strafbarkeit wegen Brandstiftung gemäß § 306 I Nr. 1 StGB
A könnte sich der Brandstiftung schuldig gemacht haben, indem er diverse Gegenstände in dem Bungalow anzündete. Dazu müsste A den Bungalow, ein ihm fremdes Gebäude im Sinne von § 306 I Nr. 1 StGB, in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört haben.
1. Fraglich ist, ob A den Bungalow in Brand gesetzt hat (§ 306 I Nr. 1 Var. 1 StGB). Das ist dann der Fall, wenn das Gebäude so vom Feuer erfasst ist, dass es selbstständig ohne Fortwirken des Zündstoffs weiterbrennt, wobei es erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass sich der Brand auf Teile des Gebäudes ausbreiten kann, die für dessen bestimmungsgemäßen Gebrauch von wesentlicher Bedeutung sind. Der BGH verneint diese Voraussetzungen:
„Dass hier ein gebrauchswesentlicher Gebäudeteil selbstständig brannte, lässt sich dem Urteil nicht eindeutig entnehmen. Nach den Feststellungen erfasste das vom Angeklagten entfachte Feuer die “Holzdecke”. Eine Zimmerdecke ist zwar regelmäßig als Bestandteil eines Gebäudes und damit als wesentlicher Gebäudeteil anzusehen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juli 1990 - 4 StR 301/90, BGHR StGB § 306 Beweiswürdigung 3). In der rechtlichen Würdigung geht die Strafkammer jedoch von einem Brand der “Deckenverkleidung” aus. Eine Deckenverkleidung stellt aber nur dann einen wesentlichen Gebäudeteil dar, wenn sie so mit der Decke verbunden oder in sie eingearbeitet ist, dass sie als Bestandteil der Decke nicht entfernt werden kann, ohne dass hierdurch das Bauwerk selbst beeinträchtigt wird (BGH, Urteil vom 26. Juli 1990 - 4 StR 249/90, aaO; vgl. auch Beschluss vom 5. Dezember 2001 - 3 StR 422/01, aaO; Beschluss 14. Juli 1993 - 3 StR 335/93, aaO). Nach den unklaren Feststellungen ist damit offen, ob ein wesentlicher Gebäudeteil selbstständig brannte. Die Feststellungen belegen darüberhinaus auch nicht, dass der Brand der Deckenverkleidung, sollte es sich insoweit um einen nicht wesentlichen Gebäudeteil gehandelt haben, jedenfalls geeignet war, das Feuer anderen Gebäudeteilen, die als wesentlich anzusehen sind, mitzuteilen.“
2. Möglicherweise hat A den Bungalow aber ganz oder teilweise zerstört (§ 306 I Nr. 1 Var. 2 StGB).
a. Nach Ansicht des BGH kann eine teilweise Zerstörung nicht in den Putzabplatzungen und erheblichen Rußablagerungen erblickt werden:
„Allerdings kann die Zerstörung auch nur eines Zimmers eines Einfamilienhauses zu einer teilweisen Zerstörung des Gebäudes im Sinne von § 306 I und § 306a I, II StGB führen. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll der Begriff des teilweisen Zerstörens wie das gleichlautende Tatbestandsmerkmal der §§ 305, 305a StGB verstanden werden (BT-Drucks. 13/8587 S. 88; vgl. BGH, Urteil vom 12. September 2002 - 4 StR 165/02, BGHSt 48, 14, 19). Zur Konkretisierung dieser Tatvariante kann deshalb auf die Auslegung der genannten Vorschriften zurückgegriffen werden (LK/Wolff, StGB, 12. Aufl., § 306 Rn. 13). Ein teilweises Zerstören ist danach anzunehmen, wenn Bestandteile des Tatobjekts, die zu einem selbstständigen Gebrauch bestimmt sind, gänzlich vernichtet werden, ein für die ganze Sache zwecknötiger Teil unbrauchbar oder das Tatobjekt wenigstens für einzelne seiner Zweckbestimmungen unbrauchbar gemacht wird (vgl. BGH, Urteil vom 12. September 2002 - 4 StR 165/02, BGHSt 48, 14, 20 mwN). Damit kommt ein teilweises Zerstören nicht nur dann in Betracht, wenn ein wesentlicher funktionell selbstständiger Bestandteil des Tatobjekts zerstört wird, indem etwa eine Wohnung als “Untereinheit” eines Mehrfamilienhauses für beträchtliche Zeit für Wohnzwecke insgesamt ungeeignet wird (etwa BGH, Beschlüsse vom 6. Mai 2008 - 4 StR 20/08, NStZ 2008, 519; vom 10. Januar 2007 - 5 StR 401/06, NStZ 2007, 270, 271; vom 14. Dezember 2000 - 3 StR 414/00, NStZ 2001, 252; vom 14. Juli 2009 - 3 StR 276/09, NStZ 2010, 151, 152). Vielmehr ist eine teilweise Zerstörung auch dann anzunehmen, wenn in Folge der brandbedingten Einwirkung das Tatobjekt einzelne von mehreren seiner Zweckbestimmungen nicht mehr erfüllen kann. Beim Brand eines Wohnhauses, das als Mittelpunkt des menschlichen Lebens (BGH, Urteil vom 12. September 2002 - 4 StR 165/02, BGHSt 48, 14, 20; Beschluss vom 10. Januar 2007 - 5 StR 401/06, NStZ 2007, 270, 271) jedenfalls dem Zweck des Aufenthaltes, der Nahrungsversorgung und des Schlafens dient, kann die brandbedingte Vereitelung nur eines dieser wesentlichen Zwecke das Tatbestandsmerkmal des teilweisen Zerstörens erfüllen. Die brandbedingte Unbenutzbarkeit eines Zimmers stellt demnach dann eine teilweise Zerstörung des gesamten Einfamilienhauses dar, wenn dadurch nicht allein dieses Zimmer unbewohnbar wird, sondern die Nutzung des Wohnhauses zu einem der genannten Zwecke in - gemessen an den Vorstellungen eines verständigen Wohnungsinhabers (BGH, Beschluss vom 6. Mai 2008 - 4 StR 20/08, NStZ 2008, 519) - unzumutbarerweise beeinträchtigt wird.
Ob die brandbedingte Beschädigung des Schlafzimmers hier die teilweise Zerstörung des Bungalows in diesem Sinne zur Folge hatte, kann den Feststellungen nicht entnommen werden. Diese ergeben nicht, dass das Wohnhaus wegen der Brandschäden in einem Schlafzimmer für die Bewohner nicht mehr in zumutbarer Weise als Schlafstätte genutzt werden konnte.“
b. Auch die Schäden in den übrigen Zimmern sollen eine teilweise Zerstörung nicht belegen können:
„Zwar kann eine brandbedingte teilweise Zerstörung eines Gebäudes auch durch den Einsatz von Löschmitteln bewirkt werden (Fischer, StGB, 61. Aufl., § 306 Rn. 15 mwN; vgl. BGH, Beschluss vom 22. Mai 2001 - 3 StR 140/01, StV 2001, 576, 577). Doch ergeben die Feststellungen hier lediglich, dass die Räume durch “Löschwasser in Mitleidenschaft genommen” wurden. Eine Aufhebung der Nutzbarkeit dieser Räume und dem folgend des Hauses zu Wohnzwecken lässt sich dem nicht entnehmen.“
c.
„Schließlich ergeben die Feststellungen auch nicht deshalb eine (teilweise) Zerstörung des Gebäudes, weil das Haus infolge der Gesamtheit der brandbedingten Schäden für eine nicht unbeträchtliche Zeit nicht bewohnbar war. Tatbestandsmäßig im Sinne von § 306 I und § 306a I StGB ist eine teilweise Zerstörung nur, wenn sie von einigem Gewicht ist. Dies ist erst dann anzunehmen, wenn das Gebäude infolge des Brandes für eine nicht unbeträchtliche Zeit unbewohnbar wird (vgl. BGH, Urteil vom 12. September 2002 - 4 StR 165/02, BGHSt 48, 14, 21; Beschluss vom 6. Mai 2008 - 4 StR 20/08, NStZ 2008, 519). Dabei ist auf die Zeit abzustellen, die für die tatbedingt erforderlichen Renovierungsarbeiten tatsächlich benötigt wird (BGH, Urteil vom 12. September 2002 - 4 StR 165/02, BGHSt 48, 14, 21). Den Feststellungen kann vorliegend indes nur entnommen werden, dass der Angeklagte mit seine Familie nach dem Brand acht Wochen bei Freunden lebte und danach nicht mehr in das Haus zurückkehrte. Dies muss allerdings nicht (allein) auf das Tatgeschehen zurückzuführen gewesen sein.“
Hilfsgutachten (unterstellt, A hat den Bungalow in Brand gesetzt)
II. Strafbarkeit wegen schwerer Brandstiftung gemäß § 306a I Nr. 1 StGB
A hat ein Gebäude, das der Wohnung von Menschen dient, in Brand gesetzt und damit den Tatbestand des § 306a I Nr. 1 StGB erfüllt. Allerdings wird vielfach eine teleologische Reduktion des § 306a StGB erwogen für den Fall, dass eine Gefährdung von Menschenleben ausgeschlossen sei. Begründet wird dies damit, dass in diesen Fällen die von § 306a StGB vorausgesetzte abstrakte Gefährlichkeit der Tat fehle und eine Bestrafung als Verbrechen gegen das Schuldprinzip verstoße. Mit dieser Begründung hat die Strafkammer eine Strafbarkeit des A wegen schwerer Brandstiftung verneint. Dem tritt der BGH entgegen:
„§ 306a I Nr. 1 StGB ist ein abstraktes Gefährdungsdelikt, das ein Tun unter Strafe stellt, das typischerweise geeignet ist, das Leben von Bewohnern und anderen Personen zu gefährden, die das Gebäude aufsuchen oder sich in ihm befinden. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen zur Wohnung dienende Gebäude als Mittelpunkt des menschlichen Lebens absolut geschützt werden, ohne dass im Einzelfall der Frage Bedeutung zukommen soll, ob sich zur Tatzeit tatsächlich Menschen in dem Gebäude befinden und ob sich der Täter davon überzeugt hat, dass im konkreten Fall Menschenleben nicht gefährdet werden können (BGH, Urteile vom 22. April 1982 - 4 StR 561/81, NStZ 1982, 420, 421; vom 4. April 1985 - 4 StR 93/85, NStZ 1985, 408, 409; vom 15. September 1998 - 1 StR 290/98, NStZ 1999, 32, 33 f.). Allerdings hat der Bundesgerichtshof vereinzelt eine einschränkende Auslegung der Vorschrift für Fälle erwogen, in denen sich der Täter bei der Inbrandsetzung von kleinen, auf einen Blick überschaubaren Hütten oder Häuschen “durch absolut zuverlässige lückenlose Maßnahmen” vergewissert hatte, dass eine konkrete Gefährdung von Menschenleben durch das Feuer sicher auszuschließen ist (BGH, Urteil vom 24. April 1975 - 4 StR 120/75, BGHSt 26, 121, 124 f.; vgl. S/S-Heine, 28. Aufl., § 306a Rn. 2 mwN zur Literatur), dies letztlich aber stets offengelassen (siehe die vorzitierten Entscheidungen sowie BGH, Urteil vom 20. Juni 1986 - 1 StR 270/86, BGHSt 34, 115, 118). Auch hier bedarf es keiner Entscheidung, ob dieser Überlegung im Ausgangspunkt gefolgt und ob der Bungalow überhaupt als Gebäude angesehen werden könnte, das “mit einem Blick überschaubar” ist; denn eine einschränkende Auslegung des § 306a I Nr. 1 StGB im dargestellten Sinne scheidet vorliegend jedenfalls deswegen aus, weil sich der Angeklagte nach der Brandlegung von dem Bungalow entfernt hatte. Damit entzog es sich seiner Kontrolle, ob andere Bewohner während seiner Abwesenheit in diesen zurückkehrten oder er von Dritten aufgesucht wurde. Eine Gefährdung von Menschenleben durch den Brand war damit keinesfalls völlig ausgeschlossen (vgl. S/S-Heine, aaO, Vorbem. zu §§ 306 ff. Rn. 3a).“
III. Strafbarkeit wegen besonders schwerer Brandstiftung gemäß §§ 306b II Nr. 2, 306a I Nr. 1 StGB
In Betracht kommt schließlich eine Strafbarkeit wegen besonders schwerer Brandstiftung gemäß § 306b II Nr. 2, 306a I Nr. 1 StGB, weil A handelte, um zu einem späteren Zeitpunkt bei der Versicherung die Versicherungssumme geltend zu machen, obwohl ihm ein solcher Anspruch nicht zustand (§ 81 I VVG). Dabei ist fraglich, ob es sich bei dem Betrug gegenüber und zulasten der Versicherung (§ 263 I, III Nr. 5 StGB) um eine andere Tat im Sinne von § 306b II Nr. 2 StGB handelt. Einschränkend wird im Hinblick auf die rigide Strafdrohung des § 306b II StGB in der Literatur nämlich vielfach vertreten, dass eine nur allgemeine kausal-funktionale Beziehung zwischen der Brandstiftung und der ermöglichten Straftat nicht ausreiche. Erforderlich sei vielmehr, dass gerade die spezifischen Auswirkungen der der Brandstiftung immanenten Gemeingefahr zur Ermöglichung der anderen Straftat ausgenutzt werden sollen. Das komme nur dann in Betracht, wenn ein naher zeitlicher und räumlicher Zusammenhang zwischen der Brandstiftung und der anderen Straftat bestehe. Dem ist der BGH aber bereits im Jahre 1999 unter Hinweise auf Wortlaut und Systematik entgegengetreten:
„Zwar wird in der Literatur zum Teil - mit Unterschieden im Detail - die Auffassung vertreten, nach der Vorstellung des Täters müssten die spezifischen Auswirkungen der gemeingefährlichen Situation die Begehung der anderen Tat begünstige, Tröndle/Fischer aaO § 306b Rdn. 8 f.; Lackner/Kühl StGB 23. Aufl. § 306 b Rdn. 4, Geppert Jura 1998, 597, 564; Hecker GA 1999, 332; Mitsch ZStW 111, 65, 114; vgl. zu § 307 Nr. 2 StGB a.F.: BGHSt 38, 309; 40, 251). Dem kann indes nicht gefolgt werden (so auch Radtke, Die Dogmatik der Brandstiftungsdelikte [1998], S. 332 ff., ders. ZStW 110, 848, 876 f. : Stein, in Dencker/Struensee/Nelles/Stein, Einführung in das 6. Strafrechtsreformgesetz [1998] 4. Teil Rdn. 13; Maurach/Schroeder/Maiwald Strafrecht BT Teilband 2, 8. Aufl, § 51 Rdn. 30; Krey, Strafrecht BT 1 11. Aufl. Rdn. 765a; Ellbogen Jura 1998, 483, 488; wohl auch Bayer, in Schlüchter, Bochumer Erläuterungen zum 6. Strafrechtsreformgesetz § 306 b Rdn. 4).
Wie der eindeutige Wortlaut und die Anknüpfung auch an den Absatz 2 des § 306 a StGB ergeben, setzt § 306b II Nr. 1 StGB eine Steigerung und Ausnutzung der brandbedingten Gemeingefahr nicht voraus (Radtke aaO S. 335). Vielmehr erfordert die Bestimmung nur, dass der Täter bei seiner - in § 306a StGB näher umschriebenen - Tathandlung das Ziel verfolgt, die Begehung der anderen Straftat, für die ihm die Brandstiftung nicht als notwendiges Mittel erscheinen muss, zumindest zu erleichtern (vgl. zu § 307 Nr. 2 StGB a.F. BGHSt 40, 106 und zu § 211 StGB BGHSt 39, 159, 161; BGH NStZ 1996, 81; 1998, 352, 353 zum beabsichtigten Betrug z.N. der Lebensversicherung, Jähnke in LK 10. Aufl. § 211 Rdn. 9). Der besondere Unwert der schweren Brandstiftung, “um eine andere Straftat zu ermöglichen”, liegt darin, daß sie der Begehung kriminellen Unrechts dienen soll. Die erhöhte Verwerflichkeit ergibt sich aus der Bereitschaft, zur Durchsetzung krimineller Ziele ein abstrakt (§ 306a I StGB) oder konkret (§ 306a II StGB, vgl. BGH NStZ 1999, 32, 33) gefährliches Brandstiftungsdelikt zu begehen, mithin aus der Verknüpfung von Unrecht mit weiterem Unrecht durch den Täter (vgl. Wolters JR 1998, 271, 274; Eser in Schönke/Schröder StGB 25. Aufl. § 211 Rdn. 31). Auf diese Verknüpfung zwischen dem Handeln des Brandstifters und dem von ihm verfolgten Zweck der Ermöglichung muss sich die Absicht des Täters beziehen; im Hinblick auf den tatbestandlichen Erfolg des Grunddelikts und der Folgetat genügt grundsätzlich dolus eventualis (BGH. Beschluß vom 10. Juni 1999 - 4 StR 60/99; vgl. ferner BGHSt 40, 106 zu § 307 Nr. 2 StGB a.F. 39, 159 f. und 41, 359, 360 zu § 211 StGB; Radtke, Die Dogmatik der Brandstiftungsdelikte [1998], S. 336. 345; Tröndle/Fischer aaO § 306 b Rdn. 10).
Dies wird durch die ständige Auslegung der §§ 211 und 315 III Nr. 1b StGB n.F. (= 315 III Nr. 2 StGB a.F.) bestätigt. Der Wortlaut des § 306b II Nr. 2 StGB entspricht vollständig diesen Vorschriften, auf deren Auslegung kann daher zurückgegriffen werden. Demgegenüber ist das Merkmal des “Ausnutzens” in § 307 Nr. 2 StGB a.F. entfallen, sodass eine einschränkende Auslegung nicht mehr möglich ist (so auch Stein aaO). Dem entspricht die Gesetzgebungsgeschichte: Der Gesetzentwurf der Bundesregierung verwies für das Verständnis des § 306a Nr. 2 E auf § 315 Abs. 3 Nr. 2 StGB (a.F.) und begründete die Herabsetzung des Strafrahmens auf fünf Jahre damit, dass die - im weiteren Gesetzgebungsverfahren unverändert gebliebenen - Qualifikationsmerkmale weiter gefasst seien als in § 307 Nr. 2 StGB a. F. (BTDrucks. 13/8587 S. 49). Auf den Einwand des Bundesrates, die Mindeststrafe sei “unangemessen hoch”, zumal der Tatbestand keine minder schweren Fälle vorsehe, hielt die Bundesregierung an ihrem Vorschlag fest, da sie die Wertung des Bundesrates nicht teilte (BTDrucks. 13/8587 S. 70, 88). Dies hat sich der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages zu eigen gemacht (vgl. BTDrucks. 13/9064 S. 22); im Gesetzgebungsverfahren ist die Regelung sodann nicht mehr infrage gestellt worden. Bei dieser Sachlage vermag der Hinweis auf die hohe Strafdrohung (Tröndle/Fischer aaO) - zumal diese gegenüber § 307 Nr. 2 StGB a.F. deutlich abgesenkt ist - die geforderte restriktive Auslegung nicht zu tragen. Zudem verlangt die mit dem 6. StrRG angestrebte Harmonisierung der Strafrahmen (BTDrucks. 13/8587 S. 18) eine deutliche Anhebung gegenüber der in den §§ 315 III Nr. 1 b, 315 b III StGB vorgesehenen Strafuntergrenze von einem Jahr, da diese Bestimmungen auch den Fall bloßer Sachgefahren einschließen.
Diese Auslegung des § 306b II Nr. 2 StGB hat auch Gründe der Systematik für sich. Das Erfordernis eines nahen zeitlichen und räumlichen Zusammenhangs zwischen der Brandsituation und der anderen Straftat (so Tröndle/Fischer, Lackner/Kühl und Geppert, jeweils aaO) ließe für die gleichrangig in § 306b II Nr. 2 StGB vorgesehene Verdeckungsabsicht nur einen außerordentlich schmalen Anwendungsbereich. Das zu § 307 Nr. 2 StGB a.F. vertretene -gegenläufige -systematische Argument, auch § 307 Nr 1 StGB a.F. verlange einen solchen Zusammenhang (BGHSt 40, 251, 256), hat keine Bedeutung mehr, weil § 306 c StGB die Voraussetzung eines räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs hat entfallen lassen, auf eine entsprechende Einschränkung in § 306b II Nr. 1 StGB ist bewusst verzichtet worden (BTDrucks. 13/8587 S. 11 f. , 13/9064 S. 22).
Die Anwendung des § 306b II Nr. 2 StGB auf einen Fall wie den hier zu beurteilenden wird auch durch die Neuregelung der §§ 265 und 263 II Nr. 5 StGB nicht ausgeschlossen, ein Vorrang dieser Tatbestände - etwa unter dem Gesichtspunkt der Exklusivität oder einer Gesetzeskonkurrenz - besteht nicht. Die in der vorbeschriebenen Verknüpfung nach Auffassung des Gesetzes liegende besondere Unrechtssteigerung wird nicht durch die §§ 263 III Nr. 5, 265 StGB n.F. abschließend erfasst oder abgegolten. Dagegen spricht schon, dass § 263 III Nr. 5 StGB keinen echten Straftatbestand, sondern nur eine Strafzumessungsregel enthält, die - und das auch nur für den Regelfall - zudem nur einen Strafrahmen von sechs Monaten bis zehn Jahren vorsieht; sie bleibt damit - in Umkehrung der gesetzgeberischen Wertung - noch hinter dem Grundtatbestand des § 306a StGB zurück. Eine mildere Beurteilung des “Versicherungsbetrugs” bezweckt die Neuregelung ohnehin nicht (BGH NStZ-RR 1998, 235 [3, Strafsenat], NStZ 1999, 32, 33; 243, 244; BGH, Beschlüsse vom 25. Juni 1998 - 1 StR 254/98 und vom 20. Mai 1999 - 4 StR 718/98, a. A. Hecker aaO). Einem im Verhältnis zu diesem gesteigerten Unrecht solcher Handlungen, die eine Gemeingefahr auszulösen vermögen, ist durch Anwendung des jeweils einschlägigen gemeingefährlichen Delikts - hier §§ 306a I Nr. 1, 306b II Nr. 2 StGB - Rechnung zu tragen (so BTDrucks. 13/9064 S. 20).“ (BGHSt 45, 211)
Da mittlerweile auch das BVerfG die Verfassungsgemäßheit dieser Rechtsprechung festgestellt hat, ist es nicht verwunderlich, wenn der BGH auch weiterhin daran festhält und ausführt:
„Denn der Betrug zum Nachteil der Versicherung, der durch die (schwere) Brandstiftung ermöglicht werden sollte, stellt eine andere Straftat im Sinne dieses Straftatbestandes dar (BGH, Urteil vom 23. September 1999 - 4 StR 700/98, BGHSt 45, 211, 216 f.; Beschluss vom 29. September 1999 - 3 StR 359/99, NStZ 2000, 197, 198), sodass der Täter wegen besonders schwerer Brandstiftung zu bestrafen ist, wenn es ihm bei der Brandlegung auf die Ermöglichung des Betruges ankommt.
Schuldstrafrechtliche Bedenken, die sich aus der hohen Mindeststrafe des § 306b II Nr. 2 StGB von fünf Jahren ergeben könnten, rechtfertigen es nicht, durch eine einengende Auslegung des § 306a StGB zugleich die Tatbestandsvoraussetzungen des § 306b II StGB entfallen zu lassen. Zwar sieht § 306b StGB eine Strafrahmenverschiebung in minder schweren Fällen nicht vor. Doch beruht dies auf einer von der Rechtsprechung hinzunehmenden Entscheidung des Gesetzgebers, der sich damit innerhalb des verfassungsrechtlich zulässigen gesetzgeberischen Beurteilungsspielraums bewegt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. November 2010 - 2 BvL 12/09, BVerfGK 18, 222, 239 ff.).“
C. Fazit
Eine lehrreiche Entscheidung zu den Brandstiftungsdelikten, die immer wieder Gegenstand von Prüfungsaufgaben sind. Jeder Student / Referendar sollte sich vor der Prüfung intensiver mit der Systematik und den “klassischen” Definitionen und Auslegungsproblemen der §§ 306 ff. StGB auseinandersetzen. Idealerweise mit Jura-online.
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