BGH: Abrenzung zwischen Namens- und Identitätstäuschung beim Gebrauchtwagenkauf

Der Beklagte (B) vermiete ein ihm gehörendes Wohnmobil an V, von dem er es nach Ablauf der Mietzeit nicht zurückerhielt. V bot das Wohnmobil vielmehr per Zeitungsinserat zum Kauf an. Auf dieses Inserat wurde der klagende Gebrauchtwagenhändler (K) aufmerksam. Er konaktierte V über die im Inserat angegebene Handy-Nummer; man vereinbarte ein Treffen, um das Geschäft abzuwickeln. K traf dort niemanden an und hielt Rücksprache mit  V, der erklärte, dass sich K zu einem nahegelegenen Parkplatz begeben solle, auf dem sich das Wohnmobil befinde. Dort traf M auf V; man einigte sich auf einen Kaufpreis von 9.000 €. K formulierte handschriftlich einen Kaufvertrag, den er unterschrieb. Als Verkäufer wurde der Name des B eingetragen. V unterschrieb mit dem Nachnamen des B. K übergab seinem Verhandlungspartner den Kaufpreis in bar. Ihm selbst wurden das Wohnmobil sowie die auf B ausgestellten, aber - für K nicht erkennbar - gefälschten Papiere des Fahrzeugs (Kraftfahrzeugschein und Kraftfahrzeugbrief) ausgehändigt. Kurze Zeit später wurde das Wohnmobil bei K von der Polizei sichergestellt. Diese gab das Wohnmobil an B heraus. Kann K das Wohnmobil von B herausverlangen?

Der Bundesgerichtshof (Urt. v. 1.3.2013, Az. V ZR 92/12) gab dem K - gestützt auf § 985 BGB - Recht.

Im Zentrum der Entscheidung steht die Frage, ob K das Eigentum von dem nichtberechtigten V gutgläubig (§§ 929, 932 BGB) erworben hat. Dafür müssten sich K und V zunächst über den Eigentumsübergang geeinigt haben (§ 929 S. 1 BGB).

K handelte im eigenen Namen, aber wer wurde sein Vertragspartner? V, der mit dem Namen des B unterschrieb, handelte nämlich nicht im eigenen Namen, mangels Offenlegung aber auch nicht im Namen des B. Vielmehr handelte er unter fremden Namen, nämlich in dem des B. Bekanntlich ist in einem solchen Fall danach zu unterscheiden, ob aus der insoweit maßgeblichen Sicht der anderen Partei (hier: K) - ein Geschäft des Namensträgers (hier: B) oder ein Eigengeschäft des Handelnden (hier: V) vorliegt.

Ein Geschäft des Namensträgers ist anzunehmen, wenn das Auftreten des Handelnden auf eine bestimmte andere Person hinweist und die andere Partei der Ansicht sein durfte, der Vertrag komme mit dieser Person zustande. Im Falle einer solchen Identitätstäuschung sind die Grundsätze über die Stellvertretung (§§ 164 ff. BGB) entsprechend anzuwenden. Dann hätte die Klage des K abgewiesen werden müssen. Denn eine Vertretungsmacht stand dem V - auch unter Rechtsscheinsgesichtspunkten (bspw. nach den Grundsätzen über die Anscheinsvollmacht) - nicht zu. Eine wirksame Einigung hätte es nicht gegeben (§ 177 Abs. 1 BGB analog).

Ein Eigengeschäft unter falscher Namensangabe - aus dem der Handelnde selbst verpflichtet wird - ist hingegen dann gegeben, wenn die Benutzung des fremden Namens bei der anderen Vertragspartei keine Fehlvorstellung über die Identität des Handelnden hervorgerufen hat, diese den Vertrag also nur mit dem Handelnden abschließen will (sog. Namenstäuschung). In diesem Fall läge eine wirksame Einigung zwischen K und V vor.

In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, wer bei dem Erwerb eines gebrauchten Kraftfahrzeuges Vertragspartner wird, wenn der Veräußerer unter fremden Namen auftritt. Der Bundesgerichtshof hat nun entschieden, dass allein das Auftreten des V unter dem aus den Fahrzeugpapieren ersichtlichen Namen des B noch nicht zur Annahme führe, Kaufvertrag und - hier von Interesse (Trennungsprinzip!) - die dingliche Einigung seien mit dem Namensträger B zustande gekommen. Denn:

“Für den Erwerber ist grundsätzlich die Übereinstimmung der Namen des Veräußerers und des aus dem Fahrzeugbrief ersichtlichen Halters von Belang, nicht aber die hinter dem Namen stehende Person. Gibt sich der Veräußerer eines unterschlagenen Kraftfahrzeuges unter Vorlage der Fahrzeugpapiere als dessen Eigentümer aus, so begründet dies allein noch keine Identitätsvorstellung des Erwerbers, hinter der die Person des verhandelnden Veräußerers zurücktritt. Von einer Identitätsvorstellung des Erwerbers kann vielmehr nur ausgegangen werden, wenn der Namensträger für den Erwerber eine besondere Bedeutung hatte. Ein solcher Ausnahmefall, der beispielsweise in Betracht käme, wenn kein sofortiger Leistungsaustausch stattfindet oder wenn es sich bei dem Verkäufer um eine bekannte Persönlichkeit handelt, liegt hier jedoch nicht vor.”

Damit hatte die Klage des K Erfolg, da auch die weiteren Voraussetzungen der §§ 929, 932 BGB vorlagen. Insbesondere stand dem Erwerb vom Nichtberechtigten nicht die Bösgläubigkeit des K entgegen, da er nicht grob fahrlässig handelte (§ 932 Abs. 2 BGB). Denn K hatte sich den Kraftfahrzeugbrief vorlegen lassen. Dass dieser gefälscht war, konnte er nicht erkennen.

Der gutgläubige Erwerb war auch nicht durch § 935 Abs. 1 BGB ausgeschlossen. Denn B hatte das Wohnmobil freiwilig an V herausgegeben und damit zurechenbar den Rechtsschein gesetzt, dass V Eigentümer des Fahreugs sei.

Eine Entscheidung, die eine äußerst praxisrelevante Streitfrage betrifft und sich zudem hervorragend als Vorlage für einen Klausursachverhalt eignet.