Kostspieliger Gratiskopfhörer

Kostspieliger Gratiskopfhörer

OLG Frankfurt zum Preisfehler beim Onlinekauf

Mydealz und vergleichbare Portale dürften wir wohl alle kennen. Nicht selten posten Mitglieder dort Links zu diversen Preisfehlern auf den Webseiten großer Ketten. Anfangs ist die Freude bei vielen groß, wenn das neueste iPhone aufgrund einer fehlerhaften Rabattierung nur rund zehn Prozent vom Ausgangspreis kostet. Diese Euphorie verfliegt dann aber doch recht schnell, denn mittlerweile dürfte meist auch den juristischen Laien bekannt sein, dass durch den bloßen Bestellvorgang in der Regel kein wirksamer Kaufvertrag zustande kommt. Erst das Absenden der Ware führt meist zu der Annahme des Vertrages.

Doch wie verhält es sich, wenn der Händler die Gratisbeigabe zu einem Produkt verschickt, das einen Preisfehler aufweist?

Was ist passiert?

Ein Kunde entdeckte auf einer Website ein aktuelles iPhone, das aufgrund eines Preisfehlers statt für 928 Euro lediglich mit 92 Euro ausgezeichnet war. Zu dieser Zeit lief im Webshop des Händlers auch eine Aktion, wonach einige Bestellungen neben den Produkten eine Gratisbeilage - nämlich Kopfhörer im Wert von knapp 100 Euro - enthielten. Der Kunde entschloss sich kurzerhand, das besagte Handy mehrfach zu bestellen und beglich auch den Kaufpreis umgehend. Aus den allgemeinen Geschäftsbedingungen des Händlers folgte, dass ein Vertrag erst dann zustande kommt, wenn der Händler den bestellten Artikel versendet und den Kunden darüber informiert. Kurz nach der Bestellung versendete der Händler zwar die kostenlosen Kopfhörer, nicht aber die Smartphones. Der Händler berief sich im Rahmen einer Anfechtung auf den Preisfehler. Der Kunde wollte das so aber nicht hinnehmen und klagte vor dem Frankfurter Landgericht auf Lieferung der iPhones. Das LG gab der Klage statt. Der Händler legte dagegen umgehend Berufung ein. Was sagt nun das OLG Frankfurt zu der Sache?

Rechtliche Einordnung

Knackpunkt des Falles ist, ob zwischen den beiden Parteien ein Kaufvertrag auch hinsichtlich der iPhones zustande gekommen ist. Nur dann könnte der Kunde nämlich gem. § 433 II BGB Übergabe und Übereignung der bestellten Ware verlangen. Hierbei relevant ist die Frage, worin genau (und worin auch nicht) ein Angebot bzw. eine Annahme der Beteiligten zu sehen ist. Dass mangels Rechtsbindungswille im “Angebot” der Ware auf der Website noch kein Angebot im rechtlichen Sinne liegt (sondern nur eine sog. invitatio ad offerendum), weißt Du sicher schon. Grundsätzlich nimmt der Händler das Angebot des Kunden (Bestellung) erst durch Versenden der Ware an. Hier versendet der Händler aber nur die Kopfhörer und gerade nicht die iPhones. Spannend ist also, ob das Versenden der gratis Kopfhörer gleichzeitig auch die Annahme des gesamten Kaufvertrags bedeutet.

Die Ansicht des OLG Frankfurt am Main

Das Oberlandesgericht teilt die Auffassung des Landgerichts. Zwischen den Parteien seien Kaufverträge über die Smartphones wirksam zustande gekommen. Zwar habe der Händler den vom Kunden durch Absendung der Bestellung abgegebenen Antrag auf Abschluss eines Kaufvertrags nicht schon durch die automatische Bestellbestätigung angenommen, später aber durch die anschließende Übersendung der kostenlosen Kopfhörer.

Hierbei differenziert das Gericht auch zwischen der Bestellung mehrerer kostenpflichtiger Artikel und dem zugrunde liegenden Fall. Es mag zwar richtig sein, dass bei getrennter Versendung mehrerer kostenpflichtiger Waren ein Kaufvertrag nur insoweit zustande komme, als der Händler das jeweilige Produkt versendet, das gelte so aber nicht in gleicher Weise, wenn die Bestellung - wie hier - eine Gratisbeilage enthalte.

Für die Zusendung der kostenlosen Kopfhörer sei hier nämlich gerade unbedingte Voraussetzung, dass ein Kaufvertrag auch über das Hauptprodukt - also Smartphone mit Preisfehler - bestehe. Zwischen Handy und Beilage bestehe ein untrennbarer Zusammenhang. Dies folge letztlich auch aus den Aktionsbedingungen.

Die Mitteilung des Händlers bezüglich des Versandes der Kopfhörer dürfe nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte so verstanden werden, dass er damit auch den Vertrag über die fälschlicherweise rabattierten Telefone bestätigt habe. Dies gelte insbesondere deshalb, weil der Händler den Preisfehler noch am Bestelltag korrigiert habe und somit zum Zeitpunkt der Versandbestätigung auch von interner Kenntnis der falschen Auszeichnung zu rechnen sei.

Prüfungsrelevanz

Das Zustandekommen von Verträgen im Internet ist ein absoluter Prüfungsklassiker. Hier können die Prüfungsämter sowohl Probleme des BGB AT als auch der §§ 312 ff. BGB miteinander kombinieren. Erst jüngst war die Thematik auch Gegenstand des Märzdurchgangs im bayerischen Examen. Auch für Referendare hält der Fall ein Schmankerl bereit: Das OLG Frankfurt äußerte sich nämlich im Rahmen eines sog. Hinweisbeschlusses. Es gab dem Händler den Hinweis, die Berufung habe keine Aussicht auf Erfolg, sodass er sein Rechtsmittel daraufhin zurückzog.

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