Verstößt Mitarbeiterin gegen Treuepflicht?
Klausuren aus dem Arbeitsrecht stehen bei den meisten Studierenden nicht wirklich hoch im Kurs. Dabei triffst Du gerade im Arbeitsrecht meistens auf Standard-Konstellationen, die lediglich um einzelne aktuelle Aspekte angereichert sind. Ganz oben steht wohl die Kündigungsschutzklage. Über eine solche hatte auch das Arbeitsgericht Köln - in einem prüfungsrelevanten Fall - jüngst zu entscheiden.
Was ist passiert?
Die 64-jährige A war seit 2000 bei der Stadt Köln beschäftigt. Zuletzt war sie als zentrale Ansprechpartnerin für das Beschwerdemanagement im Umwelt- und Verbraucherschutzamt tätig. Ende 2023 nahm sie an einem Treffen in Potsdam teil, über das Medien im Nachhinein berichteten, weil dort mutmaßlich rechtsextreme und ausländerfeindliche Themen besprochen wurden. Die A genoss tarifvertraglich Kündigungsschutz, sodass die Stadt Köln zumindest nicht ordentlich kündigen konnte. Daher kündigte die Stadt anlässlich des oben geschilderten Ereignisses das Arbeitsverhältnis mehrfach außerordentlich. Sie begründete dies mit einem Verstoß gegen die Loyalitätspflicht der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber. A wollte dies aber nicht auf sich sitzen lassen und klagte vor dem Arbeitsgericht Köln auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigungen nicht aufgelöst wurde.
Rechtliche Einordnung
Aus materiell-rechtlicher Sicht geht es um die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung nach § 626 BGB. Hierbei prüfst Du zweistufig. Zunächst bedarf es eines abstrakt wichtigen Grundes, der dann auch im konkreten Einzelfall die fristlose Kündigung rechtfertigt. Dabei musst Du die negative Prognose für das weitere Zusammenarbeiten, den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und die Interessenabwägung im eigentlichen Sinne berücksichtigen.
Die Entscheidung des Gerichts
Das Kölner Arbeitsgericht gibt der Klage von A statt. Die angegriffenen außerordentlichen Kündigungen seien allesamt unwirksam, denn ein wichtiger Grund liege hier nicht vor.
Zunächst sei es grundsätzlich richtig, dass den Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst eine gewisse politische Treuepflicht treffe. Allerdings müsse hierbei zwischen einer einfachen und einer gesteigerten Treuepflicht differenziert werden. Das Maß an politischer Loyalität, das der Arbeitnehmer gegenüber seinem Arbeitgeber an den Tag legen muss, sei von der beruflichen Stellung und dem Aufgabenbereich abhängig.
A sei zwar als zentrale Ansprechpartnerin in Umwelt- und Verbraucherschutzangelegenheiten tätig, habe aber keineswegs eine leitende Führungsposition inne. Sie unterliege demnach lediglich einer einfachen politischen Treuepflicht gegenüber der Stadt Köln.
Verletzt werde eine solche einfache Treuepflicht allerdings erst dann, wenn der Mitarbeiter ein Verhalten an den Tag lege, das konkret darauf gerichtet sei, verfassungswidrige Ziele aktiv zu fördern oder zu verwirklichen. Gemessen daran stelle das Verhalten der A, also die Teilnahme am sogenannten Potsdamer Treffen keine Verletzung dar, weil die bloße Anwesenheit bei der Veranstaltung die Schlussfolgerung, dass A die dort mutmaßlich geäußerten Redebeiträge teile, nicht rechtfertige. Im Übrigen habe die Beklagte auch gar nicht behauptet, dass die A die in den dortigen Reden zum Ausdruck gekommenen verfassungsfeindlichen Ziele inhaltlich teile.
Nach alledem seien die Kündigungen der Stadt Köln also unwirksam, das Arbeitsverhältnis bestehe deshalb fort.
Prüfungsrelevanz
Wie bereits eingangs erwähnt, wird im Rahmen von arbeitsrechtlichen (Examens)klausuren in den meisten Aufgaben nach den Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage gefragt. In der Begründetheit musst Du dann lediglich die Wirksamkeit der Kündigung prüfen, wobei hier meist der Anknüpfungspunkt besteht, aktuelle Rechtsprechung und Thematiken einzubauen.
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