Makler muss einen länger zurückliegenden Suizid nicht offenbaren

Makler muss einen länger zurückliegenden Suizid nicht offenbaren

Suizid-Historie im neuen Eigenheim

Streit nach Immobilienkauf: Der Käufer verlangte eine Kaufpreisminderung, als er erfuhr, dass die Vor-Voreigentümerin seines frisch erworbenen Anwesens 1,5 Jahre vorher Suizid in den Räumlichkeiten beging. Das LG München I wies die Klage ab, der Makler durfte seinen Maklerlohn behalten. Außerdem stelle der Suizid keinen Sachmangel dar.

Worum geht es?

Ein Makler müsse einen länger zurückliegenden Suizid der Vor-Voreigentümerin nicht offenbaren, entschied das LG München I. Es handele sich um keine offenbarungspflichtige Tatsache, jedenfalls dann nicht, wenn der Makler keine Anhaltspunkte dafür gehabt habe, dass für die Käufer solche Tatsachen von besonderer Relevanz sind. Der begehrte Schadensersatzanspruch des Käufers, der sich gegen den Makler der Immobilie richtete, gehe somit „ins Leere“, formulierte das Gericht – und beantwortete auch die Frage, ob nicht etwa im Suizid ein Sachmangel der Kaufsache gesehen werden könne.

Streit über Maklervertrag – Tragödie verschwiegen?

Vor dem Zivilgericht standen sich der Käufer einer Münchener Doppelhaushälfte und der Makler, der ihm zu seinem Immobilienglück verhalf, gegenüber. Vor dem LG München I machte der Kläger gegen den Makler einen Minderungs- und Rückzahlungsanspruch geltend. Er brachte vor, dass der Makler ihn nicht darüber aufgeklärt hätte, dass sich in der Immobilie rund 1,5 Jahren vor seinem Kauf eine Tragödie ereignete: Die Vor-Voreigentümerin hatte erst ihren Hund und dann sich selbst mit einem Jagdgewehr erschossen.

Aufgrund dieser dem Käufer erst später bekannt gewordenen „grausamen Vorgeschichte“ wolle er die Immobilie nicht mehr selbst nutzen. Er war der Auffassung, dass der Makler die Vorgeschichte ihm gegenüber bewusst verschwiegen hätte, um die gewünschte Millionensumme realisieren zu können, die anderenfalls am Markt nicht erreicht worden wäre. Hier hätte eine Aufklärungspflicht bestanden, die der Makler verletzt haben soll. Er beanspruchte daher eine Kaufpreisminderung und forderte zudem den gesamten Maklerlohn zurück. Zu Recht?

LG München I: Klage unbegründet

Zu Unrecht, entschied das LG München I. Unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt, heißt es in der Entscheidung, stehe dem Kläger der geltend gemachte Minderungsbetrag oder die Rückzahlung des Maklerlohns zu.

Das Gericht führte nämlich aus, dass dem Käufer und Kläger kein vorvertraglicher Schadensersatzanspruch wegen einer Aufklärungspflichtverletzung aus §§ 311 II, 241 II, 280 BGB zustehe. Zwar bestehe im Rahmen der Vertragsanbahnung die Pflicht, den anderen Teil des Vertrages über die entscheidungserheblichen Umstände zu informieren. Ein Suizid der Vor-Voreigentümerin stelle eine solche aufklärungspflichtige Tatsache allerdings nicht da.

Daran ändere auch nicht das Maß der Tragödie in Form einer Schusswaffe und dass das Haustier ebenfalls betroffen war. Es sei zumindest keine „außergewöhnliche brutale Selbsttötung“ gewesen, die mediale oder gesellschaftliche Bedeutung erfahren hätte. Der Suizid der Vor-Voreigentümerin lag bereits 1,5 Jahre zurück. Vielmehr seien andere Werte wie die Lage für Käufer:innen entscheidend. Und:

Auch ist zu bedenken, dass generell ein Versterben der Voreigentümer insgesamt gar nicht so selten für den Wechsel von Wohnungsbesitzern verantwortlich sein dürfte.

Nachdem das Gericht diese Aspekte miteinander abgewogen hatte, kam es zu dem Ergebnis, dass in dem Suizid der Vor-Voreigentümerin keine offenbarungspflichtige Tatsache zu sehen sei – jedenfalls dann nicht, wenn der Makler keine Anhaltspunkte dafür habe, dass für die Käufer solche Tatsachen von einer besonderen Relevanz sein. Außerdem habe der Kläger keine konkreten Nachfragen zur Vor-Voreigentümerin gestellt.

Suizid = Sachmangel der Kaufsache?

Kurz ging das LG München I in seiner Entscheidung darauf ein, ob in einem Suizid ein Sachmangel der Kaufsache gesehen werden könne. Es verneinte aus ähnlichen Gründen. Bei einem Suizid handele es sich nämlich nicht um einen Umstand, der der Immobilie selbst anhaften würde und so ihre grundsätzliche Tauglichkeit beeinflussen könnte. Aus objektiver Sicht eines vernünftigen Dritten könne ein Suizid daher auch nicht die Kaufentscheidung beeinflussen.

Am Ende heißt es daher:

Mangels Pflichtverletzung geht der begehrte Schadensersatzanspruch des Klägers damit ins Leere.

(LG München I, Urteil vom 19.05.2022 – 20 O 8471/21)