Wie ist das Europäische Parlament zusammengesetzt und was sind seine Aufgaben?
Am vergangenen Wochenende wählten 28 EU-Staaten ein neues Europäisches Parlament. Doch wer sind die Gewinner und Verlierer der neunten Direktwahl des Europäischen Parlaments? Wie hoch war die Wahlbeteiligung? Und worum ging es bei den Wahlen überhaupt? Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Europawahl 2019 stellen.
Worum geht es?
Bei den Wahlergebnissen in Deutschland zeichnete sich vor allem eine deutliche Tendenz ab: Die Volksparteien oder auch Zentrumsparteien – namentlich Union aus CDU und CSU und die SPD - haben deutliche Verluste bei den Wählerstimmen zu verbuchen, während die Grünen und die AfD an Wählerstimmen gewinnen konnten. Konkret kommt die Union auf 28,9 %, was einen Verlust von 6,4 Prozentpunkten gegenüber der letzten Wahl 2014 darstellt, während die SPD mit nur 15,8% erstmals bei bundesweiten Wahlen den Rang als zweitstärkste Partei verliert. Insgesamt muss die SPD einen Verlust von ganzen 11,5 Prozentpunkten einstecken. Den zweiten Rang haben nun die Grünen mit 20,5% der Wählerstimmen inne, die einen Rekordzuwachs von 9,8 Prozentpunkten verbuchen können. Die AfD kann als viertstärkste Partei 11% der Wählerstimmen für sich gewinnen. Demografisch ist bemerkenswert, dass die Grünen insbesondere in Großstädten die Wähler von ihrer Politik überzeugen konnten. Darüber hinaus findet die Fraktion, die sich insbesondere für den Klimaschutz einsetzt, deutlichen Zuspruch von Wählern unter 30. Aufgabe der Volksparteien wird nun sein, Antworten auf die Frage zu finden, warum sie einen derart deutlichen Verlust von Wählerstimmen zu verzeichnen haben.
Aber nicht nur in Deutschland verlieren die Volksparteien deutlich an Wählerstimmen. Erstmals können die christdemokratische Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) und die sozialdemokratische Progressive Allianz der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament (S&D) keine 50% der Wähler auf sich vereinigen.
Die Wahlbeteiligung lag insgesamt bei rund 51 %, mit der höchsten Beteiligung von rund 88,5% in Belgien – dort herrscht allerdings auch Wahlpflicht – und der niedrigsten Beteiligung in der Slowakei mit rund 22,7%. Insgesamt ist die Wahlbeteiligung um rund acht Prozentpunkte im Vergleich zur letzten Wahl angestiegen, damals lag die Wahlbeteiligung bei 42,61 %. In Deutschland lag die Wahlbeteiligung bei rund 61,4%, was einen Anstieg der Wahlbeteiligung von 13,3 Prozentpunkten im Vergleich zur letzten Europawahl im Jahre 2014 darstellt.
Was haben wir da eigentlich gewählt?
Doch was haben wir vergangenen Sonntag eigentlich gewählt? Dass wir mit unserer Stimme über die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments entschieden haben, sollte zumindest klar sein. Aber was macht dieses Parlament eigentlich und wie setzt es sich konkret zusammen?
Das Europäische Parlament sitzt in Straßburg, Brüssel und Luxemburg, setzt sich aus 751 Abgeordneten zusammen und wird jeweils für fünf Jahre gewählt. Nachdem Großbritannien aus der EU ausgetreten sein wird, wird die Anzahl der Abgeordneten auf 705 reduziert. Die Sitze im Europäischen Parlament werden gem. Art. 14 II 3 EUV nach dem Prinzip der degressiven Proportionalität besetzt. Das bedeutet, dass größere Mitgliedsstaaten grundsätzlich mehr Sitze als kleinere Mitgliedsstaaten haben, diese jedoch mehr Sitze pro Kopf zugesprochen bekommen. Art. 14 II EUV regelt diesbezüglich, dass kein Mitgliedsstaat weniger als sechs oder mehr als 96 Sitze bekommen darf. Das Besondere am Parlament ist, dass es das einzig direkt legitimierte (das heißt das einzig direkt von der Bevölkerung gewählte) Organ der EU ist. Gleichzeitig stellt das 1952 gegründete Parlament aber auch das einzige supranationale – also überstaatliche – direkt gewählte Organ weltweit dar.
Genau wie nationale Parlamente ist auch das Europäische Parlament in Fraktionen aufgeteilt. Diese Fraktionen ähneln oftmals den nationalen Parteien. Allerdings gibt es im Europäischen Parlament keine Regierung und somit auch keine Opposition im traditionellen Sinne, wie wir es zum Beispiel aus dem Bundestag kennen. Die stärksten Fraktionen im Europäischen Parlament sind für gewöhnlich – und so auch nach dieser Wahl – die christdemokratische Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) und die sozialdemokratische Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament (S&D). Die EVP konnte bei dieser Wahl knapp 24% der Wählerstimmen auf sich vereinigen, während die S&D rund 19,4% der Wähler für sich gewann. Die Frauenquote bei den Europa-Abgeordneten steigt kontinuierlich an: Während nach der ersten Direktwahl im Jahre 1979 nur rund 16% Frauen im Parlament saßen, machten Frauen von 2014 bis 2019 rund 37% der Abgeordneten aus.
Was gehört zu den Aufgaben des Europäischen Parlaments?
Die Aufgaben des Europäischen Parlaments sind in Art. 14 I des EU-Vertrages niedergeschrieben. Demnach wird das Parlament gemeinsam mit dem Rat als Gesetzgeber tätig und übt die Haushaltsbefugnisse des EU aus. Die meisten Richtlinien und Verordnungen werden dabei gemäß des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens gemäß Art. 294 AEUV erlassen. Darüber hinaus erfüllt es – nach Maßgabe der Verträge – die Aufgaben der politischen Kontrolle und Beratungsfunktionen. Das Europäische Parlament ist für die Kontrolle der Europäischen Kommission und des Rates der Europäischen Union zuständig. Diese Kontrolle übt es insbesondere durch die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen aus. Es wählt außerdem den Präsidenten oder die Präsidentin der Kommission.
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