Witwe reicht vermeintliches Testament zu ihren Gunsten erst Wochen nach dem Tod ein
Der plötzliche Tod des Ehemannes ist ein Schock und kann traumatisierend sein. Nach dem Tod ihres Mannes ließ die klagende Witwe die Briefe des Gerichts bezüglich seines Nachlasses ungeöffnet. Ihre Trauer habe sie daran gehindert. Aber ist die Trauer ein ausreichender Grund, um nachlässig zu werden? Vor Gericht könnten dazu andere Grundsätze gelten als im wahren Leben. Was sagt der BGH?
Das eingereichte Testament
Zentrum der Streitigkeit war der Nachlass des am 9. November 2018 verstorbenen Ehemanns der Witwe. Erst etwa sechs Wochen nach dem Tod ihres Ehemanns, am 14. Dezember 2018, reichte sie beim zuständigen Nachlassgericht ein Testament ein, in dem das Ehepaar sich gegenseitig als Alleinerben einsetzte. Es war von der Ehefrau handgeschrieben und von beiden Ehepartnern unterschrieben.
Die Klage vor dem Nachlassgericht
Die Tochter, das einzige Kind des Verstorbenen, erhob daraufhin Klage und forderte, dass die Ehefrau, also ihre Stiefmutter, für erbunwürdig erklärt wird. Sie argumentierte, dass die Ehefrau das Testament wahrscheinlich erst nach dem Tod des Erblassers verfasst habe und dafür einen von ihm vorab unterschriebenen Blankopapierbogen verwendet habe.
Die Ehefrau ignorierte diese Vorwürfe und nahm nicht einmal am Gerichtsverfahren am 26. Januar 2021 teil. Daraufhin gab das Landgericht Köln der Tochter Recht und stellte in einem Versäumnisurteil die Erbunwürdigkeit der Ehefrau fest. Selbst darauf reagierte sie nicht, sodass das Urteil rechtskräftig wurde. Erst als das Nachlassgericht, das Amtsgericht Köln, in Berufung auf das Versäumnisurteil die Tochter als Alleinerbin im Erbschein bestätigte, wurde die Ehefrau aufgerüttelt und protestierte vor dem Oberlandesgericht. Sie behauptete, dass sie nach dem Unfalltod ihres Mannes derart traumatisiert gewesen sei, dass sie die Post vom Gericht erst am 04. Juni 2021 geöffnet habe.
Das OLG wies ihre Beschwerde jedoch zurück. Aufgrund des rechtskräftigen Versäumnisurteils stehe für das Erbscheinsverfahren bindend fest, dass die Hinterbliebene wegen Erbunwürdigkeit nach §§ 2342 Abs. 2, 2344 Abs. 1 BGB von der Erbfolge ausgeschlossen sei. Die Feststellung der Unwürdigkeit ergebe sich bereits aus der Tatsache, dass es sich bei dem Urteil um ein Gestaltungsurteil handelt. Sobald ein solches Urteil rechtskräftig wird, tritt automatisch die Gestaltungswirkung, d.h. in diesem Fall die Unwürdigkeit ein.
Die Entscheidung des BGH
Auch die anschließende Rechtsbeschwerde der Stiefmutter beim Bundesgerichtshof hatte keinen Erfolg. Das Versäumnisurteil, welches die Erbunwürdigkeit zur Folge hatte, sei angemessen. Allgemein seien rechtskräftige Urteile verbindlich. Dies gelte somit auch für rechtskräftige Versäumnisurteile. Etwas anderes käme “nur in extremen Ausnahmefällen bei Vorliegen eines besonders schweren, offenkundigen Mangels in Betracht”. Ein solcher Ausnahmefall liege hier jedoch nicht vor. Das Nachlassgericht ist daher nicht berechtigt, die rechtskräftig festgestellte Erbunwürdigkeit erneut zu überprüfen.
Im Gerichtsverfahren ist Schweigen definitiv nicht Gold.
Du möchtest weiterlesen?
Dieser Beitrag steht exklusiv Kunden von Jura Online zur Verfügung.
Paket auswählen