Examensreport: ZR II 1. Examen im Februar 2014 in NRW

Hier eine kurze Zusammenfassung der zweiten zivilrechtlichen Examensklausur:

Im Ausgangsfall dieser Examensklausur ging es zunächst um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung gegenüber einem bulgarischen Arbeitnehmer, der das in deutscher Sprache verfasste Kündigungsschreiben nicht versteht und daher in den Müll wirft. Hier mussten die Kandidaten schwerpunktmäßig den Zugang der Kündigungserklärung diskutieren. Zugang einer Willenserklärung liegt bekanntlich vor, wenn die Erklärung derart in den Machtbereich des Empfängers gelangt, sodass unter normalen Umständen von Kenntnisnahme zu rechnen ist. Das ist bei einer schriftlichen Erklärung regelmäßig der Zeitpunkt, in dem die Erklärung in den Briefkasten gelangt. Eine tatsächliche Kenntnisname oder gar ein Verstehen der Erklärung ist hierfür keine Voraussetzung. Im Übrigen enthielt die Examensklausur auch die Information, dass auch schon der Arbeitsvertrag und die Arbeitsanweisungen in deutscher Sprache erfolgt seien.

Darüber hinaus sollte im Ausgangsfall auch bestimmt werden, zu welchem Zeitpunkt die Kündigung wirksam war. Der Arbeitgeber hatte die Kündigungserklärung so formuliert, dass entweder mit 14-tägiger Frist innerhalb der Probezeit oder hilfsweise mit Monatsfrist gekündigt werde. Nach § 622 III BGB gilt die Kündigungsfrist von 14 Tagen nur bei einer „vereinbarten“ Probezeit. Für eine solche Vereinbarung fehlten in der Examensklausur aber die Anhaltspunkte. Im Gegenteil: Der Arbeitnehmer beruft sich ausdrücklich darauf, dass eine Probezeit vertraglich nicht vereinbart gewesen sei.

In der zweiten Aufgabe dieser Examensklausur wurde einem Arbeitnehmer (C) am 30.09. zum 31.12. gekündigt. C wurde sofort unter Lohnfortzahlung freigestellt. Allerdings hatte der C mit dem Arbeitgeber vertraglich vereinbart, dass er einen Dienstwagen zu Verfügung gestellt bekommt, den er auch privat nutzen durfte. Diese Vereinbarung stand unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs durch den Arbeitgeber. Jetzt verlangt der Arbeitgeber von C nach dessen Freistellung, aber vor Auslaufen des Arbeitsvertrages den Dienstwagen heraus. Schwerpunktmäßig war hier ein Anspruch auf Herausgabe aus § 985 BGB zu prüfen. Eigentum des Arbeitgebers lag ebenso vor wie Besitz aufseiten des C. Fraglich war allein das Recht zum Besitz gem. § 986 I 1 1. Fall BGB. Ein solches Recht konnte sich aus der getroffenen Vereinbarung treffen. An dieser Stelle war eine Auslegung der Vereinbarung gefragt: Sollte das Besitzrecht als Teil der Vergütung an den Bestand des Arbeitsvertrages geknüpft sein, oder sollte auch während des bestehenden Arbeitsvertrages ein Widerruf erfolgten können. Immerhin enthielt die Examensklausur die Information, dass die private Nutzung des Dienstfahrzeuges vom Finanzamt als vermögenswerter Vorteil erfasst wurde und zu versteuern war.

In der letzten Abwandlung dieser Examensklausur wurde - anders als in der Aufgabe zuvor – ausdrücklich eine Rückgabeverpflichtung im Falle der Freistellung des Arbeitnehmers vereinbart. Da der Arbeitnehmer C das Fahrzeug nach seiner Freistellung noch nutzt, verlangt der Arbeitgeber Nutzungsersatz. Hier mussten die Kandidaten sehen, dass ein Anspruch aus EBV auf Nutzungsherausgabe gegen den bösgläubigen Besitzer aus §§ 990, 987 BGB in Betracht kommt. Bei dem Prüfungspunkt „Kein Recht zum Besitz“ war zu diskutieren, ob aufgrund der ausdrücklichen Rückgabevereinbarung mit Freistellung das Recht zum Besitz entfallen war. Die sonstigen Voraussetzungen der §§ 990, 987 BGB, nämlich Bösgläubigkeit und Nutzungen, lagen insoweit vor. Sodann war der Anspruch auf Nutzungsherausgabe aus §§ 812 I 1 1. Fall, 818 I BGB zu prüfen, aber sogleich aufgrund der Sperrwirkung des EBV gem. § 993 BGB für unanwendbar zu erklären.

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