Das OVG NRW zur privaten Waffenführung eines Soldaten
Auch Elite-Soldaten dürfen in Deutschland privat nicht einfach mit einer Waffe herumlaufen. Um sich vor einer Terror-Gefahr schützen zu können, beantragte ein ehemals in Afghanistan stationierter KSK-Soldat aber einen Waffenschein. Das Polizeipräsidium und das OVG NRW waren sich in der Sache aber einig: Keine Waffe für den Soldaten. Was brachte das OVG NRW zu dieser Entscheidung?
Sachverhalt
Nach einer Stationierung in Afghanistan fürchtet ein Mitglied des Spezialkommandos der Bundeswehr (KSK) in Bielefeld um sein Leben. Er geht davon aus, dass ihm Vergeltungsschlägen durch islamistische Terrorgruppierungen wie ISIS drohen könnten. Er sei zu seinem letzten Afghanistan-Einsatz mit seinem Klarnamen und nicht mit einem Tarnnamen eingereist und es kursierten Fotos von ihm bei Einsätzen im Internet. In verschiedenen Ländern habe es schon Angriffe auf Soldaten gegeben. Zum Beispiel wurde im März 2013 in London ein britischer Soldat mit einem Auto gerammt und danach mit einem Fleischermesser getötet, weil britische Soldaten in Afghanistan stationiert sind. Um sich vor der Terrorgefahr zu schützen, möchte der deutsche KSK-Soldat nicht nur bei seiner dienstlichen Tätigkeit, sondern auch privat eine Waffe führen dürfen. Er beantragt also einen Waffenschein für eine halb automatische Pistole. Das Polizeipräsidium lehnt diesen Antrag aber ab. Damit will sich der Soldat nicht abfinden und erhebt Verpflichtungsklage am Verwaltungsgericht.
Erfolg in erster Instanz, Niederlage in der nächsten
Das Verwaltungsgericht Minden teilt die Sorge des Soldaten um sein Leben und verurteilt das Land NRW dazu, ihm einen Waffenschein zu erteilen. Das Gericht sieht zwar, dass Schusswaffen im öffentlichen Raum immer eine Gefahr darstellen. So können sie zum Beispiel in falsche Hände geraten. Es schätzt die Interessen des Soldaten aber als wichtiger ein. Er habe ausreichend belegt, dass er wesentlich mehr gefährdet ist als der Durchschnitt. Darauf ließ es das Land aber nicht beruhen und ging in die nächste Instanz. So durfte sich jetzt das OVG NRW mit dem Fall beschäftigen. Das Oberverwaltungsgericht schätzt die Gefährdung des Soldaten ganz anders als das Verwaltungsgericht Minden ein und versagt dem Elitesoldaten den gewünschten Waffenschein.
Keine besondere Gefährdung des Soldaten
Wer einen Waffenschein haben möchte, braucht ein waffenrechtliches Bedürfnis. Wenn man – so wie der KSK-Soldat – die Waffe auch im öffentlichen Raum mit sich führen möchte, sind die Anforderungen besonders hoch. Als Grund kann es zwar ausreichen, dass man Angriffe auf sich befürchtet. Dann muss man aber glaubhaft machen, dass man wesentlich mehr als die Allgemeinheit gefährdet ist. Und eine solche Gefährdung sah das OVG bei dem Afghanistan-Rückkehrer nicht. Eine generelle Gefährdungslage in Deutschland, weil Terroranschläge nie völlig ausgeschlossen werden könnten, genüge nicht. Der Soldat hätte für den Waffenschein begründen müssen, dass gerade er objektiv besonders gefährdet ist. Der Soldat hat aber nach Auffassung des OVG keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür geliefert, dass eine islamistische Terrorgruppe ihn schon identifiziert oder es speziell auf ihn absehen hätte. Außerdem wurde dem OVG nicht klar, inwiefern sich der Soldat mit einer Schusswaffe vor einem potenziellen Anschlag schützen wollte.
(OVG NRW, Urt. v. 30.08.2023, Aktenzeichen: 20 A 2355/20 - I. Instanz: VG Minden - 8 K 2132/19)
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