Sachverhalt (beruht auf einem Gedächtnisprotokoll)
In der kreisangehörigen Gemeinde G im Landkreis Regensburg, Regierungsbezirk Oberpfalz, betreibt die U-GmbH (U) einen Gemüsegroßhandel mit mehreren Angestellten. In einer Lagerhalle lagert die U ihre Ware. Diese steht auf einem in ihrem Eigentum stehenden Grundstück.
Im März 2020 bricht wegen eines technischen Defekts einer elektrischen Leitung auf dem Gelände der U ein Feuer aus. Dieses erfasst sehr rasch die gesamte Halle. Die freiwillige Feuerwehr von G, welche von aufmerksamen Passanten gerufen wird, übernimmt die Feuerbekämpfung. Schon beim Eintreffen stellt der Kommandant K zutreffend fest, dass die Halle nicht mehr gerettet werden kann. Daher dient die Feuerbekämpfung ausschließlich der Verhinderung eines Übergreifens der Flammen auf die Anwesen benachbarter Gewerbebetrieben. Daher ordnet K an eine Riegelstellung aufzubauen. Dabei werden die gefährdeten Nachbargrundstücke durch den Einsatz von Löschmitteln von dem Brand getrennt, um so Wärmeübertragungen und Funkenflüge zu unterbinden. Obwohl der Einsatz von Wasser als Löschmittel vollkommen ausgereicht hätte, weist K an, die Bestände eines Löschschaums aufzubrauchen. Den Löschschaum hat die freiwillige Feuerwehr vor langer Zeit erworben, aber noch nie verwendet. Während des mehrstündigen Einsatzes werden 10.000 Liter Löschschaum auf das Grundstück des U ausgebracht. Ein Übergreifen der Flammen kann verhindert werden. Erst am nächsten Morgen erfährt dann die Geschäftsführerin der U von dem Brand.
Es stellt sich bei der Brandnachsorge sodann heraus, dass der Löschschaum bereits seit 2011 einem gesetzlichen Verwendungsverbot unterliegt, da dieser Perfluoroctansulfonat (PFOS) enthält. Diese Substanz ist schwer in der Umwelt abbaubar. Bei einem Versickern des PFOS ins Erdreich kann dieses in das Grundwasser gelangen und so Gesundheitsschäden bei Mensch und Tier hervorrufen. Der am Einsatzort in den Boden eingedrungene Stoff kann durch Ausdünstung freigesetzt werden und auch so Gesundheitsgefahren für Personen, die sich auf dem Gelände aufhalten, hervorrufen. Mit einem ministeriellen Schreiben wurden die Feuerwehren in Bayern vor dem Inkrafttreten des Verbotes darauf hingewiesen, dass Altbestände des Löschschaums zu entsorgen seien und ab 2011 keinesfalls mehr eingesetzt werden dürften. Ob K, der damals schon Kommandant war, das Schreiben gelesen hatte, ist nicht aufklärbar. Allerdings steht aufgrund eines Sachverständigengutachtens fest, dass K hätte erkennen können, dass eine Verbreitung des Brandes auch durch den Einsatz ausschließlich von Wasser hätte verhindert werden können und der Einsatz des Löschschaums daher nicht erforderlich war.
Einige Wochen nach dem Brand erlässt das Landesamt Regensburg gestützt auf das Bundesbodenschutzgesetz einen rechtmäßigen Bescheid. In diesem verpflichtet sie die U zu einer umfangreichen Bodensanierung, um die durch den Löschschaum hervorgerufen Schäden in der Bodenveränderung zu beseitigen. Ein von der U engagiertes Fachunternehmen veranschlagt die Kosten für die Sanierung auf 2.000.000 €. Vor dem Vorfall hatte das Grundstück einen Verkaufswert von 100.000 €. Nach Durchführung der Sanierung wäre dieses wieder für denselben Wert verkehrsfähig.
Die Geschäftsführerin der U beauftragt Rechtsanwältin R. Sie soll gegen die Gemeinde, die jede Verantwortung von sich weist, gerichtlich vorgehen. R ist der Auffassung, dass die Gemeinde für ihre Feuerwehr einzustehen habe. Daher muss diese die Bodensanierung vornehmen, auch wenn die Feuerwehr der U durch die Brandbekämpfung geholfen habe. Allerdings sei aber gerade deswegen, also wegen des rechtswidrigen Einsatzes des Löschschaums, die Kontamination des Bodens erfolgt. R erhebt daraufhin eine formal ordnungsgemäße Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg und beantragt die Gemeinde zu verurteilen, die Bodensanierung durchzuführen. Die Gemeinde erwidert, dass sie für die Entscheidung des K nicht einstehen müsse. K habe sich außerdem allenfalls einfache Fahrlässigkeit zu schulden kommen lassen. Deshalb sei eine Haftung nach § 680 BGB ausgeschlossen. Schließlich stehe der Sanierungsaufwand mit 2.000.000 € völlig außer Verhältnis zum Grundstückswert. Der G ist es daher, weil die Haushaltslage ohnehin schon angespannt sei, nicht zumutbar die Maßnahme durchzuführen. Auch sie müssen Fachpersonal beauftragen und könnte kein eigenes Personal einsetzen. In einer mündlichen Verhandlung trägt R vor, dass die Haftungsprivilegierung des § 680 BGB auf professionelle Nothelfer keine Anwendung finden könne. Die Feuerwehren seien gerade - was zutrifft - über die kommunale Haftpflichtversicherung mitversichert. Zudem könnten die Gemeinden für Feuerwehreinsätze Kostenersatz verlangen.
Vermerk für die Bearbeitung:
In einem Gutachten, das - gegebenenfalls hilfsgutachtlich - auf alle aufgeworfenen Rechtsfragen eingeht, sind folgende Fragen zu beantworten:
1. Hat die Klage der U-GmbH gegen die Gemeinde G Aussicht auf Erfolg?
2. Könnte die U-GmbH, für den Fall, dass sie selbst die Sanierung in Auftrag gibt, von der Gemeinde G Zahlung von 2.000.000 € verlangen?
Hinweise:
Auf Art. 1, 4, 8, 18, 27 und 28 des Bayrischen Feuerwehrgesetzes (BayFwG) abgedruckt in Ziegler/Tremel, Gesetze des Freistaates Bayern, Nr. 200, wird hingewiesen.
Die weiteren Vorschriften dieses Gesetzes bleiben ebenso wie die Vorschriften des Bundes-Bodenschutzgesetzes (BBodSchG) bei der Bearbeitung außer Betracht.
Auf § 426 BGB ist nicht einzugehen.
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