Staatsanwaltschaft erhebt Anklage wegen Mordes aus Heimtücke und niedrigen Beweggründen
Ein Tankstellenmitarbeiter hatte einen Kunden mehrfach auf die Maskenpflicht hingewiesen – der Kunde soll ihn deshalb getötet haben. Die Tötung des 20-jährigen in Idar-Oberstein sorgte im vergangenen September bundesweit für Aufsehen. Nun soll es zum Strafprozess kommen.
Worum geht es?
Der Vorfall an einer Tankstelle im rheinland-pfälzischen Idar-Oberstein sorgte in ganz Deutschland für Aufsehen und Anteilnahme: Im September vergangenen Jahres soll ein 49-Jähriger einen Tankstellenmitarbeiter per Kopfschuss getötet haben. Zuvor habe der 20-jährige Student, der in der Tankstelle jobbte, ihn auf die Maskenpflicht hingewiesen. Die Staatsanwaltschaft hat nun Anklage wegen Mordes erhoben.
Täter soll zurückgekommen sein
Am 18. September 2021 soll es in der Tankstelle zum Streit zwischen den beiden Männern gekommen sein. Der 20-Jährige habe den mutmaßlichen Täter mehrfach auf die Corona bedingte Maskenpflicht hingewiesen, als sich dieser Bier kaufen wollte – ohne einen Mund-Nasen-Schutz. Daraufhin habe er die Tankstelle zunächst verlassen.
Doch rund zwei Stunden später sei der 49-Jährige zurückgekommen. Diesmal habe er eine Maske getragen. Nach einem kurzen Gespräch am Schalter habe er dann plötzlich einen Revolver gezogen und den Mitarbeiter erschossen. Der Student sei sofort tot gewesen. Der Angeklagte sei abschließend weggelaufen, am nächsten Morgen wurde er festgenommen. Seitdem befindet er sich in Untersuchungshaft.
Ablehnung der Corona Politik „mitursächlich“
Die Tötung des jungen Mannes sorgte in ganz Deutschland für Betroffenheit und Anteilnahme. Nach seiner Festnahme habe der mutmaßliche Täter geäußert, dass er die Corona-Maßnahmen ablehne und ihm die Pandemie zugesetzt habe. Die Ermittlungsergebnisse sollen seine Einstellung bestätigen: Der 49-Jährige habe seit Pandemie-Beginn zahlreiche Telegramm-Kanäle von sogenannten „Querdenkern“ und Corona-Leugnern besucht. Aktiv soll er allerdings in keiner Gruppierung gewesen sein. Wegen des Vorfalls wurde bundesweit darüber diskutiert, ob und inwieweit sich solche Gruppen radikalisieren würden.
Die zuständige Staatsanwaltschaft teilte nun mit, dass die „nachdrückliche Ablehnung der zur Bekämpfung der Corona Pandemie ergriffenen Maßnahmen“ des mutmaßlichen Täters „mitursächlich“ für den Vorfall in der Tankstelle gewesen seien. Er habe den Studenten in dem Moment, als dieser die geltenden Vorschriften bezüglich der Maskenpflicht durchsetzen wollte, „als mitverantwortlich für die Gesamtsituation“ angesehen. Auch nach Auswertung von sichergestellten Datenträgern des Angeklagten habe sich gezeigt, dass er „der Mehrheitsgesellschaft und dem Staat ablehnend distanziert gegenüber“ gestanden habe, heißt es seitens der Strafverfolgungsbehörde.
Staatsanwaltschaft sieht Mordmerkmale gegeben
Aber inwieweit kann eine solche Einstellung in strafrechtlicher Hinsicht Wirkung entfalten? Die Staatsanwaltschaft hat nun Anklage gegen den bis dato polizeilich unbekannten Mann erhoben. Sie lautet: Mord aus Heimtücke und niedrigen Beweggründen, zudem kommt der Vorwurf des unerlaubten Waffenbesitzes. Bereits der Haftbefehl sei wegen des dringenden Tatverdachts des Mordes aus niedrigen Beweggründen gestellt worden.
In unserem Rechtssystem ist nicht jede Tötung gleichzeitig ein Mord. Der Straftatbestand des § 211 StGB soll die Ausnahme bilden und ist nur dann erfüllt, wenn mindestens ein Mordmerkmal erfüllt ist und somit ein Totschlag (§ 212 StGB) ausscheidet. Die niedrigen Beweggründe sind eines der vier Mordmerkmale der ersten Gruppe des § 211 StGB, die das verwerfliche Motiv zur Tatbegehung sanktionieren. Es handelt sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der durchaus Schwierigkeiten aufweisen kann. Allgemein ist darunter eine solche Tatmotivation zu verstehen, die nach rechtlich-moralischer Wertung auf unterster Stufe stehen und in einem besonderen Grad verachtenswert erscheinen. Um sie zu erfüllen, müssen sämtliche Umstände der Tat und des Täters berücksichtigt werden.
Ob es sich um einen Mord aus Heimtücke und niedrigen Beweggründen handelt, muss bald das LG Bad Kreuznach entschieden. Wann der Strafprozess beginnt, ist noch unklar.
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