Die Kirsche auf der Sahnetorte

Die Kirsche auf der Sahnetorte

Vier Tipps einer Kandidatin nach ihrer mündlichen Prüfung

Nach den schriftlichen Klausuren wartet auf alle Prüflinge die mündliche Prüfung. Das ist in gewisser Weise die Kirsche auf der Sahnetorte. Du kannst Dich hier um einige Punkte heben. Selbst wenn Du mit den Ergebnissen Deiner schriftlichen Klausuren nicht zufrieden bist, ist hier noch nichts verloren.

Tipp 1: Nutze das Vorgespräch

Das ist wohl der wichtigste Tipp für Dich. Jede Prüfungskommission hat Vorsitzende. Diese führen mit jedem Prüfling ein Vorgespräch. Vergiss nicht, die Vorsitzenden prüfen pro Durchgang mehrere Prüflinge. Du bist „nur“ eine:r von vielen. Du musst ihm oder ihr in Erinnerung bleiben. Setz hier schon einen Anker und stell die Weichen für die weitere Prüfung für Dich günstig. Meist geht aus den Protokollen hervor, welche Fragen Dir im Vorgespräch gestellt werden. Die dort gelisteten Fragen solltest Du als Orientierung nehmen, jedoch nicht als abschließend erachten, denn der Prüfer oder die Prüferin will Dich kennenlernen. Du kannst hier ein Stück weit euer Gespräch lenken. Überleg Dir vorher, was Du von Dir preisgeben willst. Zeig Dich und Deine Persönlichkeit. Was hat Dich dazu bewogen, Jura zu studieren? Wo willst Du beruflich hin? Wieso ist es Dir wichtig, am Ende Volljurist:in zu werden? Halt das Gespräch nicht zu oberflächlich, das könnte aversiv und langweilig wirken. Sag lieber einen Satz zu viel als zu wenig. Zeig hier schon Deinen Kampfgeist und Deinen Ehrgeiz. Hab den Mut, dem oder der Vorsitzenden zu sagen, wo Du punktetechnisch hin möchtest und warum. Dennoch solltest Du authentisch und nicht gekünstelt wirken. Lass den Prüfer oder die Prüferin ein Stück weit erkennen, wer Du bist und zeig ihm oder ihr, dass Du es verdient hast, noch ein paar Punkte zu ernten.

Tipp 2: Nutze die Protokolle nicht nur fachlich

Es ist wohl kein Geheimnis, dass es über einige Prüfer:innen Protokolle auf diversen Internetseiten gibt. Die Protokolle können Fluch und Segen zugleich sein. Schau Dir an, ob Deine Prüfenden protokollfest sind. Ist dies nicht der Fall, schau Dir grob an, welche Gebiete ungefähr abgeprüft werden. Es kann aber auch sein, dass es keine Protokolle zu Deinen Prüfenden gibt. Das kann daran liegen, dass er oder sie noch nicht lange prüft oder dass schlicht keine Protokolle zu ihm oder ihr verfasst wurden. Das gibt Dir erst mal keine Sicherheit und fühlt sich nicht gut an. Versuche, dennoch, unvoreingenommen in die Prüfung zu gehen.

Die Protokolle sind keine Garantie für Dich. Selbst wenn Du sattelfeste Prüfende erwischt hast, kann es sein, dass er oder sie in Deiner Prüfung für Abwechslung sorgen will und eine von den Protokollen abweichende Thematik prüft. Der Prüfer oder die Prüferin weiß im Zweifel, ob es über ihn oder sie Protokolle gibt.

Die Protokolle geben Dir aber nicht nur fachliche Hinweise. Versuch, zwischen den Zeilen zu lesen und herauszufinden, wie Deine Prüfenden ticken und welche Eigenschaften sie in der Prüfung zeigen. Favorisieren sie kurze, knappe Antworten oder mögen sie eine ausschweifende Argumentation? Bedenke: In Deiner Prüfung sitzen unterschiedliche Persönlichkeiten, das heißt Du solltest versuchen, Dich auf jede:n Prüfer:in individuell einzustellen. Fahr nicht stur eine Linie. Zeig, dass Du flexibel sein kannst und ggf. sowohl ausschweifend argumentieren, aber auch Themen auf den Punkt bringen kannst.

Tipp 3: Vermeide NO-Gos! Good Vibes Please!

Die mündliche Prüfung geht über mehrere Stunden. Du sitzt dort nicht alleine mit der Prüfungskommission, sondern mit weiteren Prüflingen. Gebt euch gegenseitig ein gutes Gefühl. Die Ellenbogen sollten nicht ausgefahren werden. Das bringt niemandem etwas und macht auch einen ganz schlechten Eindruck auf die Prüfenden. Die Prüfenden wollen Dich nicht nur fachlich prüfen, sondern auch herausfinden, wie sozial kompetent Du bist. Sollte ein Prüfling die Antwort nicht wissen, empfehlen wir Dir, Dich nicht zu melden oder zu schnipsen, damit Du drangenommen wirst. Das setzt Deine Kommilitonen:innen unter Druck und tut nicht Not. Versuch, Blickkontakt mit dem Prüfer oder der Prüferin aufzunehmen und versuche ihm oder ihr mit Deiner Ausstrahlung und Deinem Blick zu signalisieren, dass Du gerne versuchen würdest, die Frage zu beantworten.

Wenn ein Mitprüfling eine Antwort gibt, die unter Umständen nicht ganz korrekt ist, vermeide solche Sätze wie: Entgegen dem, was mein:e Vorredner:in gesagt hat…..

Besser wirkt: Ich würde mich dem Gesagten anschließen und möchte gerne ergänzen, dass …

Das macht Deinem Mitprüfling Mut, am Ball zu bleiben. Eine Prüfung, die ins Stocken gerät, weil ein Prüfling verunsichert ist oder Panik bekommt, hat auch Einfluss auf Deine Leistung und macht am Ende keinen Spaß.

Tipp 4: Versuche, Spaß zu haben!

Zeig den Prüfenden, dass Du Spaß an Jura hast. Now it’s your time to shine! Du hast eine riesige Hürde, nämlich die schriftlichen Klausuren, gemeistert. Das kann Dir keiner mehr nehmen. Lass Dich von den Prüfern:innen durch die Prüfung führen und sei offen für die Themen, die abgefragt werden. Block nicht ab, sondern versuch Dich dafür zu begeistern und zeig das auch.

Hörst Du schon die Sektkorken knallen? Du hast es bald geschafft. Das Ziel ist ganz nah. Halt Dir immer vor Augen: Sowohl Deine Mitprüflinge als auch die Prüfer sind nur Menschen, die Dich kennenlernen wollen und denen Du zeigen kannst, was in Dir steckt. In den schriftlichen Klausuren saß der Prüfer oder die Prüferin nur vor Deinen geschriebenen Blättern. In der mündlichen Prüfung sitzt er oder sie Dir jedoch persönlich gegenüber. Zeig, dass Du ein:e gute:r Jurist:in bist, sowohl auf der fachlichen als auch auf der persönlichen Ebene.

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