Entwidmung durch Ermordung

A. Sachverhalt

Der Angeklagte hatte eines Abends eine Besprechung bei einer Frau, die in ihrem Hause allein wohnte. Als es hierbei zu einer Auseinandersetzung kam, erdrosselte der Angeklagte die Frau mit einer Krawatte. Er bedeckte die Leiche mit Papier und schüttete Benzin im Raum aus. Nachdem er anschließend einige Zeit in den Straßen ziellos herumgestreift war, kehrte er zum Tatort zurück. Er entzündete ein Streichholz, um das Papier in Brand zu stecken. Dabei explodierte das inzwischen entstandene Benzin-Luftgemisch und setzte den Raum in Brand.

B. Worum geht es?

Im Mittelpunkt unserer Betrachtung soll die Strafbarkeit des Angeklagten wegen Brandstiftungsdelikten (§§ 306 ff. StGB) stehen. Nach § 306a I Nr. 1 StGB wird wegen schwerer Brandstiftung bestraft, wer ein Gebäude, das der Wohnung von Menschen dient, in Brand setzt. Der Angeklagte hatte indes die einzige Bewohnerin des Hauses getötet, bevor er es in Brand setzte. Der BGH hatte daher die folgende Frage zu beantworten:

„Dient ein Gebäude noch zur Wohnung von Menschen, wenn der einzige Bewohner gestorben ist?“

 

C. Wie hat der BGH entschieden?

Der BGH ändert im Fall „Entwidmung durch Ermordung?“ (Urt. v. 10.9.1969 – 2 StR 276/69 (BGHSt 23, 114 f.)) den Schuldspruch des Landgerichts ab und verurteilt den Angeklagten (neben Totschlags) nur wegen (einfacher) vorsätzlicher Brandstiftung (§ 306 StGB). Ein Gebäude diene nicht mehr zur Wohnung von Menschen im Sinne von § 306a I Nr. 1 StGB, wenn der einzige Bewohner gestorben ist:

„Indessen tragen die Feststellungen nicht die Verurteilung wegen lebensgefährdender Brandstiftung gemäß § 306 Nr. 2 StGB [= schwere Brandstiftung i.S.v. § 306a I Nr. 2 StGB n.F.]. Diese setzt voraus, daß das angezündete Gebäude zur Wohnung von Menschen dient. Es genügt nicht, daß es hierzu geeignet und bestimmt ist. Vielmehr muß es tatsächlich bewohnt werden, mag auch der Bewohner zur Tatzeit abwesend sein. Ist ein Wohnhaus jedoch verlassen oder aus anderen Gründen unbewohnt, findet § 306 Nr. 2 StGB [= § 306a I Nr. 2 StGB n.F.] keine Anwendung. Das muß auch gelten, wenn der einzige Bewohner gestorben ist (ebenso Werner in LK 8. Aufl. § 306 Anm. III 1). Hierbei kommt es nicht darauf an, wie lange vor der Tat der Tod eingetreten ist und ob die Leiche sich noch im Hause befindet oder nicht. Eine Änderung tritt erst ein, wenn die Erben oder andere Personen das Gebäude zum Wohnen tatsächlich in Besitz nehmen.“

D. Fazit

Kein Gebäude ohne Bewohner.

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