Wie ich mich auf Prüfungen und auf das Examen vorbereitet habe
Die Situation kennt wohl jeder, der Jura studiert hat oder aktuell noch studiert. Viel zu lange hat man die Klausurvorbereitung hinausgeschoben und am Ende bleibt nur noch Zeit für die wichtigsten Definitionen und Schemata, die dann meistens am Tag vor der Klausur noch inhaliert werden. Nach der Klausur dann sind alle anderen Dinge spannender und wichtiger und Stoff wiederholt wird eher nicht. Vor der nächsten Klausur wiederholt sich die ganze Prozedur dann wieder von vorne. Dass das langfristig noch der optimalste Weg ist, dürfte wohl klar sein. Wie man den Lernstoff einigermaßen bewältigen kann und wie sich meine Prüfungsvorbereitung im Laufe der Zeit verändert hat, möchte ich Euch nachfolgend kurz erläutern.
Zu Beginn meines Studiums hatte ich kaum kontinuierlich mitgelernt, sondern lediglich unmittelbar vor den jeweiligen Prüfungen für das jeweilige Fach gelernt, was damals im Ergebnis auch noch recht gut geklappt hat. Das lag aber vermutlich eher daran, weil die Klausuren anfangs meist recht machbar gestellt wurden. Als es dann ins Hauptstudium ging und an die Scheinklausuren merkte ich aber schnell, dass meine bisherige Vorgehensweise nicht mehr so Recht aufgehen wird, da die Klausuren von der Stoffmenge jetzt deutlich umfangreicher waren und die Dozenten - völlig nachvollziehbar im Hinblick auf das spätere Examen - auch den Stoff nicht mehr wirklich eingegrenzt hatten. Langsam wurde mir bewusst, dass sich durch das “nur auf die nächste Klausur Lernen” auch einige Wissenslücken eingeschlichen hatten und ich einige, teils auch grundlegende Dinge nicht richtig konnte. Daraufhin habe ich meine Lernroutine gänzlich umgestellt und möchte Euch kurz meine Ratschläge an die Hand geben, die auch mir geholfen haben, mein Studium erfolgreich abzuschließen.
1. Kontinuierliches Wiederholen aller - auch unliebsamer - Themen
Wie sich der Überschrift schon entnehmen lässt, ist es meines Erachtens von zentraler Bedeutung stets den gesamten Stoff bzw. jedenfalls die Grundkonstellationen der einzelnen Rechtsregime zu wiederholen. Wie funktioniert das kaufrechtliche Mängelrecht? Wie funktioniert der gutgläubige Zweiterwerb einer Hypothek? Welche Klagearten gibt es im Verwaltungsprozessrecht und welche Zulässigkeitsvoraussetzungen haben sie? Der Fokus sollte dabei u.a. auch auf den Themen liegen, die man eher nicht so gut kann bzw. die einem eher schwerer fallen. Nicht selten habe ich mich selbst dabei ertappt, immer wieder diejenigen Rechtsgebiete zu wiederholen, die mir besonders liegen und auf der anderen Seite das nervige Immobiliarsachenrecht außen vor zu lassen. Um den Stoff zu wiederholen, bietet es sich meiner Erfahrung nach an, selbst Zusammenfassungen anzulegen bzw. Skizzen anzufertigen und dann anhand des Gesetzestextes die jeweiligen Konstellationen nachzuvollziehen. Auch das Erstellen eigener Karteikarten - etwa in digitaler Form - ist hier äußerst sinnvoll, da man diese auch noch in der späteren Examensvorbereitung nutzen (und dort dann ggf. auch weiter ergänzen kann).
2. Durcharbeiten von Altklausuren
Der Punkt, der mir mit Abstand am meisten gebracht hat, war, alte Klausuren aus vergangenen Jahrgängen zu gliedern. An fast allen Universitäten stellen die Fachschaften entsprechende Klausurensammlungen zusammen. Auf diese Weise erhält man einen recht guten Einblick, welche Themen die jeweiligen Professoren gerne stellen und wie ihre Fragestellung in etwa ist. Gleiches gilt auch in Hinblick auf das erste Staatsexamen. Zwar kann man die Sachverhalte in der Regel nicht ohne Weiteres bei den Landesjustizprüfungsämtern gesammelt herunterladen, es gibt aber durchaus Möglichkeiten, um an alte Originalklausuren zu kommen. So bieten die meisten Universitäten etwa ein sog. Probeexamen an, also einen Klausurenkurs, in dem das echte Examen simuliert werden soll. Hierfür werden idR. Sachverhalte verwendet, die so auch im echten Examen gelaufen sind. Außerhalb davon kann auch auf Gedächtnisprotokolle aus Examensreporten - z.B. bei Jura Online - zurückgegriffen werden. Schnell merkt man, dass sich die Klausuren durchaus hinsichtlich des Aufbaus bzw. der Fragestellungen und behandelten Themen in gewisser Weise ähneln und manche Thematiken vermehrt abgeprüft werden. So wurden etwa im bayerischen ersten Staatsexamen kaufrechtliche Mängelrechte fast ununterbrochen in vergleichbaren Aufgaben geprüft. Man bekommt also ein gutes Gespür für die Klausursachverhalte, wenn man vorher mit Originalklausuren übt. Freilich muss man die Lösung nicht immer ausformulieren. Es reicht völlig aus, sich Gedanken zu machen, den Fall zu gliedern und anhand der Lösung die gemachten Fehler nachzuvollziehen.
3. Praxis anstelle von Theorie
Freilich wird es nicht jedem so gehen, mir jedenfalls aber hat es immer deutlich mehr gebracht, Fälle zu lösen und mir mein Wissen anhand praktischer Übung anzueignen als nur Lehrbücher oder Skripte durchzuarbeiten. Meines Erachtens ist der Lerneffekt hierbei deutlich größer und es macht insofern auch mehr “Spaß” als nur trockene Informationen auf eng beschriebenen Seiten durchzulesen. Man braucht einen gewissen Kenntnisstand, um die Fälle einigermaßen bearbeiten zu können, man sollte sich aber auch durchaus an solche wagen, die einen auf den ersten Blick überfordern, da man meistens mit der schlichten Anwendung des Gesetzeswortlauts schon ziemlich weit kommen kann und dadurch die Fähigkeit, durch Auslegung zum richtigen Ergebnis zu kommen, bestens trainiert wird.
4. Fokus auf die Vorbereitung
Anfangs dachte ich immer, dass es am meisten Sinn macht, wenn ich die in den Vorlesungen oder Übungen besprochenen Fälle gründlich wiederhole. Allerdings neigt man dann automatisch dazu, dass man sich beim Durchlesen der Lösung denkt “ach, das hätte ich sowieso gewusst” bzw. “ach, das ist ja ganz einfach”. Wenn man dann allerdings vor dem gleichen Problem erneut steht und keine Lösung zur Hand hat, merkt man oft, dass man die Konstellation noch nicht ganz durchdrungen hat. Insofern ist mein Ratschlag, dass der Fokus immer auf der Vorbereitung liegen sollte, u.a. auch deshalb, weil so die bereits oben angesprochene Fähigkeit, mit noch unbekannten Problemen umzugehen, bestens gefördert wird und man genau sieht, was man kann und was eben gerade noch nicht.
5. Mitarbeit in der Vorlesung
Gerade in Hinblick auf mündliche Prüfungen halte ich es für äußerst hilfreich, wenn man sich aktiv an den Vorlesungen durch Wortbeiträge beteiligt. Auch wenn die Antwort einmal falsch sein sollte, ist das keinesfalls schlimm und man braucht hier auch kein ungutes Gefühl haben. Zum einen hätten es die meisten anderen vermutlich auch nicht gewusst und sind nur selbst zu schüchtern, um sich zu melden - zum anderen lernt man aus Fehlern bekanntlich am besten. Außerdem nimmt einem das Sprechen vor einer großen Gruppe in Hinblick auf Prüfungen die Aufregung und hilft ungemein, juristische Formulierungen zu üben.
6. Lerngruppe
Was ebenfalls sehr förderlich sein kann, ist eine Lerngruppe. Beim gemeinsamen Bearbeiten von Fällen bekommt man einen Einblick, wie die anderen an den Fall herangehen und welche Lösungsansätze sie haben. Meiner Erfahrung nach ist angesichts der Diskussion in der Gruppe der Lerneffekt dann auch besonders groß. Mir ging es während Prüfungen oft so, dass mir eingefallen ist, “ach, das hatten wir ja in der Lerngruppe schon mal besprochen und dann so gelöst”. Nicht zuletzt ist es auch gerade vor wichtigen Prüfungen von zentraler Bedeutung, wenn man Kollegen hat, mit denen man sich gemeinsam auf die Klausur vorbereitet und sich dadurch gegenseitig motiviert.
Abschließend sei gesagt, dass die oben genannten Tipps keine allgemein verbindlichen Maßgaben sind und jeder schlicht ein anderer Lerntyp ist, sodass manches für den einen funktioniert, für den anderen aber nicht.
Und damit: Viel Erfolg für Eure kommenden Prüfungen und Klausuren!
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