Berufseinstieg im juristischen Fachverlag

Berufseinstieg im juristischen Fachverlag

Ein Erfahrungsbericht

Juristische Fachverlage sind für die Juristerei und unseren juristischen Diskurs essenziell. Sie sind Hüter der Vermittlung von Fachinformationen, überwachen den Qualitätsstandard und stellen die Verbreitung von neuer Rechtsprechung sicher.

Ein Jurastudium ohne die zwei größten Verlage dürfte für Dich schier unmöglich sein. Den ersten Kontakt zum Beck Verlag dürftest Du mit dem Erwerb der allerseits bekannten dtv Gesetzestexten zum BGB, StGB und GG bereits im ersten Semester machen. Die Benutzung der Datenbank „beck online“ dürfte sich dann bei Deiner ersten Hausarbeit anschließen und sich mit der Anschaffung des Grünebergs und Habersacks für Deine Examensvorbereitung abrunden.

Das Rheinland macht den Münchnern mit dem großen Otto Schmidt Verlag in Köln Konkurrenz. Aus diesem Hause stammen unter anderem die beliebten Lehrbücher von C.F. Müller und De Gruyter. Aber auch Jura Online gehört zur Verlagsgruppe. Die beiden wohl größten juristischen Fachverlage haben nicht nur gemein, dass sie Familienunternehmen mit einer langjährigen Tradition sind, sondern auch, dass sie juristische Fachinformationen auf höchstem Niveau verlegen. Aber wie sieht eigentlich die Arbeit in einem so großen Wissenschaftsverlag aus? Diese Frage kam mir während meines Jurastudiums immer mal wieder auf. Da ich schon immer „etwas mit Büchern und Journalismus“ machen wollte, nutzte ich die Chance und bewarb mich nach meinem zweiten Staatsexamen bei einem der größten Fachverlage und bin nun seit über einem Jahr als Produktmanagerin in der Verlagsbranche tätig.

Berufsbild: Juristischer Lektor/Juristische Lektorin

Aufgabenbereich

Typischerweise arbeiten in einem juristischen Fachverlag im Lektorat und Redaktion „Experten für Experten“. Nur so kann die Qualität der Wissensvermittlung gewährleistet werden. Das heißt also, dass die Lektorate mit Volljurist:innen besetzt sind. In Zeiten der Digitalisierung hat sich das Berufsbild des juristischen Lektors und der juristischen Lektorin allerdings stark verändert. Heutzutage ist man nicht mehr nur Lektor:in, sondern Produktmanager:in und betreut in der Regel zwei Bereiche im Lektorat: Zum einen den Onlinebereich und zum anderen den Printbereich. Produktmanager:innen entwickeln im Wesentlichen zielgruppengerecht das bereits bestehende juristische Verlagsprogramm weiter und sollen insbesondere neue Produkte hervorbringen. Der stetige und enge Kontakt mit Werbung und Vertrieb sowie die Marktanalyse und Beobachtung der Rechtsentwicklung sind daher unerlässlich. Gleichzeitig sind Produktmanager:innen auch für die Gewinnung und Betreuung der Autor:innen zuständig.

Grundsätzlich hat jede:r Lektor:in seinen eigenen Fachbereich mit den dazugehörigen Werken. Egal, ob eine Erstauflage oder eine Neuauflage erscheinen soll, zu Beginn eines jeden Buchprojektes steht der enge Kontakt und Austausch mit den Herausgebern auf der Agenda. Hier geht es nun darum, das Werk gemeinsam zu konzipieren und zu entwickeln bzw. zu überlegen, was an der bisherigen Struktur/Aufbau geändert werden soll, welche Abschnitte in der Neuauflage vertieft, verbessert und welche Themen neu aufgenommen werden müssen. Wir als Produktmanager:innen bringen das Wissen für eine Buchproduktion mit und die Herausgeber die Fachexpertise. Gemeinsam wird nun überlegt, wie dieses Fachwissen innovativ und praxistauglich dargestellt werden kann. Anschließend wird ein Herstellungsterminplan aufgestellt, der sich aus verschiedenen Phasen zusammensetzt:

  1. Erstellung bzw. Bearbeitung der Manuskripte

  2. Lektorat

  3. Grobumbruch: formale Bearbeitung durch die Herstellung und Erstellung einer Druckansicht durch den Satzautomaten

  4. Korrekturphase durch die Autor:innen

  5. Feinumbruch: letzte Bearbeitung durch die Herstellung und letzte Kontrolle der Druckansicht durch das Lektorat

  6. Druck

Die Arbeit im eigentlichen Lektorat beginnt mit der Einsendung der fertigen Manuskripte. Diese werden formal und inhaltlich lektoriert. Bei der formalen Bearbeitung geht es hauptsächlich darum, dass die Einhaltung der Zitierrichtlinie, die Gliederungsebenen und Überschriften kontrolliert werden, aber es werden auch die Randziffern, etwaige Tabellen und Grafiken sowie der Kolumnentitel in den Blick genommen.

Der Schwerpunkt liegt allerdings in der inhaltlichen Überprüfung des Manuskriptes. Hierzu ist es erforderlich, dass man als Lektor:in sich selbst in die Rechtsmaterie einarbeitet und auf Flughöhe zum jeweiligen Autor:in ist. Dazu gehört es, dass man nicht nur die aktuellen Gesetzgebungsvorhaben verfolgt und den jeweiligen Gesetzgebungsstand kennt, sondern auch die bereits umgesetzten Reformen präsent hat, die für das jeweilige Manuskript von Bedeutung sind. Nur so kann man überprüfen, ob alle wesentlichen Gesetzesreformen berücksichtigt wurden, richtige Normen, Richtlinien und Verordnungen zitiert wurden. Außerdem müssen Aufbau und Inhalt im Gesamten in den Blick genommen werden: Sind diese stringent, kohärent, gibt es Wiederholungen/Widersprüche? Mit das Wichtigste ist zudem, dass der/die Lektor:in Synergien zum Gesamtwerk erkennt und Verknüpfungen herstellt, da die Autor:innen in der Regel nur ihren eigenen Abschnitt im Blick haben.

Ist diese Phase abgeschlossen, werden die Manuskripte durch die Herstellung in einem Satzautomaten bearbeitet und anschließend den Autor:innen zur Korrektur zurückgegeben. In dieser Phase steht der Kontakt zu den Autor:innen wieder im Vordergrund und es werden letzte Dinge geklärt und besprochen.

Nachdem die Manuskripte durch den Satzautomaten gelaufen sind, liegen die sogenannten Grob- und Feinumbrüche vor. Also eine PDF-Datei, die die Druckfassung zeigt. Als zuständiger Lektor und Lektorin geht es nun darum, diese Dateien abschließend auf letzte formale Fehler zu überprüfen: Sind Randzahlen in Inhaltsverzeichnis und Text verrutscht, ist die Schriftart einheitlich, sind die Seitenzahlen richtig durchgezählt, sind die Überschriften richtig eingerückt, finden sich letzte Rechtschreibfehler?

Sind diese letzten Korrekturen abgeschlossen, geht das Werk in den Druck. Mit Auslieferung der Bücher ist das Buchprojekt dann vorerst bis zur nächsten Auflage abgeschlossen. Als Dank erhalten die Herausgeber und das Autorenteam im Anschluss einen Jubelbrief und selbstverständlich auch ein Freiexemplar.

Zu der Arbeit an den Manuskripten kommen noch weitere Aufgaben hinzu, die die Berufsbezeichnung „Produktmanager und Produktmanagerin“ erklären: Vorschautexte für die Werke, Umschläge und Klappentexte für den Einband des Werkes in Auftrag geben, Werbeanzeigen konzipieren, Rezensionen für das Werk einholen, die Preis- und Auflagenfestsetzung sowie die Kalkulation erstellen, Verlagsverträge aufsetzen und am Ende eines Buchprojektes die Honorierung der Autor:innen veranlassen. Nicht zu unterschätzen sind die Autorenbetreuung und die Gewinnung neuer Autor:innen. Eine funktionierende und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Autor:innen ist die Grundlage für jedes Buchprojekt und essenziell für diese Tätigkeit.

Karriereweg

Einen klassischen Karriereweg wie beispielsweise in einer Großkanzlei gibt es in einem Verlag nicht. Im Verlag steigt man als Produktmanager oder Produktmanagerin ein und bleibt in dieser Position. Es sei denn, dass zwischenzeitlich ein Posten in der Ressortleitung frei wird. Mit der Dauer der Betriebszugehörigkeit steigt dann in der Regel aber das Gehalt. Gerade in Familienunternehmen mit einer langen Tradition wie bei Otto Schmidt und dem Beck Verlag besteht eine lange Betriebszugehörigkeit der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.

Bewerbungsprozess/Berufseinstieg

Als Qualifikation für eine:n Produktmanager:in ist das zweite Staatsexamen erforderlich. Als Lektoratsreferent:in kannst Du aber auch schon mit dem ersten Examen einsteigen. Das Gehalt orientiert sich oftmals an den Tarifverträgen für Buch- und Zeitschriftenhandel. Der Bewerbungsprozess dürfte auf ein bis zwei Bewerbungsgespräche beschränkt sein.

Der anschließende Berufseinstieg erfolgt in der Regel unmittelbar mit der Betreuung des ersten „eigenen“ Buches. Neben dem Vertraut machen mit den verschiedenen Werken, den verlagsinternen Programmen und der Software, gehört es auch dazu, sich den jeweiligen Autor:innen vorzustellen und eine Bindung zu diesen aufzubauen.

Fazit

Für die Tätigkeit als Produktmanager:in solltest Du selbstverständlich Spaß am Lesen und der Aufbereitung von juristischen Texten haben. Du solltest vor allem gerne eine Arbeit erledigen, bei der es auf äußerste Präzision und Details ankommt. Gleichzeitig ist bei dem Kontakt mit den Autor:innen oftmals Fingerspitzengefühl und Einfühlungsvermögen gefragt, da Autor:innen auch gerne mal Fristen versäumen und untertauchen. Je mehr Buchprojekte Du betreust, desto mehr Spielbälle musst Du in der Luft halten. Daher ist es von Vorteil, wenn Du Dich gut strukturieren und eigenverantwortlich arbeiten kannst. In Zeiten der Digitalisierung solltest Du zudem auch eine Affinität zu digitalen Medien und online Datenbanken mitbringen, da es zunehmend im Trend ist, Werke nur für die Onlinenutzung zu konzipieren.

Autorin: Anna-Lena Garriß (Otto Schmidt Verlag)

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