Kein Schadensersatz für Importeurin von Masken gegen den Freistaat Bayern

Kein Schadensersatz für Importeurin von Masken gegen den Freistaat Bayern

Deal or no Deal?

Die Importeurin besorgte 400.000 Masken, doch der Freistaat zahlte trotz Vertrages nicht – so zumindest der Vortrag der Klägerin. In Bayern bestritt man hingegen ein Vertragsverhältnis, auch habe die Importeurin auf keinen Vertragsschluss vertrauen dürfen. Vor dem LG München I ging es um grundlegendes Zivilrecht, Masken – und rund 1,6 Millionen Euro.

Worum geht es?

Während der Coronapandemie waren sie nicht wegzudenken und auch heute noch sind die bei vielen Menschen im Alltag integriert: Kein Wunder, dass sich Gerichtsentscheidungen häufen, die OP- oder FFP2-Masken zum Gegenstand haben. So ist es auch bei einer spannenden Entscheidung des LG München I, bei der sich eine Importeurin von Schutzmasken und der Freistaat Bayern gegenüberstanden. Die Klägerin behauptete nämlich, mit dem Land einen Kaufvertrag über die Lieferung von Masken abgeschlossen zu haben. Bayern hingegen revidiert. Die Entscheidung verdeutlicht, wie wichtig Grundkenntnisse im BGB AT und Schuldrecht AT sind – schließlich ging es um rund 1,6 Millionen Euro.

Erster Vertrag top, zweiter „Vertrag“ – flopp?

Geklagt hatte eine Importeurin von Textilprodukten, die Geschäfte mit dem bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege machte. Am Anfang sah alles auch noch ganz ordentlich aus: Zu Beginn der Coronapandemie bot die Klägerin ihre Hilfe bezüglich der Beschaffung von Masken aus China an. Der Freistaat und die Importeurin einigten sich über die Lieferung von 1 Millionen OP-Masken, der im März 2020 ohne Probleme abgewickelt wurde – so weit, so gut.

Strittig wurde es allerdings in der Folgezeit: Die Klägerin behauptet, dass sie nach dem erwähnten Vertrag auch weitere, konkrete Vertragsverhandlungen über den Kauf von Masken mit dem Ministerium geführt habe. Dabei soll es sich ihrer Auffassung nach um Masken gehandelt haben, die mit dem Standard von FFP2-Masken entsprochen hätten. Aufgrund der Vertragsverhandlungen habe sie Aufwendungen getätigt und 400.000 Masken importiert. Im April 2020 habe der beklagte Freistaat Bayern den angebotenen Vertragsschluss noch wegen eines zu hohen Preises abgelehnt, doch anschließende Preisverhandlungen seien erfolgreich gewesen. Man habe sich, so die Klägerin, auf einen Preis pro Maske in Höhe von 4,50 Euro geeinigt. Der Freistaat habe die Masken daraufhin aber nie abgenommen – und auch nicht bezahlt.

Das Staatsministerium sah das alles anders und brachte vor, dass ein verbindlicher Vertrag über die 400.000 Masken nie zustande gekommen sei. Die Masken hätten nicht den technischen Anforderungen entsprochen, ein dem FFP2-Niveau vergleichbarer Standard sei auch nicht nachgewiesen worden. Die Klägerin hätte also nicht auf einen Vertragsschluss vertrauen dürfen. Vielmehr liege die Nichtabnahme der importierten Masken in ihrem unternehmerischen Risiko.

Die Klägerin verlangte die Zahlung von Schadensersatz in Höhe von rund 1,6 Millionen Euro für die Nichtabnahme der importierten Masken. Hilfsweise verlangte sie ihre Abnahme und Bezahlung. Zu Recht?

Worauf kommt es an?

Zunächst dürfte in einem solchen Fall natürlich entscheidend sein, ob ein Vertrag wirksam ist oder nicht. Dafür müssten sich die Parteien über alle wesentlichen Bestandteile des Vertrages geeinigt haben. Bei einem Kaufvertrag sind das die Parteien, die Kaufsache und der -preis.

Sollte kein Vertrag vorliegen, sind „Hopfen und Malz“ aber noch nicht verloren, wie man in Bayern zu sagen pflegt. Die Klägerin machte nämlich geltend, dass sie auf einen verbindlichen Vertragsschluss vertrauen durfte und daher auch Ansprüche gegen den Freistaat hätte, auch wenn es noch zu keinem Vertragsschluss gekommen sei. Die Rede ist hier von § 311 II BGB, dem vorvertraglichen Schuldverhältnis (oder auch vertragsähnliches Schuldverhältnis). Nach § 311 II Nr. 1 BGB kann ein Schuldverhältnis mit Rücksichtnahmepflichten nach § 241 II BGB auch durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen entstehen. Verletzt der Schuldner (also in diesem Falle ggf. der Freistaat Bayern) nach Entstehung eines solchen Schuldverhältnisses seine Rücksichtnahmepflichten, so macht er sich nach §§ 280 I, 241 II, 311 II BGB schadensersatzpflichtig.

LG München I weist Klage ab – kein Vertrag

Die Klägerin hatte allerdings keinen Erfolg, das Gericht hat ihre Klage abgewiesen. Nach Auffassung der 34. Zivilkammer habe die Importeurin nicht nachweisen können, dass zwischen ihr und dem Freistaat Bayern ein wirksamer Kaufvertrag über die Masken zustande gekommen sei. Zwar habe es Verhandlungen über den Preis gegeben. Doch nachdem sich auf die 4,50 Euro geeinigt wurde, sei offen geblieben, ob die angebotenen Masken den Qualitäts-Anforderungen des Freistaats entsprechen, so das Gericht. In der Mitteilung heißt es:

An einer verbindlichen Einigung auch über die konkreten Qualitätsmerkmale der Masken habe es daher gefehlt.

Kein willkürlicher Abbruch der Vertragsverhandlungen

Außerdem scheide ein Schadenersatzanspruch wegen des Nichtabschlusses des Vertrages, auf den die Importeurin habe vertrauen dürfen, aus. Auch hier habe die Klägerin nicht beweisen können, dass die Entscheidung des Freistaats über die Nichtabnahme der Masken willkürlich gewesen wäre. Das Gericht bewertete das Verhalten des Freistaats zumindest als vertretbar:

Nach dem damaligen Kenntnisstand sei die Entscheidung des Freistaats Bayern, die Masken wegen Nichtnachweises eines dem FFP2-Standard vergleichbaren Schutzniveaus, nicht zu kaufen, zumindest vertretbar gewesen.

(Landgericht München I, Urteil vom 30.12.2022

  • 34 O 4965/21 -)