BGH: Erfordernis der Kongruenz im Maklerrecht

A. Sachverhalt

Die Klägerin (K), eine Immobilienmaklerin, fragte Anfang Dezember 2010 per E-Mail bei der Beklagten (B), einer expandierenden Unternehmensgruppe, unter Hinweis auf eine Provisionspflicht in Höhe von 3 % zuzüglich Mehrwertsteuer an, ob diese Interesse an der Benennung einer Gewerbeimmobilie im Süden von Bielefeld habe. Nachdem dies die B bejaht hatte, benannte K der B per Telefax vom 7. Dezember 2010 die Immobilie der Verkäuferin zu einem Kaufpreis von 1,1 Mio. €. Zugleich übersandte sie ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen, deren Ziffer 20 wie folgt lautete:

“Der Provisionsanspruch entsteht auch, wenn der Vertrag zu Bedingungen abgeschlossen wird, die vom Angebot abweichen, oder wenn und soweit im zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit einem ersten Vertrag vertragliche Erweiterungen und Ergänzungen zustande kommen bzw. ein gleiches oder ähnliches Geschäft abgeschlossen wird.”

Im Juli 2011 erwarb eine Tochtergesellschaft der B, die T-Bauelemente GmbH (T), die Immobilie zu einem Kaufpreis von 525.000 €. Am 30. November 2011 stellte K der B eine Käufercourtage von 18.742,50 € einschließlich Mehrwertsteuer in Rechnung. Zu Recht?

B. Die Entscheidung des BGH (Urt. v. 6.2.2014, Az. III ZR 131/13)

Ein Anspruch der K könnte sich aus § 652 I BGB ergeben.

Ein (Nachweis-)Maklervertrag zwischen K und B ist zustande gekommen. Ein Anspruch aus § 652 I BGB besteht aber nur dann, wenn infolge des Nachweises des Maklers der Hauptvertrag (hier: der Kaufvertrag über das Grundstück) zustande kommt. Neben der Kausalität des durch den Makler erbrachten Nachweises für den Vertragsschluss bedarf es einer Kongruenz zwischen nachgewiesenem und abgeschlossenem Vertrag, wobei eine wirtschaftliche Betrachtungsweise anzustellen ist.

Daran könnten hier Zweifel bestehen. Einerseits ist der Hauptvertrag nicht von der B, sondern ihrer Tochtergesellschaft abgeschlossen worden, andererseits weist der Hauptvertrag einen erheblich reduzierten Kaufpreis (525.000 € gegenüber 1,1 Mio. €) auf.

1. personelle Kongruenz

Anerkannt ist, dass der Maklerkunde nicht stets selbst Partner des Hauptvertrages werden muss. Es kommt auch hier auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise an, also darauf, ob der abgeschlossene Hauptvertrag aus der Sicht des Maklerkunden wirtschaftlich gleichwertig war mit dem nachgewiesenen Vertrag. Daher genügt es, wenn zwischen dem Maklerkunden und dem Dritten besonders enge persönliche oder besonders ausgeprägte wirtschaftliche Verflechtungen bestehen. So hat der BGH in einer Entscheidung aus dem Jahre 2007 ausgeführt (NJW 2008, 651):

„Darüber hinaus entspricht es der ständigen Rechtsprechung des BGH, dass bei besonders engen persönlichen oder wirtschaftlichen Bindungen zwischen dem Auftraggeber des Maklers und der Partei des Hauptvertrags dessen Abschluss für die Verpflichtung zur Zahlung einer Maklerprovision einem eigenen Geschäft des Auftraggebers gleichzusetzen sein kann. In solchen Fällen kann der Kunde nicht die Vorteile, die sich aus der Tätigkeit des von ihm beauftragten Maklers ergeben, für sich in Anspruch nehmen, die damit verbundenen Nachteile, das heißt die Zahlung eines Maklerlohns, jedoch ablehnen (Senat, NJW-RR 2004, 851 = NZM 2004, 428 m.w. Nachw.). Umstände solcher Art können etwa vorliegen, wenn der Auftraggeber des Maklers an dem abgeschlossenen Geschäft selbst weitgehend beteiligt ist, oder wenn zwischen dem Kunden und dem Erwerber eine feste, auf Dauer angelegte, in der Regel familien- oder gesellschaftsrechtliche Bindung besteht (Senat, NJW-RR 2004, 851 = NZM 2004, 428 m.w. Nachw.).“

In Anbetracht der gesellschaftsrechtlichen Verflechtung zwischen der B und der Käuferin, ihrer Tochtergesellschaft, ist die personelle Kongruenz zu bejahen.

2. inhaltliche Kongruenz

Der BGH verneint aber die inhaltliche Kongruenz und führt dazu aus:

„Führt die Tätigkeit des Maklers zum Abschluss eines Vertrags mit anderem Inhalt, so entsteht kein Anspruch auf Maklerlohn. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kommt aber dann in Betracht, wenn der Kunde mit dem tatsächlich abgeschlossenen Vertrag wirtschaftlich denselben Erfolg erzielt. Dabei sind stets die Besonderheiten des Einzelfalls maßgebend. …

Der Bundesgerichtshof hat zur wirtschaftlichen Gleichwertigkeit des abgeschlossenen Vertrags im Verhältnis zu dem im Maklervertrag zugrunde gelegten ausgeführt, dass es bei Grundstücksgeschäften häufig vorkomme, dass Vertragsschließende ihre Vorstellungen nicht voll verwirklichen könnten, die sie bei Beginn der Vertragsverhandlungen und bei Beauftragung des Maklers gehabt hätten; das erforderliche (gegenseitige) Nachgeben, um den Vertragsschluss herbeizuführen, könne sich dabei nicht nur auf die Höhe des Kaufpreises und die Nebenbestimmungen, sondern auch auf den Umfang der Sachleistung beziehen. Soweit sich die Abweichungen im Rahmen dessen hielten, womit der Maklerkunde bei der Beauftragung des Maklers gerechnet habe, könnten sie den Provisionsanspruch nicht ausschließen (vgl. BGH, Urteil vom 28. Januar 1987 - IVa ZR 45/85, NJW 1987, 1628 zum Vermittlungsmaklervertrag; vgl. auch BGH, Urteil vom 26. September 1979 - IV ZR 92/78, NJW 1980, 123, 124). Dementsprechend hat sich der Senat in seinem Urteil vom 13. Dezember 2007 die Frage gestellt, ob wegen der Kaufpreisreduzierung die notwendige (wirtschaftliche) Kongruenz des abgeschlossenen Vertrags mit der nachgewiesenen Gelegenheit fehle, diese jedoch im konkreten Fall wegen des geringen Umfangs des gewährten Preisnachlasses (circa 15 %) verneint (III ZR 163/07, NJW 2008, 651 Rn. 26). In einem weiteren Fall hat der Senat die Abweichung des Kaufpreises zwischen nachgewiesenem und tatsächlich abgeschlossenem Vertrag unter dem Blickpunkt der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit geprüft, diese freilich deshalb für gegeben erachtet, weil der niedrigere Kaufpreis unter Berücksichtigung von (zu übernehmenden) Verbindlichkeiten zustande gekommen war (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 1998 - III ZR 18/97, NJW 1998, 2277, 2278 f zum Nachweismakler).

Entscheidend ist danach, ob sich unter Würdigung aller besonderen Umstände der abgeschlossene Vertrag als ein wirtschaftlich anderer darstellt, als der nach dem Maklervertrag nachzuweisende. Dabei ist bei für den Maklerkunden günstigen Preisabweichungen besonders in den Blick zu nehmen, ob diese sich noch in einem erwartbaren Rahmen bewegen, oder ob letztlich die abweichende Preisgestaltung auf Umständen beruht, die die wirtschaftliche Identität des nachgewiesenen zum abgeschlossenen Geschäft infrage stellen. Dabei ist kein allzu strenger Maßstab anzulegen, da sich insbesondere bei Grundstücken, die längere Zeit angeboten werden, der Preis typischerweise nach unten bewegt (vgl. Hamm/Schwerdtner, Maklerrecht, 6. Aufl., Rn. 438 ff). Preisnachlässe von bis zu 15 % stellen die wirtschaftliche Kongruenz im Allgemeinen nicht in Frage (s. Senatsurteil vom 13. Dezember 2007 aaO), bei Preisnachlässen - wie hier - von mehr als 50 % ist sie regelmäßig zu verneinen.“

Das Berufungsgericht hatte noch angenommen, dass es treuwidrig sei, wenn sich die B auf die fehlende inhaltliche Kongruenz berufe:

„Weicht der zustande gekommene Hauptvertrag bei Preisdifferenzen zugunsten des Maklerkunden von dem vom Makler nachgewiesenen ab, erzielt der Maklerkunde jedoch regelmäßig den mit dem Maklervertrag angestrebten wirtschaftlichen Erfolg. Ohne Hinzutreten besonderer Umstände erscheint es daher nach Ansicht des Senats als treuwidrig, wenn sich der Maklerkunde dann auf diese Abweichung beruft und eine Zahlung des Maklerlohnes deshalb verweigert.“ (OLG Hamm, Urt. v. 21.3.2013, Az. 18 U 133/12)

Dem erteilt der BGH aber eine Absage:

„Das Berufungsgericht stellt fest, dass die Kaufpreisreduzierung darauf beruhte, dass nur der Grundstückswert abzüglich der Abbruchkosten für die aufstehenden Gebäude Maßstab für die Kaufpreiskalkulation der Kaufvertragsparteien war. Bei Gewerbeimmobilienkäufen sei stets die Verwendungsabsicht maßgebend für die Kaufpreiskalkulierung und deshalb sei diesem Umstand, dass der Kaufpreis nur auf der Basis des reinen Grundstückswerts berechnet worden sei, keine besondere Bedeutung beizumessen. Dabei übersieht das Berufungsgericht, dass ein bebautes Grundstück nachgewiesen worden ist. Die Kaufpreisangabe im Nachweis beruhte ersichtlich darauf, dass der Wert der Immobilie ganz wesentlich durch den Wert der auf dem Grundstück befindlichen Gebäude begründet wurde. Wirtschaftlich gesehen ist aber nur ein Grundstück ohne die aufstehenden und wesentlich wertbildenden Gebäude verkauft worden. Sogar die Abbruchkosten hatte wirtschaftlich der Verkäufer zu tragen, da diese vom Grundstückswert abgezogen worden waren. Wenn jedoch ein Grundstück mit wesentlich wertbildender Bebauung angeboten wird und der Kaufvertrag sich wirtschaftlich gesehen nur auf ein unbebautes Grundstück bezieht und deshalb der Kaufpreis wie im vorliegenden Fall weniger als 50 % des vom Makler erbrachten Nachweises beträgt, kann der abgeschlossene Kaufvertrag nicht mehr als wirtschaftlich gleichwertig zu dem vom Makler nachgewiesenen möglichen Grundstücksgeschäft angesehen werden.

Somit wird durch die vom Berufungsgericht angestellten Erwägungen letztlich nur die von ihm zuvor bejahte Inkongruenz unterstrichen. Da in einem solchen Fall der zustande gekommene Hauptvertrag bei wertender Betrachtung nicht dem Vertrag entspricht, auf den sich die Maklerleistung bezogen hat, ist es nur folgerichtig, dass der Makler keine Vergütung erhält; die vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang angestellten Erwägungen zu Treu und Glauben vermögen über die fehlende wirtschaftliche Kongruenz nicht hinwegzuhelfen (so im Ergebnis auch OLG Bamberg, NJW-RR 1998, 565 f; OLG Brandenburg, NJW-RR 2000, 1505 f; OLG Celle, OLGR 2007, 713; OLG Koblenz, OLGR 2001, 194 f; OLG München, MDR 2010, 615 f).“

3. Ausschluss des Kongruenzerfordernisses durch Ziffer 20 AGB?

Möglicherweise könnte sich aus Ziffer 20 AGB aber ergeben, dass es auf das Erfordernis der inhaltlichen Kongruenz gar nicht ankommt. Der BGH schließt sich aber der Auffassung des Berufungsgerichts an, das die Klausel nach § 307 I, II Nr. 1 BGB für unwirksam erklärt hat:

„(1) Zwar enthält § 652 I BGB nachgiebiges Recht und ist daher abdingbar. Der Makler kann sich deshalb auch eine Vergütung ohne Rücksicht auf den Erfolg seiner Tätigkeit sichern. Das ist auf alle Fälle dann unbedenklich, wenn es ihm gelingt, eine solche Vereinbarung im Wege des Einzelvertrages auszuhandeln. Denn beim Einzelvertrag sind regelmäßig beide Vertragsteile in der Lage, auf den Vertragsinhalt Einfluss zu nehmen. Lässt sich der Kunde auf eine ihm ungünstige Abrede ein, so liegt das grundsätzlich im Rahmen der Vertragsfreiheit, und er wird durch eine solche Abrede verpflichtet. Allerdings bedarf es insoweit einer klaren, verständlichen und jeden Zweifel ausschließenden Vereinbarung im Sinne des Maklers, wenn er diesen Anspruch mit Erfolg erheben will (BGH WM 1968, 1148, juris; Palandt/Sprau, BGB, 72. Aufl., § 652 Rn. 66; Hamm/Schwerdtner, Maklerrecht, 6. Aufl., Rn. 950).

(2) Die Vereinbarung einer erfolgsunabhängigen Provision in Allgemeinen Geschäftsbedingungen hingegen ist nach § 307 II Nr. 1 BGB unwirksam, da sie vom gesetzlichen Leitbild des Maklervertrages abweicht und hierdurch den Kunden in unangemessener Weise benachteiligt (BGH NJW 1987, 1634, 1635 = BGHZ 99, 471; Senat, OLGR Hamm 1992, 61; Palandt/Sprau, aaO, § 652, Rn. 66; Hamm/Schwerdtner, aaO, Rn. 950). Zum Leitbild der gesetzlichen Regelung des Maklerrechts gehört nach einhelliger Auffassung im Schrifttum und in der Rechtsprechung, dass eine erfolgsunabhängige Provision nicht, auch nicht bei einem Maklerdienstvertrag, geschuldet ist (BGH aaO m.w.N.). Der Makler verlangt - anders als ein Dienstleister - regelmäßig eine erfolgsabhängige, prozentual auf den Vertragsgegenstand bezogene Provision. Kaum einmal schließt er einen Dienstvertrag im eigentlichen Sinn mit einer festen, von vornherein erfolgsunabhängigen, üblicherweise nach Zeitaufwand oder Zeitabschnitten bemessenen Vergütung. Mit der Maklerprovision hat er sich für das Leitbild des § 652 BGB entschieden. An diesem und nicht an dem des Dienstvertragsrechts muss er sich dann messen lassen. Will er sich gleichwohl eine erfolgsunabhängige Provision versprechen lassen, ist dies im Hinblick auf § 307 II Nr. 1 BGB daher nur im Wege einer Individualvereinbarung möglich (Palandt/Sprau, aaO, Einf v § 652 Rn. 17; Hamm/Schwerdtner, aaO, Rn. 950 ff.).“ (OLG Hamm, Urt. v. 21.3.2013, Az. 18 U 133/12)

C. Fazit

Eine Entscheidung, die Anlass bietet, sich mit den Grundzügen des praxis- und prüfungsrelevanten Maklerrechts auseinanderzusetzen. Detailwissen wird in der Prüfung nicht verlangt, wohl aber sollte man sich in der Examensvorbereitung jedenfalls einmal intensiver mit den grundlegenden Problemen des Maklerrechts befassen.

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