Annegret Kramp-Karrenbauer will Influencer im Wahlkampf regulieren - und was ist mit der Meinungsfreiheit?

Annegret Kramp-Karrenbauer will Influencer im Wahlkampf regulieren - und was ist mit der Meinungsfreiheit?

AKK: “Das war klare Meinungsmache vor der Wahl”

Während ganz Europa in den vergangenen Tagen nach Österreich blickt und sich über das Skandalvideo echauffiert, brennt auch hierzulande die politische Luft. Auslöser ist ebenfalls ein Video, das kurz vor den Europawahlen auf YouTube veröffentlicht wurde. Der YouTuber ‘Rezo’ hat mit seiner “Zerstörung der CDU”, die innerhalb weniger Tage beinahe 13 Millionen Klicks erreichte, tatsächlich für viel Wirbel gesorgt. Nun bringt ausgerechnet die CDU-Chefin selbst das Fass zum überlaufen, indem sie Rezo und den YouTubern die Schuld an den schlechten CDU-Ergebnissen der Europawahl zuschreibt und eine Regulierung für YouTuber fordert.

Worum geht es?

55 Minuten haben ausgereicht, um die CDU in eine handfeste Krise zu stürzen: Auslöser war ein Video des YouTubers ‘Rezo’, in dem er unter anderem sagt, die CDU “zerstöre unser Leben und unsere Zukunft”. Zudem warf er der Partei vor, beim Klimawandel untätig zu sein, Politik lediglich für die reiche Bevölkerung zu machen und Völkerrecht zu brechen, indem sie den USA auf deutschem Boden in Ramstein erlaubt, Drohnen zu steuern und Kriege zu führen. Kurze Zeit später ging ein zweites Video online, in welchem etwa 90 weitere bekannte Influencer zusammen mit Rezo dazu aufriefen, nicht die CDU, SPD oder AfD zu wählen. Tatsächlich wählten bei der diesjährigen Europawahl nur wenige Tage nach den veröffentlichten Videos vor allem junge Menschen grün. Die CDU musste große Verluste hinnehmen und sucht nun nach den Schuldigen. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer (AKK) nahm dies zum Anlass, um sich zu Wort zu melden und hat dabei die Regulierung von YouTubern – insbesondere vor Wahlen – vorgeschlagen.

AKK: Das war “klare Meinungsmache vor der Wahl”

Mit den sich zusammengeschlossenen YouTubern zieht sie den Vergleich zu Zeitungsredaktionen:

“Was wäre eigentlich in diesem Lande los, wenn eine Reihe von, sagen wir, 70 Zeitungsredaktionen zwei Tage vor der Wahl erklärt hätten, wir machen einen gemeinsamen Aufruf: Wählt bitte nicht CDU und SPD. Das wäre klare Meinungsmache vor der Wahl gewesen.”

Dies hätte eine “muntere Diskussion in diesem Land ausgelöst”, so AKK weiter. Man wolle jetzt offensiv darüber diskutieren, welche Regeln aus dem analogen Bereich auch für den digitalen Bereich gelten müssten. Dies seien fundamentale Fragen, über die man sich unterhalten werde, und zwar nicht nur in der CDU oder mit der CDU, sondern – und da sei sie sich sicher – in der gesamten medienpolitischen und auch demokratietheoretischen Diskussion der nächsten Zeit.

“Ein beispielloser Angriff auf die Meinungsfreiheit”

Nur kurze Zeit später gab es eine Welle an Kritik. Insbesondere wird ihr vorgeworfen, die Meinungsfreiheit regulieren und beschränken zu wollen. Niema Movassat, parlamentarischer Geschäftsführer der Linke-Fraktion im Bundestag, twitterte dazu:

“Die Äußerung der CDU-Vorsitzenden AKK heute zu Äußerungen von Influencern ist ein beispielloser Angriff auf die Meinungsfreiheit. 70 Jahre Grundgesetz – und die CDU Chefin legt die Axt an. Die Frau ist keinesfalls weiter tragbar und sollte unverzüglich zurücktreten.”

Auch Christian Lindner konnte die Erwägungen zur Regulierung von Meinungsäußerungen vor Wahlen kaum glauben und machte darauf aufmerksam, dass das Land gerade mehr offene Debatten, auch in sozialen Medien, bräuchte.

AKK fühlt sich hingegen falsch verstanden. Es sei absurd, ihr zu unterstellen, Meinungsäußerungen regulieren zu wollen. Meinungsfreiheit sei auch ihrer Ansicht nach ein hohes Gut in der Demokratie. Sie wolle aber darüber sprechen, welche Regeln im Wahlkampf gelten müssten. Das Zurückrudern bringe jetzt allerdings auch nichts mehr, meint Stefan Kuzmany im Spiegel: Mit den beleidigten Gedankenspielen über “Meinungsmache” und deren Kontrolle bestätige sie nur die Kritik der jungen YouTuber und offenbare ihr autoritäres Denken. Die CDU hat Rezo zum Gespräch eingeladen – darauf hat der YouTuber jedoch noch nicht reagiert.