ArbG ersetzt Zustimmung des Betriebsrats
Rassismus im Alltag stellt heutzutage noch immer keine Seltenheit dar - auch am Arbeitsplatz sind rassistische Äußerungen häufig präsent. Über Letzteres musste jüngst das Arbeitsgericht Berlin entscheiden: Während der Betriebsrat in der Bezeichnung einer Vorgesetzten als „Ming Vase“ keine rassistische Haltung erkannte, hat das ArbG beschlossen, dass diese Äußerung sehr wohl ein Grund für eine außerordentliche Kündigung einer Verkäuferin sein kann.
Worum geht’s?
Die Verkäuferin habe zunächst gegenüber einer Kollegin gesagt, „Heute muss ich darauf achten, dass ich die ausgesuchten Artikel richtig abhake, sonst gibt es wieder Ärger mit der Ming Vase“. Sie habe auf Nachfrage eines anwesenden Vorgesetzten, was damit gemeint sei erklärt „Na Sie wissen schon, die Ming Vase“ und die Augen mit den Fingern nach hinten gezogen, um eine asiatische Augenform zu imitieren.
In der dann erfolgten arbeitgeberseitigen Anhörung zu dem Vorfall habe die Verkäuferin erklärt, eine Ming Vase stehe für sie für einen schönen und wertvollen Gegenstand. Das Imitieren der asiatischen Augenform sei erfolgt, um nicht „Schlitzauge“ zu sagen, bei „schwarzen Menschen/Kunden“ verwende sie den Begriff „Herr Boateng“, weil sie diesen toll finde.
Laut der Pressemitteilung des ArbG ging es in dem Verfahren um die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung der Verkäuferin.
Die Zustimmung des Betriebsrats für eine außerordentliche Kündigung ist in den Fällen erforderlich, wenn ein Mitglied des Betriebsrats gekündigt werden soll. Dies war hier der Fall: die betroffene Verkäuferin war als Ersatzmitglied in den Betriebsrat nachgerückt. Der Betriebsrat hat die Zustimmung mit der Begründung verweigert, er verurteile Rassismus aufs Schärfste, sehe aber bei der betroffenen Verkäuferin kein rassistisches Gedankengut.
Aufbau der Prüfung: Außerordentliche Kündigung, § 626 BGB
Relevante Lerneinheit
Die Entscheidung des ArbG Berlin
Das Arbeitsgericht Berlin hat entschieden, dass die Bezeichnung einer Vorgesetzten als „Ming Vase“ und unter anderem die weitere Erläuterung durch eine Geste des Nach-Hinten-Ziehens der Augen ein Grund für eine außerordentliche Kündigung einer Verkäuferin eines Kaufhauses mit internationalem Publikum sein kann, wenn aus den nachfolgenden Erklärungsversuchen eine Verfestigung der dahinterstehenden Haltung zu erkennen sei.
Hierin liege eine erhebliche Herabwürdigung der gemeinten Vorgesetzten. Zudem sei es für ein Kaufhaus von internationalen Ruf nicht hinnehmbar, wenn eine Verkäuferin als Aushängeschild im täglichen Kontakt mit internationalem Publikum dieses wahlweise als “Ming Vase” oder “Herr Boateng” oder mit sonstigen abwertenden Formulierungen bezeichnen könne.
In der Gesamtbetrachtung liege eine rassistische Äußerung vor, die die Pflicht zur Rücksichtnahme auf berechtigte Interessen des Kaufhauses als Arbeitgeber verletze.
ArbG ersetzt Zustimmung des Betriebsrats
In der Folge hat das Arbeitsgericht Berlin die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung ersetzt und zur Begründung ausgeführt:
“Die Bezeichnung der mit den Worten „Ming Vase“ gemeinten Vorgesetzten und die zur Verstärkung der Worte verwendeten Gesten der Mitarbeiterin seien zur Ausgrenzung von Mitmenschen anderer Herkunft, deren Beleidigung und zu deren Herabsetzung geeignet und rechtfertigen unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falls eine außerordentliche Kündigung.”
Gegen den Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde zum Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg gegeben.
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