Pferdehinterteil schubst unsanft Radfahrerin vom Sattel

Pferdehinterteil schubst unsanft Radfahrerin vom Sattel

Pferd gegen Fahrrad - wer gewinnt?

6.000 € Schmerzensgeld soll die Halterin eines Pferdes in der Osteifel zahlen, nachdem ihr Pferd eine Radfahrerin von ihrem Rad stieß. Hinzu kommen Behandlungs- und Rechtsanwaltskosten. Hier zeigt sich, dass Pferde nicht nur im Unterhalt teuer sind, sondern dass in den Fällen der Tierhalterhaftung auch noch weitere Kosten auf die Pferdehalter zukommen können. Außerdem ist das Pferd nicht nur der Liebling vieler Reiter, sondern auch des Prüfungsamtes. Die Tierhalterhaftung ist ein Klassiker in zivilrechtlichen Klausuren.

Worum geht es?

Im Mai 2021 unternahm die Klägerin mit ihrem Ehemann eine Fahrradtour durch die Eifel. Auf einem Radweg kamen den beiden Radfahrern zwei Reiterinnen entgegen. Eines der Pferde gehörte der nicht anwesenden, späteren Beklagten. Als die Klägerin das Pferd der Beklagten passieren wollte, wurde sie von dem Tier mit dem Hinterteil von ihrem Fahrrad gestoßen. Bei dem Sturz zog sie sich mehrere Prellungen, eine Beule am Kopf und sogar einen Schulterbruch zu. Sie wurde daraufhin sofort ins Krankenhaus gebracht und musste dort operiert werden. Die Verletzte konnte das Krankenhaus erst nach 8 Tagen wieder verlassen. Sie litt auch später noch unter Bewegungseinschränkungen ihrer Schulter. Daraufhin verklagte sie die Halterin des Pferdes und verlangte Schmerzensgeld sowie Schadensersatz. Die Halterin bestritt sowohl den Geschehensverlauf als auch die Unfallfolgen. Am Ende entschied das Gericht zugunsten der klagenden Radfahrerin.

Tierhalterhaftung nach § 833 BGB

Dem Gericht zufolge haftet die Beklagte als Tierhalterin aus § 833 BGB und muss der Klägerin ein Schmerzensgeld sowie Schadensersatz zahlen.

§ 833 BGB beschreibt eine verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung. Eine Ausnahme davon gilt nur für „Nutztiere“, hier gilt eine Verschuldenshaftung mit Beweislastumkehr. Eine strengere Gefährdungshaftung gilt für „Luxustiere“, worunter in den meisten Fällen auch Pferde fallen.

Spezifische Tiergefahr?

Der Ansatzpunkt für § 833 BGB liegt darin, dass sich gerade die in dem Tier steckende spezifische Tiergefahr realisiert hat. Die Realisierung der Tiergefahr ergibt sich daraus, dass viele Tiere über große Körperkräfte verfügen oder ihr Verhalten für Menschen nicht vorhersehbar ist. Beides ist insbesondere bei einem Pferd der Fall.

Dies wird auch im vorliegenden Fall deutlich. Die Beklagte bestritt, dass ihr Pferd die Klägerin überhaupt berührt habe. Sie ist der Auffassung, die Klägerin sei durch unachtsames Bremsen gestürzt. Die beiden Reiterinnen als Zeuginnen gaben an, dass sich das Pferd überraschenderweise mit dem Hinterteil zu der Klägerin gedreht habe und dass diese deshalb stark bremsen musste, um einen Zusammenstoß zu vermeiden. Das Gericht stellte klar, dass es auch in dieser Konstellation zu einer Haftung der Tierhalterin kommen würde, denn auch hier hätte sich die spezifische Tiergefahr realisiert.

Ein Mitverschulden der Klägerin, etwa durch zu schnelles Fahren, schloss das Gericht aus. Die Radfahrerin habe die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht außer Acht gelassen.

Auch das Bestreiten der Unfallfolgen durch die Beklagte verlief erfolglos. Das Gericht empfand die Darstellungen und Beweise hinsichtlich der Unfallfolgen als glaubhaft und ausreichend. Im Ergebnis wurde der Klägerin alles zugesprochen, was sie in der Klage beantragt hatte. Die Beklagte muss ihr nicht nur ein Schmerzensgeld in Höhe von 6.000 € zahlen, sondern auch zusätzlich auch noch eine Schadensersatzzahlung leisten.

Fazit

Für Pferdehalter gilt eine besondere Form der Haftung, die Gefährdungshaftung. Bei einem Schaden fragt also grundsätzlich erst einmal niemand nach dem Verschulden. Immer wieder kommt es zu Vorfällen zwischen Pferden und Radfahrern, nicht nur im echten Leben, sondern auch in Examensklausuren.

(LG Koblenz (9. Zivilkammer), Urteil vom 02.09.2022 – 9 O 140/21)

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