„Rettet die Bienen“ - Volksbegehren zur Gesetzesänderung des bayerischen Naturschutzgesetzes

„Rettet die Bienen“ - Volksbegehren zur Gesetzesänderung des bayerischen Naturschutzgesetzes

Von Volksbegehren, Bienenparagrafen und Bienen in Klausuren

In Bayern läuft derzeit eine der größten Artenschutz-Kampagnen: Unter dem Namen „Rettet die Bienen” wird damit eine Gesetzesänderung des bayerischen Naturschutzgesetzes angestrebt, um dem dramatischen Artensterben entgegenzuwirken. Die Bienen bekommen nun endlich neben den im Jurastudium weniger bedeutenden „Bienenparagrafen“ ihre gebührende rechtliche Aufmerksamkeit.

 

Worum geht es?

Am 18. Mai 2018 fiel der Startschuss für eine der größten Artenschutz-Kampagnen mit dem Namen „Rettet die Bienen“, welche sich seitdem rasant entwickelte. Die erste Hürde war schnell genommen: Im Oktober 2018 fanden sich bereits knapp 100.000 Unterstützer, sodass das Innenministerium sein „OK“ für die Durchführung eines Volksbegehren gab. Seit dem 31. Januar 2019 können sich nun die wahlberechtigten Einwohner Bayerns eintragen, um das vierzehntägige Volksbegehren zu unterstützen. Bis heute Abend müssen sich 10 % der Wahlberechtigten in Bayern eingetragen haben, damit der Gesetzestext dem Landtag zur Abstimmung vorgelegt wird. Bereits über eine Million Menschen haben nach Angaben der Organisatoren das Vorhaben unterstützt: Das Vorhaben hat somit bereits einen Tag vor Fristablauf die notwendige Anzahl an Unterschriften erreicht. Die Biene kann somit einen wichtigen Etappensieg verbuchen.
 
Angestrebt wird eine Gesetzesänderung des bayrischen Naturschutzgesetzes, um insbesondere dem dramatischen Artensterben entgegenzuwirken. Die Biene - von den Initiatoren als „Sympathieträger“ bezeichnet - steht im Mittelpunkt der Initiative. Das Artensterben soll unter anderem durch mehr Blühwiesen, einen geringeren Einsatz von Pestiziden und den Ausbau von ökologischer Landwirtschaft drastisch verlangsamt bzw. wenn möglich verhindert werden. Nach Ansicht der Initiatoren ist all dies nur durch eine Änderung des Naturschutzgesetzes realisierbar. Freiwillige Maßnahmen einzelner Landwirte oder Privatpersonen reichen nicht mehr aus. Und auch die Initiierung eines „Runden Tisches“ von Seiten der Politik sei nicht genug. Dr. Norbert Schäffer vom Landesbund für Vogelschutz meint:*

„Ein runder Tisch alleine bringt noch keine einzige Feldlerche und keinen Schwalbenschwanz in unsere Landschaft zurück.“

Wenn das Volksbegehren die nötige Anzahl von Unterstützern findet, wird im Landtag über den Gesetzesentwurf abgestimmt. Falls er die Gesetzesänderung ablehnt, wird es innerhalb von drei Monaten nach dem Beschluss einen Volksentscheid geben.

Das Volksbegehren findet jedoch nicht nur Unterstützer: So hagelt es insbesondere von Seiten einiger Landwirte Kritik. Inzwischen wurde das Volksbegehren sogar als „Bauern-Bashing“ bezeichnet, da es weitere Auflagen für in der Landwirtschaft tätige Betriebe fordere. Die Organisatoren versichern allerdings, dass obwohl das Betreiben der konventionellen Landwirtschaft zu erheblichen Umweltproblemen geführt habe, sie die Landwirte nicht als Täter sehen. Vielmehr handeln sie im gesetzlichen Rahmen. Handlungsbedarf gebe es deshalb in der Politik, um unter anderem das Artensterben der Bienen zu verhindern.  

„Bienenparagrafen“ oder „Schwarmrecht“ unbedeutend?

Während die sogenannten „Bienenparagrafen“ (§§ 961 - 964 BGB) im Jurastudium sonst eher stiefmütterlich behandelt und als die wohl unbedeutendsten Normen des gesamten Bürgerlichen Gesetzbuches angesehen werden, genießen die Bienen derzeit zumindest im Rahmen des Volksbegehrens hohes Ansehen. Die „Bienenparagrafen“ haben zwar tatsächlich keine besonders hohe Examensrelevanz, dennoch kannst Du insbesondere Nichtjuristen auf WG-Parties mit Deinem Rechtswissen über die Verfolgung von Bienenschwärmen beeindrucken - versprochen!

Obwohl auch der Palandt keine Gerichtsentscheidungen zu den einschlägigen Paragrafen verzeichnet, sind sie als historisches Überbleibsel der sogenannten Zeidlerzeit trotzdem einen Blick wert.

Als Zeideln wurde im Mittelalter das gewerbsmäßige Schneiden von Honig wilder bzw. halbwilder Bienenvölker bezeichnet. Anders als Imker hielten sie das Bienenvolk nicht in Bienenstöcken. Sie schlugen stattdessen künstliche Höhlen in Baumstämme im Wald und warteten darauf, dass ein Bienenvolk einflog. Die Zeidler waren in Zünften organisiert und übten sogar eine eigene Gerichtsbarkeit aus.

 

Wie verliere ich das Eigentum an einem Bienenschwarm?

Zunächst zum Eigentumsverlust: Während eine gewöhnliche Sache herrenlos wird, sobald der Eigentümer den Besitz an der Sache mit der Absicht auf das Eigentum zu verzichten aufgibt (§ 959 BGB), ist es bei einem Bienenschwarm nicht ganz so einfach. Gemäß § 961 BGB verliert der Eigentümer eines Bienenschwarms nur dann das Eigentum, wenn die Bienen ausziehen und der Eigentümer den Bienenschwarm nicht unverzüglich verfolgt oder die Verfolgung aufgibt. Also spätestens, wenn Du von Seitenstichen geplagt aufhörst zu laufen und Deinen Bienenschwarm am Horizont davon fliegen siehst, weißt Du: Deine Bienen sind jetzt herrenlos.  

Die Verfolgungsjagd

Damit der Eigentumsverlust am Bienenschwarm aber nicht so leicht geschieht, hat der Gesetzgeber den Eigentümer der Bienen mit Sonderrechten für die Verfolgungsjagd ausgestattet. Gute Nachrichten: Fremdes Grundstückseigentum wird Dir auf Deiner Verfolgungsjagd keine Sorgen bereiten, denn Du darfst gemäß § 962 BGB bei der Verfolgung fremde Grundstücke betreten. Und noch besser: Falls Dein Bienenschwarm einen fremden, leeren Bienenstock bezieht, darfst Du diesen zum Zwecke des Einfangens Deiner Bienen öffnen und die Waben herausbrechen. Den möglicherweise entstandenen Schaden müsstest Du dann allerdings dem Eigentümer des Bienenstockes gemäß § 962 S.3 BGB ersetzen.  

Bienenschwarm trifft auf Bienenschwarm während der Verfolgungsjagd

Die Situation kann aber schnell knifflig werden - und zwar dann, wenn Dein Bienenschwarm auf einen anderen trifft. Stell Dir vor, Du verfolgst Deinen entflogenen Bienenschwarm und dieser vermischt sich plötzlich in der Luft mit einem anderen, unglücklicherweise ebenfalls entflogenen, verfolgten und somit nicht herrenlosen, Bienenschwarm. Die beiden Schwärme vereinigen sich zu einem großen Bienenschwarm, während Du und der andere Verfolger nur ratlos zuschauen könnt. Aber keine Sorge, denn auch für diesen Fall kennt das BGB eine Lösung: Die Eigentumsverhältnisse sind dank § 963 BGB geregelt. Glückwunsch, ihr beide seid jetzt Miteigentümer des Gesamtschwarms und die Miteigentumsanteile bestimmen sich nach der Anzahl der von Euch verfolgten Schwärme. Die allgemeinen Regeln zur Berechnung der Miteigentumsanteile, bei denen auf den Wert der beiden Schwärme abgestellt werden würde (§ 948 i.V.m. § 947 BGB), würde die Bienenschwarmeigentümer vor Beweisprobleme stellen, weshalb die oben genannte, vereinfachte Regel normiert wurde.  

Worst Case Scenario: Dein Bienenschwarm zieht in einen fremden, besetzten Bienenstock ein

Im schlimmsten Fall zieht Dein Bienenschwarm in einen fremden, besetzten Bienenstock ein. Gemäß § 964 S.1 BGB bist Du fortan nicht mehr Eigentümer des Bienenschwarmes. Der Eigentümer des Bienenschwarmes, der in dem Bienenstock wohnt, ist ab jetzt auch Eigentümer des zugezogenen Schwarmes. Alle Deine Rechte am Schwarm sind im Zeitpunkt der Vermischung eurer Schwärme erloschen. Es stehen Dir keinerlei Ausgleichsansprüche zu.  

Bienen in Klausuren

Obwohl die Eigentumsverhältnisse von Bienenschwärmen äußerst spannend sind, werden Dir Bienen häufiger in anderen Klausurkonstellationen begegnen. Dabei kann es sich um Fälle von Nachbarschaftsstreitigkeiten handeln, in denen der Nachbar des Imkers die Beseitigung der Störung seines Eigentums gemäß ** 1004 BGB** verlangt. Es wird sich in diesem Zusammenhang regelmäßig die Frage stellen, ob sich für den Nachbarn eine Duldungspflicht aus § 906 BGB ergibt.

Des Weiteren können Dir Bienen im Rahmen der Tierhalterhaftung gemäß § 833 BGB begegnen. Es gilt dann oftmals, die spezifische Tiergefahr zu ermitteln.

Zwei Fälle sorgten in diesem Zusammenhang für Aufsehen:

Zum einen klagte ein Gartenbaubetrieb gegen seinen Nachbarn, einen Imker. Der Gartenbaubetrieb hatte großflächig Schnittblumen für den Verkauf angepflanzt, welche wiederum von den Bienenvölkern seines Nachbarn angeflogen wurden. Aufgrund der Bestäubung verblühten die erwähnten Blumen schneller und eigneten sich nicht mehr zum Verkauf. Das Reichsgericht nahm hierbei jedoch lediglich ein arttypisches Verhalten und nicht die Realisierung der typischen Tiergefahr an. Und auch im zweiten Fall, in dem es um den alljährlichen Reinigungsflug der Bienen nach dem Winter ging, durfte der Bienenflug nicht als typische Tiergefahr klassifiziert werden. Eine höchstrichterliche Entscheidung gibt es hierzu allerdings (noch) nicht.

 
Darüber hinaus ist die Bienenhaltung eine vielschichtige Frage des Öffentlichen Rechts, sodass es gut angehen kann, dass Dir die Bienen auch dort und nicht nur in zivilrechtlichen Klausuren begegnen.  

*Korrekturanmerkung 20.02.2019 / 11:50 Uhr: An dieser Stelle des Beitrags stand ursprünglich, dass das Zitat vom bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder komme. Die kritische Anmerkung zum “runden Tisch” stammt aber von Dr. Norbert Schäffer - wir haben den Artikel dahingehend korrigiert.

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