Klingelnder Handywecker in Klausur – Täuschungsversuch?

Klingelnder Handywecker in Klausur – Täuschungsversuch?

VG Koblenz zu nicht bestandener Klausur

Ein Handywecker kann zwar nützlich sein – einem Studenten hat er aber die Note „nicht ausreichend“ beschert. Als sein Handywecker während einer Klausur versehentlich losging, wurde das als Täuschungsversuch gewertet. Das VG Koblenz musste entscheiden.

Worum geht es?

Die Klausur geht gleich los – Schönfelder ist aufgeschlagen, Stift und Papier bereitgelegt. Letzter Blick auf das Handy, ob es auch ganz sicher ausgeschaltet ist, dann kann es losgehen. Manchmal kommt es dann aber doch anders, als man denkt. Das VG Koblenz musste nun einen Fall entscheiden, in dem in einer Klausur der Handywecker eines Studenten losging.

Handywecker war noch eingeschaltet

Kurz vor Beginn der schriftlichen Prüfung stellte der Student sein Handy auf „Flugmodus“, damit es ja keinen Laut von sich geben sollte. Er verstaute es in einer Tasche, die ca. 40 Meter von seinem Klausurarbeitsplatz entfernt stand. Was er aber vergessen hatte: Er hatte noch einen aktiven Wecker auf seinem Handy eingeschaltet, der während der Klausur losging. Die Klausuraufsicht wertete das als Täuschungsversuch, der Student musste den Prüfungsraum verlassen und bekam die Note „nicht ausreichend“.

VG Koblenz: Handywecker sei kein Täuschungsversuch

Dies wollte der Student nicht auf sich sitzen lassen und ging gegen diese Benotung vor. Nach einem erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren zog er daher vor das VG Koblenz. Er brachte vor, dass er am Tag vor der Prüfung einen wichtigen Termin gehabt habe – dafür der Wecker. Anschließend habe er schlichtweg vergessen, ihn zu deaktivieren, damit er nicht jeden Tag um diese Zeit klingelt. Außerdem gab der Student an, im Glauben gewesen zu sein, dass der Flugmodus auch die Weckfunktion deaktivieren würde.

Vor dem VG Koblenz hatte der Student Erfolg. Als Grundlage für die Bewertung, ob es sich um einen Täuschungsversuch handelte oder nicht, warfen die Richter einen Blick in die einschlägige Prüfungsordnung. Danach sei es zwar verboten, elektronische Sende- und Empfangsgeräte mit in die Klausur zu nehmen – ob dazu aber auch ein Handy im Flugmodus gehöre, könne offenbleiben. Zugute komme dem Studenten nämlich, dass das Handy fern von seinem Tisch lag. Im Urteil heißt es:

Danach gilt (lediglich) die Mitnahme eines Sende- und Empfangsgerätes an den Arbeitsplatz als Täuschungsversuch.

Nur dann hätte der Student einen Täuschungsversuch begangen. Da er das Handy aber nicht bei sich am Platz hatte, dürfe seine Klausur nicht als „nicht ausreichend“ gewertet werden. Außerdem müssten die Grundsätze der Rechtsklarheit und der Bestimmtheit beachtet werden. Nach diesen sei es erforderlich, dass die Regelungen zum Prüfungsverfahren inklusive Täuschungsversuche eindeutig festgelegt sind. Liegt eine solche nicht vor, dürfe das kein Nachteil für den betroffenen Prüfling sein.

Störung des Prüfungsablaufs?

Abschließend überprüfte das Gericht weiter, ob die Benotung des Studenten damit gerechtfertigt werden könnte, dass durch seinen Wecker der Prüfungsablauf gestört worden sei. Nach der Prüfungsordnung können Studierende, die den ordnungsgemäßen Ablauf einer Klausur stören, nämlich von der Prüfung ausgeschlossen und ebenfalls mit „nicht ausreichend“ bewertet werden. Die Richter stuften eine solche Sanktion im vorliegenden Fall allerdings als unverhältnismäßig ein – und betonten die Grundrechte des Studenten.

Unter Beachtung des Grundrechts des Art. 12 I GG spricht einiges dafür, dass der Begriff der Störung ein vorsätzliches Handeln, sprich ein Wissen und Wollen in Bezug auf das ordnungswidrige Verhalten, impliziert.

Hier könne man aber nur von einem fahrlässigen Verhalten ausgehen, so das Gericht. Außerdem sei die Störung mit dem Ausschalten des Weckers beseitigt gewesen. Hätten die Prüflinge durch diese Aktion einen Zeitverlust erlitten, so hätte auch eine kurze Schreibverlängerung gewährleistet werden können.

Im Ergebnis hatte der Student vor dem VG Koblenz Erfolg. Gegen die Entscheidung können die Beteiligten allerdings noch die Zulassung der Berufung durch das OVG Rheinland-Pfalz beantragen.

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