Keine Ausstrahlung des NPD-Wahlwerbespots zur anstehenden Europawahl
Das Bundesverfassungsgericht entschied am vergangenen Samstag (27.04.2019) im Eilverfahren über die Ausstrahlung eines Wahlwerbespots der Nationaldemokratischen Partei Deutschland (NPD) im Fernsehen und erteilte der Partei eine deutliche Absage. Zuvor hatte das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) die Ausstrahlung der Spots abgelehnt, da dieser nach Ansicht des Senders den Straftatbestand der Volksverhetzung (§ 130 StGB) erfülle.
Worum geht es?
Konkret ging es um die Ausstrahlung eines Wahlwerbespots der NPD für die anstehende Europawahl. Für den Spot waren Sendeplätze am 29.04.2019 um 17.05 Uhr und am 15.05.2019 um 22.10 Uhr im ZDF reserviert und sollte jeweils zu der genannten Uhrzeit ausgestrahlt werden. In dem Spot der Partei hieß es nach Angaben des BVerfG unter anderem, dass Deutsche „seit der willkürlichen Grenzöffnung 2015 und der seither unkontrollierten Massenzuwanderung fast täglich zu Opfern ausländischer Messermänner“ werden würden. Weiter sollte sich die Aussage „Migration tötet!“ und der Vorschlag um die Errichtung von Schutzzonen in Deutschland anschließen. Nach Ansicht des ZDF erfülle dieser Inhalt den Tatbestand der Volksverhetzung, der in § 130 I Nr. 2 StGB geregelt ist. Auf dieser Grundlage nahm der Sender die Ausstrahlung des Werbespots der Partei aus dem Programm.
Dagegen richtete sich die Partei im einstweiligen Rechtsschutz zunächst an das Verwaltungsgericht Mainz und das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, die beide die Ansicht des ZDF bestätigten und den Antrag auf eine einstweilige Anordnung ablehnten. Ziel der Partei war es, das ZDF zu verpflichten, die Wahlwerbung an den reservierten bzw. hilfsweise an anderen Sendeplätzen auszustrahlen.
Die Entscheidung des BVerfG
Die 2. Kammer des ersten Senates befasste sich nun im Eilverfahren gemäß § 32 Abs. 1 in Verbindung mit § 93 d Abs. 2 BVerfGG mit den Entscheidungen der beiden Gerichte und untersuchte den Fall auf mögliche Grundrechtsverletzungen. Im Ergebnis konnte die Kammer jedoch keine feststellen. Insbesondere hätten die Verwaltungsgerichte die Meinungsfreiheit der Partei aus Art. 5 Abs. 1 GG nicht verkannt. Die Gerichte haben sich intensiv mit den im Werbespot getroffenen Aussagen beschäftigt und sie „nachvollziehbar“ dem Straftatbestand der Volksverhetzung aus § 130 Abs. 1 Nr. 2 StGB zugeordnet. Bei ihrer Beurteilung haben sie dabei auch alternative Deutungsweisen der getroffenen Äußerungen in Betracht gezogen und zurecht verworfen. Aus diesen Gründen sind die Richter am Bundesverfassungsgericht zu dem Schluss gekommen, dass eine Verfassungsbeschwerde in der Hauptsache wohl offensichtlich unbegründet wäre. Der Antrag der Partei wurde deshalb abgelehnt.
Einstweiliger Rechtsschutz
Während der einstweilige Rechtsschutz im Verwaltungsverfahren gemäß § 123 VwGO und § 80 VwGO im Studium große Aufmerksamkeit genießt, gerät die einstweilige Anordnung vor dem Bundesverfassungsgericht gemäß ** 32 BVerfGG** leider häufig in Vergessenheit. Die Prüfungsämter haben den § 32 BVerfGG aber sehr wohl auf dem Zettel, sodass er Dir durchaus im Examen begegnen kann. Wenn Du die einstweilige Anordnung in der Klausur prüfst, ist es wichtig, wie gewohnt eine Zulässigkeits- und eine Begründetheitsprüfung vorzunehmen. In der Begründetheitsprüfung gehst Du in einem Zweischritt vor. Zunächst beurteilst Du die Erfolgsaussichten der Hauptsache. Hier kannst Du – je nach Fall – eine summarische Prüfung der Hauptsache vornehmen. Wenn Du zu dem Ergebnis kommst, dass die Sache in der Hauptsache höchstwahrscheinlich Erfolg haben wird, musst Du im Anschluss eine Interessenabwägung durchführen. Augenmerk solltest Du dabei darauf legen, dass die Gewährung der einstweiligen Anordnung oftmals die Gefahr der „Vorwegnahme der Hauptsache“ birgt. Deshalb regelt § 32 Abs. 1 BVerfGG, dass die Gewährung des eiligen Rechtsschutzes nur zulässig ist, wenn dies „zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist“. Das BVerfG hat in diesem Zusammenhang das hilfreiche Instrument der sogenannten „Doppelhypothese“ entwickelt. Im Rahmen dieser Hypothese führt es sich vor Augen, was die Folgen wären, wenn die einstweilige Anordnung gewährt würde, die Hauptsache sich im Nachhinein jedoch als unbegründet erweist und wenn der einstweilige Rechtsschutz nicht gewährt wird, die Hauptsache im Nachhinein jedoch Erfolg hat. Sofern Du in einer Klausur von § 32 BVerfGG überrascht wirst, kannst Du mit diesen Überlegungen in jedem Fall punkten. Mehr Informationen zur einstweiligen Anordnung vor dem Bundesverfassungsgericht und ein umfangreiches Prüfungsschema findest du hier.
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