Schönefeld oder Tegel - Hauptsache Berlin? Was sagt der EuGH?
Ein Flugpassagier reiste von Wien nach Berlin. Er kam auch in der Hauptstadt an, forderte aber trotzdem eine Entschädigungszahlung: Er landete nicht wie gebucht in Berlin Tegel, sondern landete im 30 Kilometer entfernten Berlin Schönefeld – und die Sache landete nun beim EuGH.
Worum geht es?
Die Richter des EuGH werden sich in naher Zukunft mit der Frage beschäftigen müssen, ob einem Fluggast eine Entschädigung zusteht, wenn er anstatt des eigentlichen Zielflughafens an einem anderen Flughafen landet – der sich jedoch in derselben Stadt befindet. So ist es nämlich einem Fluggast von Austrian Airlines passiert. Der Passagier flog von Wien nach Berlin, doch landete er nicht wie gebucht am Flughafen Tegel, sondern in Schönefeld. Grund dafür seien mehrere Umstände gewesen, angefangen bei wetterbedingten Verzögerungen in Wien, die bei einer regulären Landung in Tegel ein Verstoß gegen das dort geltende Nachtflugverbot bedeutet hätten. Daher wurde der Flug umgeleitet nach Schönefeld. Die beiden Flugstätten liegen knapp 30 Kilometer auseinander, die Landung in Schönefeld erfolgte rund eine Stunde später.
Der nun in Schönefeld gestrandete Passagier forderte dafür eine Ausgleichsleistung nach der EU-Fluggastrechte-Verordnung in Höhe von 250 Euro. Er berief sich auf die Verspätung, außerdem sei er nun weiter von seiner Wohnung entfernt gelandet. Ein Ersatztransport zum eigentlichen Ankunftsflughafen Tegel wurde von der Fluggesellschaft nicht angeboten.
Die Sache landete vor dem Landesgericht Kronsberg in Österreich. Hier verweigerte die Fluggesellschaft eine Entschädigungszahlung, da es sich nur um eine einstündige Verspätung gehandelt habe und der Passagier auch von Schönefeld aus seine Wohnung ohne Umstände habe erreichen können. Das österreichische Gericht benötigte Unterstützung bei der Auslegung der Fluggastrechte-Verordnung und wandte sich an den EuGH.
Generalanwalt: Kein Anspruch auf Ausgleich
Mittlerweile hat der Generalanwalt des EuGH seine Schlussanträge vorgestellt. An diese sind die europäischen Richter nicht gebunden, in der Praxis folgen sie aber in den meisten Fällen den rechtlichen Erwägungen der Generalanwälte.
Rechtsakte der EU
Prüfungsrelevante Lerneinheit
In seinen Schlussanträgen führte der zuständige Generalanwalt eine umfangreiche Auslegung der EU-Fluggastrechte-Verordnung durch. Diese wurde eingeführt, um bei Fluggästen ein hohes Schutzniveau sicherzustellen. In ihr sind daher Ansprüche bei Komplikationen vorgesehen, die allerdings von bestimmten Umständen abhängen. So ist beispielsweise die Annullierung eines Fluges anspruchsbegründend.
Im vorliegenden Fall wurde es aber vom Generalanwalt abgelehnt, den umgeleiteten Flug als Annullierung zu werten. Ein Entschädigungsanspruch bestehe nur nach Willen des Gesetzgebers, wenn der Passagier den gewünschten Zielort aufgrund einer Umleitung mit einer Verspätung von drei Stunden oder länger erreiche. Dies sei hier nicht der Fall gewesen.
Aber: Transportkosten zum Zielflughafen ersatzfähig
Allerdings hätte die Fluggesellschaft die Transportkosten von Schönefeld nach Tegel übernehmen müssen – es handele sich hier schließlich um einen Fall der Leistungsstörung. Wiederholt wies der Generalanwalt aber daraufhin, dass es allerdings keine Annullierung darstelle. In seiner rechtlichen Würdigung heißt es:
Daher eröffnet diese Umleitung dem Fluggast grundsätzlich nur einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für seine Beförderung zum Ankunftsflughafen zu dem in der ursprünglichen Buchung vorgesehenen Zielflughafen.
Diese Kosten seien stets im Einzelfall zu bestimmen und könnten von der Fluggesellschaft nicht pauschal übernommen werden. Dem Passagier der Austrian Airlines stehe daher im Ergebnis eine Erstattung der Beiträge zu, die sich aus den Umständen als notwendig, angemessen und zumutbar erweisen, um die Versäumnisse der Fluggesellschaft auszugleichen.
Wann der EuGH eine Entscheidung fällt, ist noch unklar.
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