Arbeitnehmerin täuscht über ihre Impffähigkeit

Arbeitnehmerin täuscht über ihre Impffähigkeit

Liegt ein wichtiger Grund gem. § 621 I BGB vor?

Die Coronapandemie ging wohl an niemandem spurlos vorbei. Es gab zahlreiche Beschränkungen und Vorgaben, die sich auch auf den Arbeitsalltag ausgewirkt haben. Als die ersten Impfstoffe auf dem Markt verfügbar waren, waren einige skeptisch und zögerlich. Nicht jeder wollte sich direkt impfen lassen und es hat einige Zeit gedauert, bis die Bevölkerung der Impfung Vertrauen schenkte.

Für einige Berufsgruppen war eine Impfung verpflichtend, was viele Arbeitnehmer verängstigte. Ob die Täuschung über die Impffähigkeit einer Arbeitnehmerin eine fristlose Kündigung rechtfertige, hatte jüngst das BAG zu entscheiden.

Worum geht es?

Die Klägerin, welche von Beruf Krankenschwester ist, wollte sich während der Pandemie der einrichtungsbezogenen Impfpflicht entziehen. Im Internet erwarb sie gegen Zahlung einer Gebühr und Eingabe ihrer persönlichen Daten eine „Bescheinigung einer vorläufigen Impfunfähigkeit gegen das Corona Sars-CoV-2“. Aus der Bescheinigung geht hervor, dass die Klägerin aufgrund der ärztlichen Einschätzung und Bewertung vor einer Impfung mit Covid-19-Impfstoffen von einem Facharzt für Allergologie überprüft werden müsse, da die Gefahr bestünde, dass die Klägerin schwere bis tödliche Nebenwirkungen von der Impfung davontragen könne. Tatsächlich hat jedoch keine Kommunikation zwischen der Krankenschwester und der angeblichen Ärztin, die das Attest ausgestellt hatte, stattgefunden. Die Klägerin legte dieses Attest ihrem Arbeitgeber vor, welcher es sodann an das Gesundheitsamt weiterleitete, wo das Attest dann als Fälschung erkannt wurde, weil es die ausstellende Ärztin gar nicht gab. In der ersten Instanz war die Kündigungsschutzklage noch erfolgreich, doch vor dem LAG hatte die Klägerin schon keinen Erfolg und auch ihre Revision vor dem BAG wurde nun abgewiesen.

Entscheidung des Gerichts

Das Gericht ist der Auffassung, dass die vorliegende Täuschung über die Impffähigkeit der Klägerin im Zeitpunkt der Coronapandemie eine erhebliche Verletzung einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht gemäß § 241 II BGB sei. Diese gravierende Nebenpflichtverletzung stelle einen wichtigen Grund nach § 626 I BGB dar. Hierbei sei es irrelevant, ob sich die Klägerin mit der Fälschung strafbar gemacht habe. Ausschlaggebend sei, dass sie den Irrtum hervorgerufen habe, sie sei tatsächlich ärztlich untersucht worden.

Es sei nicht erforderlich gewesen, die Klägerin vorher abzumahnen, weil die Pflichtverletzung derart schwerwiegend sei, dass der Arbeitgeber diese nicht mal einmalig hinnehmen müsse. Im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung kommt auch das BAG zu dem Ergebnis, dass es dem Arbeitgeber nicht zumutbar gewesen sei, die Klägerin auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen. Die Interessenabwägung müsse auch nicht deshalb zugunsten der Klägerin ausfallen, weil sie nur über eine vorläufige Impfunfähigkeit getäuscht habe und nicht über eine tatsächlich erfolgte Impfung. Nur weil schwerwiegendere Pflichtverletzungen denkbar seien, verringert sich dadurch nicht das Gewicht der tatsächlich begangenen Pflichtverletzung.

Ausblick

Wenn Dir Arbeitsrecht in der Klausur begegnet, dann wohl sehr wahrscheinlich im Gewand der Kündigungsschutzklage. Daher empfehlen wir Dir, diese Thematik und vor allem das Prüfschema zu wiederholen. Zur Lösung des Falles ist es hier von Vorteil, wenn Du die fristlose und die ordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses kennst und wie hier im Rahmen der Interessenabwägung dieses Wissen einbringst.

BlogPlus

Du möchtest weiterlesen?

Dieser Beitrag steht exklusiv Kunden von Jura Online zur Verfügung.

Paket auswählen