Kann eine nachträgliche Zahlung die Kündigung beseitigen?

Kann eine nachträgliche Zahlung die Kündigung beseitigen?

LG Frankenthal zum Mietzahlungsrückstand

Das Mietrecht betrifft uns alle im Alltagsleben. Gerade deswegen finden mietrechtliche Streitigkeiten überdurchschnittlich oft ihren Weg zu den Gerichten. Das wiederum ist immer ein Indikator, dass sie ebenso häufig auch den Eingang in Deine juristischen Klausuren finden. Oft geht es hierbei um bestimmte Schönheitsreparaturen, die ein Mieter nicht vorgenommen hat. Diese lassen sich mit einer Prüfung der Rechtmäßigkeit der Klausel im Mietvertrag verbinden und sind daher gern genutzter Prüfungsstoff. Anders ist es hier. In der vorliegenden Entscheidung (Az. 2 S 118/23, Urteil vom 01.03.2024) hat sich das LG Frankenthal mit der Wirksamkeit der Kündigung trotz vollständiger Zahlung der Mietrückstände befasst. Worauf Du in solchen Fällen achten musst, zeigt Dir die Entscheidung sehr anschaulich.

Was war geschehen?

Die Kläger sind Vermieter einer Wohnung, in der die Beklagte seit zwei Jahren wohnt. Aufgrund von Zahlungsrückständen in Höhe von zwei Monatsmieten für die Monate März und April 2023 kündigten die Kläger am 21.04.2023 den Mietvertrag fristlos – aus wichtigem Grund – sowie ordentlich wegen Verletzung der vertraglichen Zahlungspflicht. Dabei stützten sie diese unter anderem darauf, dass die Beklagte auch in dem Haus randaliert hätte. Die Beklagte widersprach diesen Kündigungen. Die Vermieter legten sodann Klage ein und beantragten die Beklagten zu verurteilen, die Wohnung unmittelbar zu und an die Kläger herauszugeben. Während des laufenden Gerichtsverfahrens zahlte dann aber der Bruder der Beklagten am 14.06.2023 die Zahlungsrückstände bis einschließlich Juli. Doch reicht die nachträgliche Zahlung aus, damit die Kündigungen unwirksam werden?

Entscheidung des Gerichts

Nach dem Amtsgericht Grünstadt hat nun auch das Landgericht Frankenthal die Klage abgewiesen. Die Kündigung wegen der rückständigen Miete gemäß § 573 II Nr. 1 BGB sei zu Recht erfolgt, weil allein maßgeblich sei, dass die Mieterin im Zeitpunkt der Kündigung mit zwei Monatsmieten im Rückstand gewesen sei.

Die gesetzliche Regelung des § 569 III Nr. 2 S. 1 BGB, wonach ein Mietrückstand nachträglich ausgeglichen werden kann, gelte in dieser Form nur für die außerordentliche Kündigung und sei als Ausnahmevorschrift eng auszulegen. Eine analoge Anwendung auf die ordentliche Kündigung lehne zudem der BGH in ständiger Rechtsprechung ab.

Hier hätten die Vermieter aber gerade sicherheitshalber auch noch ordentlich gekündigt, welche durch die nachträgliche Zahlung nicht beseitigt werden könne. Das Gericht wies darauf hin, dass bei einer ordentlichen Kündigung noch zu prüfen sei, ob es unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB für die Vermieter zumutbar sei, auf die Räumung zu verzichten, weil eben keine Rückstände mehr bestünden. Hierfür sah das LG Frankenthal allerdings im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte.

Auch die Voraussetzungen des § 574 BGB für einen wirksamen Widerspruch der Mieterin gegen die Kündigung lägen nicht vor. Hier hätten aufgrund des Zahlungsverzugs gerade auch die Voraussetzungen der fristlosen Kündigung gemäß § 543 II Nr. 3 lit. a BGB vorgelegen, sodass die Widerspruchsmöglichkeit nach § 574 I 2 BGB ausgeschlossen sei. Dafür sei insbesondere unerheblich, dass die außerordentliche Kündigung aufgrund des erfolgten Ausgleichs der Mietrückstände innerhalb der Schonfrist unwirksam geworden sei.

Prüfungsrelevanz

Das Mietrecht gehört neben dem Kaufrecht zu den wichtigsten und klausurrelevantesten Vertragsarten aus dem Schuldrecht BT. Aus dieser Entscheidung solltest Du Dir merken, dass der äußerst prüfungsrelevante § 569 III Nr. 2 S. 1 BGB (also der Ausgleich der rückständigen Miete) nur auf die außerordentliche Kündigung Anwendung findet. Kündigt der Vermieter wie hier daneben auch ordentlich, vermag eine Ausgleichszahlung die Wirksamkeit der Kündigung nicht zu beeinträchtigen. Eine analoge Anwendung des § 569 III Nr. 2 S.1 BGB lehnt der BGH ab.

Bei der ordentlichen Kündigung käme als Einfallstor lediglich eine Abwägung im Rahmen des Treu und Glaubens Grundsatzes nach § 242 BGB in Betracht. Dafür müsste der Klausursachverhalt Dir dann aber sehr deutliche Hinweise liefern, warum es für den Vermieter zumutbar sei, dass der Mieter in der Wohnung verbleibt. Gleiches gilt für den Widerspruch nach § 574 BGB. Wenn das Prüfungsamt eine unangemessene Härte für den Mieter als gegeben ansieht, würde es sprichwörtlich gesagt “mit dem Zaunpfahl” winken. Dann solltest Du die Hinweise dankbar (weil Du die favorisierte Lösung des Prüfungsamtes schon erahnst) in Deine Klausurlösung einbauen und mit einer guten juristischen Argumentation Punkte einsammeln. Übrigens lohnt sich an dieser Stelle ein Blick in das GVG und die ZPO, denn für Mietsachen gilt nach § 23 Nr. 2a GVG unabhängig vom Streitwert die sachliche und nach § 29a I ZPO die ausschließlich örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts in dessen Bezirk sich die Wohnung befindet. Das ist eine beliebte Zusatzfrage. Viel Erfolg!

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