Reform des Jurastudiums?

Reform des Jurastudiums?

Eine Diskussion rund um den integrierten Bachelor of Laws

Das Jurastudium in seiner heutigen Form sieht sich in letzter Zeit gehäufter Kritik entgegengesetzt. Im Zentrum der Diskussionen steht der integrierte Bachelor of Laws (LL.B.). Dabei handelt es sich um einen Bachelorabschluss, der beispielsweise nach Abschluss des Schwerpunktstudiums zum Ende des sechsten Semesters hin verliehen werden könnte. An einigen Universitäten gibt es bereits diese Möglichkeit, doch in den meisten Bundesländern wurde dies in den jeweiligen Ausbildungsordnungen noch nicht umgesetzt. Doch warum wünschen sich die meisten Jurastudierenden den integrierten Bachelor, und warum wurde dieser noch nicht flächendeckend eingeführt? In diesem Beitrag geht es um den aktuellen Stand dieser wichtigen Diskussion.

Was spricht für die Einführung des Bachelor of Laws?

Nach Abschlussbericht der Bundesfachschaft Jura wünschen sich gut 80 Prozent der Absolventinnen und Absolventen des Ersten Staatsexamens den integrierten Bachelor. Dies liegt wohl maßgeblich an dem hohen psychischen Druck, den das Staatsexamen-Modell in der juristischen Ausbildung mit sich bringt. Wer das Erste Staatsexamen nach zwei bzw. drei Versuchen nicht besteht, steht im Zweifel mit Mitte 20 ohne Abschluss bis auf das Abitur da – und das nach in der Regel mindestens fünf Jahren Studien- und Lebenszeit. Dass dies mit einem enormen Druck in der Examensvorbereitung einhergeht, der nachweislich psychische Erkrankungen bei vielen Studierenden ausgelöst hat, müsste eigentlich auf der Hand liegen. Der integrierte Bachelor würde dieser psychischen Belastung entgegentreten und eine Hintertür für diejenigen bereit halten, die kein Staatsexamen ablegen. Natürlich gibt einem ein Bachelor nicht die gleichen Möglichkeiten, wie dies der erfolgreiche Abschluss des Ersten Staatsexamen tun würde, beginnend mit der Teilnahmemöglichkeit am Rechtsreferendariat und damit bestenfalls dem Abschluss mit dem Zweiten Staatsexamen. Dies ist auch aus guten und berechtigten Gründen so, denn nur der Abschluss beider Staatsexamina soll zum Richteramt befähigen können. Doch dies stellt auch keiner der Bachelor Befürworter in Abrede. Es handelt sich rein um eine zusätzliche Möglichkeit, nach universitärer Ausbildung in einem juristischen Gebiet zu arbeiten. Denn das klassische Bild von früher, dass es für Juristen nur Stellen als Richter, Staatsanwalt oder Rechtsanwalt auf dem Markt gibt, ist heutzutage überholt. Es gibt auch Unternehmen und Kanzleien, die Arbeitnehmer:innen brauchen, die sich mit juristischen Fragen- und Aufgabenstellungen beschäftigen, für die man nicht vor Gericht auftreten können muss. Auch hierzu wurden potenzielle Arbeitgeber bereits befragt und diese können sich mitunter durchaus gut vorstellen, jemanden einzustellen, der „nur“ einen juristischen Bachelor vorzuweisen hat.

Zudem bietet ein Bachelor, wie dies gerade auch in nahezu allen anderen Studiengängen geregelt ist, die Möglichkeit, einen Master im jeweiligen Bereich anzustreben, oder einen weiteren Bachelor, beispielsweise in einem wirtschaftlichen Bereich, zu erlangen. Die Kombination dieses erlangten Wissens kann durchaus einen Mehrwert für den Arbeitsmarkt bieten, der sich abgrenzt vom „klassischen Volljuristen“.

Was spricht gegen die Einführung?

An dieser Stelle wird von Gegnern des integrierten Bachelors gerne entgegengebracht, dies würde das primäre Ziel des Jurastudiums, Abschluss mit Erstem Staatsexamen, konterkarieren. Doch wie bereits angedeutet, soll nach keiner Auffassung der Bachelor das Staatsexamen ablösen. Somit wird es auch nicht zur von manchen befürchteten „Bolognaisierung“ der Rechtswissenschaft kommen. Auch die Sorge, dass sich in der Folge viele Studierende dagegen entscheiden, das Erste Staatsexamen anzutreten, ist Sicht der Befürworter unbegründet: Wer sich für das Jurastudium entscheidet, möchte in der Regel auch mit einem oder zwei Staatsexamina abschließen, um zumindest die Möglichkeit der Ausübung aller klassischen juristischen Berufsfelder zu haben. Jedoch kann sich in mindestens acht Semestern Studienzeit einiges verändern, was diesem Ziel entgegensteht. Ein integrierter Bachelor könnte hier Abhilfe schaffen, ohne jahrelang komplett umsonst studiert zu haben.

Auch würde entgegen manchen Kommentaren der Bachelor nicht einfach „hinterhergeworfen“ werden, sondern man muss nicht nur mit der Schwerpunkt Seminararbeit eine Bachelorarbeit ähnliche Schrift verfassen und auch eine mündliche Prüfung ablegen, sondern auch die bestandenen Leistungen im Bereich der Zwischenprüfung und des Hauptstudiums sind Voraussetzung.

Fazit

Mangels überzeugender Gegenargumente dürfte doch einiges für die Einführung des integrierten Bachelor of Laws sprechen. Natürlich wird dieser hohen Verwaltungsaufwand und Organisation verursachen, es muss schließlich ein neuer Abschluss in ein bestehendes Studium integriert werden, jedoch war dies ja bereits für einige Universitäten, wie beispielsweise die Uni Potsdam und die FU Berlin, umsetzbar. Noch entscheidender sollte dies aber den Mehraufwand wert sein, schließlich geht es um nichts weniger als die mentale Gesundheit der Jurastudierenden. Daher ist es als positive Entwicklung zu begrüßen, dass in Schleswig-Holstein die Prüfung der Möglichkeit eines integrierten Bachelors in den Koalitionsvertrag aufgenommen wurde und NRW diesem sogar mit einem jüngst beschlossenen Gesetz Taten folgen ließ. Durch dieses Gesetz kann von nun an jede:r Studierende in NRW unter gewissen Voraussetzungen den Bachelor beantragen – und dies sogar rückwirkend. Es bleibt nur zu hoffen, dass bisher “Bachelor kritische” Bundesländer wie Bayern hier nachziehen. Schließlich sollte auch jenen nicht entgangen sein, dass die Anzahl an Jurastudierenden seit Jahren rückläufig ist. Angesichts des bereits jetzt bestehenden Fachkräftemangels in Anwaltschaft und Justiz sollte die Attraktivität des Studiums der Rechtswissenschaft nicht durch fragwürdige Änderungen wie die Streichung der Ruhetage dezimiert werden, sondern es müssten neue Anreize geschaffen werden, mit diesem inhaltlich lohnenswerten Studium zu beginnen. Die Einführung des integrierten Bachelor of Laws stellt für die Reform des Jurastudiums einen ersten und wichtigen Schritt in die richtige Richtung dar.

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