Zwangspause für langjährigen Examensprüfer
Im Beschluss des Untersuchungsausschusses wurde der Oberstaatsanwalt und Prüfer gleich an zwei Stellen namentlich erwähnt. Die mutmaßliche Nähe zu der rechtsextremen Anschlagsserie in Berlin-Neukölln zwang die Behörde nun zum Handeln und schickte den Prüfer in eine Zwangspause. Doch dieser wehrt sich dagegen vor Gericht.
Worum geht es?
Die Berliner Senatsverwaltung für Justiz schickt einen ihrer langjährigen Prüfer für das Examen in eine Zwangspause. Der Grund für die Freistellung des Oberstaatsanwalts liegt in einem sieben-seitigen Papier: Im Beschluss für den jüngst aufgenommenen Untersuchungsausschuss zum sogenannten Neukölln-Komplex. Der Name des Berliner Oberstaatsanwalts wird an zwei Stellen in dem Beschluss des Ausschusses genannt, der weitere Aufklärung über die rechtsextremistische Anschlagsserie in Neukölln bringen soll. Doch der Prüfer will sich gerichtlich wehren.
Rechtsextremistische Anschlagsserie: Der Neukölln-Komplex
Die rechtsextremistischen Anschläge ereigneten sich zwischen 2016 und 2019 im Berliner Bezirk Neukölln. Zu dieser Zeit wurden rund 70 Anschläge aus dem rechten Spektrum verübt, darunter 23 mutmaßliche Brandstiftungen. Die Anschlagsziele waren insbesondere Personen, die sich gegen Rechtsextremismus engagierten. Bis heute ist die Terrorserie nicht aufgeklärt, in der es zu Brandanschlägen, Sachbeschädigungen und Drohungen kam.
Doch langsam beginnt die juristische und auch politische Aufarbeitung: Nicht nur laufen beim Amtsgericht Tiergarten Strafverfahren, auch der parlamentarische Untersuchungsausschuss im Berliner Abgeordnetenhaus hat seine Arbeit jüngst aufgenommen. Brisant soll dabei insbesondere die Arbeit der Berliner Justiz gewesen sein: Es ist von Pannen und gegenseitigen Vorwürfen die Rede, etwa weil zwei Staatsanwälte wegen des Verdachts der Befangenheit versetzt wurden. Zudem hatte die Generalstaatsanwältin die Ermittlungen überraschend übernommen und begründete den Schritt damit, „um jedem Anschein einer nicht sachgerechten Bearbeitung“ entgegenzuwirken. Der eigentlich zuständigen Staatsschutzabteilung der Berliner Staatsanwaltschaft wurden damit alle Ermittlungen zum Neukölln-Komplex entzogen.
Prüfer wird im Untersuchungsausschuss-Beschluss erwähnt
Dass nun ein Oberstaatsanwalt, der zudem Prüfer im Examen ist, eine größere Rolle im Neukölln-Komplex spielen könnte, soll eine Anwältin recherchiert haben. In den Akten zu einem der Brandanschläge soll sich aus einem Chatprotokoll der Rechtsextremisten ergeben, dass „die Staatsanwaltschaft“ auf „unserer Seite“ sei – der Staatsanwalt sei „AfD-Wähler“ und habe dies angedeutet. Die Folge damals war die Versetzung zweier Staatsanwälte und die Übernahme durch die Generalstaatsanwaltschaft.
Der Untersuchungsausschuss begehrt aber weitere Aufklärung und erwähnte jüngst den Namen des Oberstaatsanwalts und Prüfers gleich an zwei Stellen in seinem Beschluss. In dem öffentlich einsehbaren Dokument heißt es:
Aus welchen Gründen wurde die Äußerung, die eine Befangenheit von Oberstaatsanwalt (…) möglich erscheinen ließ, nicht an Vorgesetzte und Aufsichtsbehörden übermittelt?
Und an anderer Stelle:
Erfolgte nach den Umsetzungen der Staatsanwälte (…) und (…) eine Revision der bis dahin erfolgten Verfahrensführung und wenn ja, mit welchem Ergebnis?
Die Fragen sind bislang unbeantwortet.
Berliner Senatsverwaltung zieht Konsequenzen, Prüfer zieht vor Gericht
Durch die namentliche Nennung des Oberstaatsanwalts und einen möglichen Zusammenhang zu dem Neukölln-Komplex entschied sich die Berliner Senatsverwaltung für Justiz jedoch dazu, den langjährigen Prüfer in eine Zwangspause zu schicken. Diesen Schritt begründete die Behörde damit, dass die juristischen Staatsprüfungen für Kandidat:innen eine in hohem Maße herausfordernde Situation sei. Eine Prüfung durch den genannten Oberstaatsanwalt könne die ohnehin schon schwere Prüfungssituation zusätzlich belasten, heißt es. Die grundsätzliche Bestellung des Oberstaatsanwalts zum Prüfer bleibe von dieser Konsequenz aber unberührt.
Der Prüfer hat allerdings gegen seine Freistellung bereits einen Eilantrag beim VG Berlin eingelegt. Dieses wird in den nächsten Wochen über seine Freistellung entscheiden.
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