Sachverhalt (beruht auf einem Gedächtnisprotokoll)
Unternehmer A betreibt in München eine Firma mit 16 Vollzeitmitarbeiter. Die Firma bietet Groß- und Einzelhandelsbetrieben Dienstleistungen an, insbesondere wenn es bei diesen zu Auftragsspitzen kommt. Die Verträge zwischen A und seinen Kunden sind so gestaltet, dass das Direktionsrecht über die Mitarbeiter stets bei A verbleibt. Ein Betriebsrat gibt es in der Firma des A nicht. Zudem besteht auch keine Tarifbindung.
Seit Januar 2010 ist der ungelernte N, dessen Monatsgehalt 2.400,00 Euro beträgt bei A angestellt. A hatte N als schwer vermittelbaren Arbeitnehmer kennengelernt, wollte diesem aber gerne eine Chance geben. Aus diesem Grund hat A mit dem N einen separaten Mietvertrag über ein im Unternehmern liegendes Appartment geschlossen. N wird von A ausschließlich im Außendienst eingesetzt und hat bis jetzt auch immer gute Arbeit geleistet. Nach seinem Arbeitsvertrag arbeitet N auch samstags.
am 30. September 2019 beauftragt die M-GmbH den A. Für den Zeitraum vom 01. bis 31. Oktober 2019 sollen die auf dem Parkplatz des Großmarktes stehen gelassenen Einkaufswägen an die dafür vorgesehenen Sammelstellen zurückgebracht werden. A überträgt diese Tätigkeit dem N und weist ihn an, ab dem 01. Oktober 2019 um 9.30 Uhr bei der M zu erscheinen. A bricht noch am selben Abend in einen vierwöchigen Urlaub auf. Er unternimmt eine Safari-Reise und wird in dieser Zeit nicht erreichbar sein. Daher bittet er den seit langen im Unternehmen arbeitenden E, während dieser Zeit an seiner Stelle die Aufsicht über die Beschäftigten zu übernehmen und Weisungen zu erteilen. Er stellt aber auch ausdrücklich klar, dass E nicht befugt sein soll, ihn in Personalangelegenheiten rechtsgeschäftlich zu vertreten.
N erledigt derweil seine Arbeit bei M am 1. und 2. Oktober 2019 ordentlich. Am Freitag, 4. Oktober 2019, erscheint N jedoch erst um 11:00 Uhr bei M, da er den vorangegangenen Freitag ausgiebig auf dem Oktoberfest gefeiert und am nächsten Montag verschlafen hat. Auch im Verlauf des Tages trödelt der N und legt immer wieder Pausen ein. Daher stehen am Nachmittag überall auf dem Gelände, teilweise auf dringend benötigten Parkplätzen, leere Einkaufswagen, die an den Sammelstellen fehlen. P, der vertretungsberechtigte Filialleiter der M, fordert den N daher auf, sich zu beeilen und endlich für Ordnung zu sorgen. N ist so erbost, dass er P mit den Worten: “ Du Arschloch, Du hast mir gar nichts zu sagen. Blöder Sack, verpiss dich, sonst bekommst Du eins auf die Mütze.” anschreit.
P bekommt vor dem körperlich überlegenen N Angst und geht in sein Büro zurück. Im Büro setzt P umgehend ein Schreiben auf und erteilt dem N Hausverbot. Durch einen Mitarbeiter des P wird das Schriftstück dem N ausgehändigt. Zudem schickt er es per Fax an das Büro des A. Außerdem kündigt der P den Vertrag mit A wirksam fristlos.
E erfährt noch am selben Abend von dem Vorgang. Er versucht, vergebens, die Aufhebung des Hausverbotes sowie die Fortführung des Vetrages zu erwirken. E kann den N leider wegen fehlender Aufträge nicht anderweitig einsetzen und teilt diesem mit, der sich pünktlich am 5. Oktober 2019 bei E im Büro meldet, dass er bis zum 31. Oktober 2019 keine Beschäftigung für ihn habe und schickt N sodann nach Hause.
Als A am 31. Oktober 2019 aus seinem Urlaub zurückkehrt und von der Sachlage Kenntnis erlangt, beschließt er, dem N zu kündigen,. Noch am selben Tag bittet A den N ins Büro und legt ihm den zuvor gefertigten und unterzeichneten Vertragsentwurf vor:
“Aufhebungsvertrag: Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis wird zum 31. Oktober 2019 aufgehoben. Mit Abschluss des Vertrages sind die gegenseitigen Ansprüche abgegolten (Ausnahme: etwaig offene Lohnansprüche für Oktober 2019 sowie offener Urlaub).”
A fährt den N an, dass, wenn dieser den Aufhebungsvertrag nicht sofort unterzeichne, er das Arbeitsverhältnis ordentlich kündigen werde. N fühlt sich derart in die Enge getrieben und willigt ein. Auch weil er seinen Lohn für September 2019 schon erhalten und auch keinen Urlaub offen hat. Dennoch kommt es zu einem heftigen Wortgefecht und N das Büro wutentbrannt verlässt. A bemerkt, dass N vergessen hat den Vertrag zu unterzeichnen und läuft diesem hinterher. N sitzt in einem Biergarten auf der gegenüberliegenden Straßenseite. A legt dem N also das Dokument vor und N unterzeichnet.
Am nächsten Tag bereut N die Unterschrift. Er schickt daher am Montag, 4. November 2019, eine E-Mail an A und teilt diesem mit, dass er den Aufhebungsvertrag “widerrufe” und nicht mehr gegen sich gelten lasse. Er fände die Art und Weise des Drucks unfair. Der Biergarten sei zudem wohl auch nicht der richtige Ort, an dem ein so weitreichender Vertrag, unterzeichnet werden sollte. Um sicher zu gehen, dass das Arbeitsverhältnis mit N in jedem Fall beendet ist, kündigt A diesem außerordentlich, hilfsweise ordentlich, daraufhin mit einem unterzeichneten Schreiben vom 6. November 2019. Dieses geht dem N am 7. November 2019 zu. N erhebt noch am selben Tag beim zuständigen Arbeitsgericht Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrages und der Kündigung sowie auf Zahlung von Arbeitslohn für den Zeitraum 1. bis 31. Oktober 2019.
A kündigt mit einem weiteren unterzeichneten Schreiben dem N das Mietverhältnis zum 31. Dezember 2019. Das Schreiben geht dem N am 25. November 2019 zu. In dem Schreiben macht A, den Tatsachen entsprechend, geltend, dass er bereits einen Nachfolger für N eingestellt habe, der aufgrund der katastrophalen Wohnungssituation in München dringend auf die Wohnung angewiesen sei.
Vermerk für die Bearbeitung:
In einem Gutachten, das - gegebenenfalls hilfsgutachtlich - auf alle aufgeworfenen Rechtsfragen eingeht, sind in der vorgegebenen Reihenfolge folgende Fragen zu beantworten:
1. Wurde das Arbeitsverhältnis zwischen A und N durch den Aufhebungsvertrag vom 31. Oktober 2019 beendet?
2. Unterstellt der Aufhebungsvertrag vom 31. Oktober 2019 ist unwirksam: Wurde das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 6. November 2019 beendet?
3. Steht N ein Entgeltanspruch für Oktober 2019 zu? Auf die Höhe eines etwaigen Anspruchs ist nicht einzugehen.
4. Unterstellt das Arbeitsverhältnis wurde durch die außerordentliche Kündigung vom 6. November 2019 beendet: Ist auch die Kündigung der Wohnung wirksam?
Hinweise:
Die Zulässigkeit der von N erhobenen Klage ist zu unterstellen und nicht zu prüfen. Es kein keine Arbeitnehmerüberlassung vor; das Gesetz zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung (AÜG) bleibt bei der Bearbeitung außer Betracht. Auf mit dem gesetzlichen Mindestlohn verbundene Rechtsprobleme ist nicht einzugehen.
Wenn Du die Themen und Anspruchsgrundlagen dieser Klausur genau unter die Lupe nehmen möchtest, dann sende uns eine E-Mail mit dem Betreff “Examensreport Zivilrecht” an info@jura-online.de und wir schalten Dir ein kostenloses Zivilrechtspaket für 5 Tage frei, so dass Du Zugriff auf alle zivilrechtlichen Lerneinheiten hast.
Viel Spaß und viel Erfolg beim eigenständigen Lösen der Klausur
Dein Jura-Online Team
Du möchtest weiterlesen?
Dieser Beitrag steht exklusiv Kunden von Jura Online zur Verfügung.
Paket auswählen