Examensreport: ÖR I 1. Examen Februar 2014 in Bremen, NRW und Thüringen

Examensreport: ÖR I 1. Examen Februar 2014 in Bremen, NRW und Thüringen

Hier eine kurze Zusammenfassung der ersten Examensklausur im öffentlichen Recht, in der es um staatorganisationsrechtliche Fragen ging:

Die erste Frage der Examensklausur betraf die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzvorschlages der X-Fraktion zur Änderung des Bundeswahlgesetzes, um ein Minderjährigenwahlrecht einzuführen. Dabei war nicht so sehr die Einführung des Minderjährigenwahlrechts als solches zu problematisieren, sondern die konkrete Ausgestaltung. Geplant war, dass nicht Minderjährige selbst das Wahlrecht ausüben sollten, sondern dass Minderjährige durch ihre gesetzlichen Vertreter vertreten werden sollten. In Betracht kam ein Verstoß gegen die in Art. 38 I 1 GG verankerten Wahlgrundsätze, und zwar gegen die Merkmale „selbst“ und „geheim“. Dabei war in der Examensklausur insbesondere auch abzuwägen, ob die Durchsetzung der Interessen der Familien, Art. 6 I GG, eine Einschränkung rechtfertigen konnte.

In der zweiten Frage dieser Examensklausur ging es nicht um ein „Minderjährigenwahlrecht“, sondern um ein „Elternwahlrecht“: Danach sollten Eltern pro minderjähriges Kind eine weitere Stimme erhalten. Dieser Gesetzesvorschlag war im Hinblick auf das ebenfalls in Art. 38 I 1 GG verankerte Gebot der „Gleichheit“ der Wahl zu würdigen. Die Gleichheit der Wahl umfasst insbesondere die sog. „Zählwertgleichheit“, wonach jede Stimme gleich viel zählen muss („one man one vote“).

In der letzten Aufgabe dieser Examensklausur ging es um die Erfolgsaussichten eines Antrages des Abgeordneten A vor dem BVerfG. Er hatte eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung gestellt, um herauszufinden, ob die Bundesministerin für Soziales den Gesetzesvorschlag zum Minderjährigenwahlrecht eingebracht hat und wie sich die anderen Minister dazu eingelassen haben. Diese Anfrage hatte die Bundesregierung als unzulässig zurückgewiesen. Die statthafte Verfahrensart war das Organstreitverfahren, Art. 93 I Nr. 2 GG, §§ 13 Nr. 5, 63 ff. BVerfGG. In der Begründetheit war eine Verletzung der Abgeordnetenrechte aus Art. 38 I 2 GG  („Freies Mandat“) zu prüfen. Das Freie Mandat umfasst insbesondere auch Auskunfts- und Antragsrechte. Im Rahmen der Rechtfertigung dieses Eingriffs in das Freie Mandat war dann am Ende dieser Examensklausur eine Abwägung mit der Funktionsfähigkeit der Bundesregierung, Art. 62 ff. GG, vorzunehmen.

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