I. Sinn und Zweck der Gliederung
Wenn Deine Hausarbeit oder Klausur eine vernünftige Gliederung (Gliederungsziffern plus Überschriften) hat, dann erzeugt das zunächst einmal Transparenz. Insbesondere, wenn es sich um eine verschachtelte Prüfung handelt, wie etwa bei einem Kostenbescheid nach Abschleppmaßnahme. Dann ist die Struktur für den Leser durch die Gliederung besser nachvollziehbar.
Die Alternative zur Gliederung wäre allein durch sprachliche Schlüsselreize die Struktur Deiner Arbeit transparent zu machen („zunächst“, „des Weiteren“ etc.). Die Gefahr ist allerdings, dass der querlesende Korrektor diese sprachlichen Schlüsselreize übersieht. Oder der Korrektor muss tatsächlich jedes einzelne Wort Deiner Arbeit lesen, also auch die unproblematischen Punkte, um die Struktur Deiner Arbeit nachzuvollziehen. Ein Korrektor aber, der – aus seiner Sicht ohne Not – länger für die Korrektur braucht, gibt erfahrungsgemäß weniger Punkte. Außerdem zwingt Dich die Gliederung zu gedanklicher Disziplin und trägt so dazu bei, dass Du tatsächlich bessere Klausuren schreibst.
II. Regeln für die Gliederung
1. Keine Verhaltensauffälligkeiten
Bei der Gliederung solltest Du die für Juristen übliche Gliederung wählen. Üblich sind folgende Ebenen: A, I, 1., a), aa), (1), (a), (aa). Wenn der Fall viele Ebenen aufweist, z.B. weil Du bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des Kostenbescheides inzidenter die Rechtmäßigkeit der zugrunde liegenden Abschleppmaßnahme prüfen musst, dann kann es sinnvoll sein, eine weitere Ebene bei der Gliederung der Arbeit einzuführen. Das kann „oben“ passieren, indem Du vor der Gliederungsebene „A.“ die Gliederungsebene „1. Teil“ einführst. Natürlich kannst Du auch weiter in die Verästelungen gehen und nach der Gliederungsebene „(aa)“ die Gliederungsebene „(aaa)“ anbrechen. Einige bevorzugen hier kleine römische Ziffern, also „i, ii, iii, iv“ etc. Vertretbar ist es auch, auf dieser Gliederungsebene das griechische Alphabet zu bemühen, also die Zeichen Alpha, Beta etc.
Absolut unüblich – und daher für den Korrektor auch eher eine Pestilenz – ist die naturwissenschaftliche Gliederung, also „1., 1.1., 1.1.1, 1.1.2.“ etc.
2. Nicht dumm und dämlich gliedern
Bevor Du darüber nachdenkst, ob die gängigen Ebenen für Deine Gliederung noch ausreichen und ob Du weitere Ebenen einführen kannst, solltest Du überlegen, ob Du nicht auch Ebenen bei der Gliederung einsparen kannst. Dann kannst Du die Unterpunkte, die Du sonst erzeugt hättest, einfach weglassen und diese Unterpunkte im Fließtext unter dem betreffenden Oberpunkt abhandeln. Das empfiehlt sich insbesondere, wenn dieser Prüfungspunkt und etwaige Unterpunkte unproblematisch vorliegen.
Beispiel:
A. Zulässigkeit
I. Verwaltungsrechtsweg
II. Statthafte Klageart
Die statthafte Klageart ist hier die Anfechtungsklage gem. § 42 I 1. Fall VwGO, da es sich bei der Abrissverfügung um einen Verwaltungsakt i.S.v. § 35 S. 1 VwVfG handelt, der sich nicht erledigt hat und dessen Aufhebung der Kläger begehrt.
Ungeschickt wäre es, wenn Du in einem solchen unproblematischen Fall alle denkbaren Punkte, die Du eventuell zur Statthaftigkeit der Anfechtungsklage und zum Verwaltungsakt kennst, bringen würdest.
Negativbeispiel:
A. Zulässigkeit
I. Verwaltungsrechtsweg
II. Statthafte Klageart
- Verwaltungsakt
a) Maßnahme
b) Behörde
…
Keine Erledigung
Aufhebungsbegehren
Wer A sagt, muss auch B sagen
Wenn Du in Deiner Gliederung den Punkt „A.“ angliederst und dieser Punkt scheitert, dann darfst Du nicht abbrechen, sondern muss unter „B.“ zumindest das Ergebnis festhalten. Gleiches gilt natürlich auch für niedrigere Ebenen in Deiner Gliederung.
III. Sonderfall: 2. Examen
Im 2. Examen wird teilweise auch ein vorangestelltes Gutachten gefordert. Dies ist häufig bei der Anwaltsklausur der Fall. Im Gutachtenteil gelten im Grunde die gleichen Regeln für die Gliederung wie im 1. Examen. Im praktischen Teil, also z.B. im Urteil oder in der Verwaltungsentscheidung, ist die Gliederung eher Geschmacksache. Verbreitet ist, wenn überhaupt, nur ganz grundlegende Unterteilungen durch Gliederungsziffern (ohne Überschriften) kenntlich zu machen. Setze also zum Beispiel unter „I.“ die Ausführungen zur Zulässigkeit und unter „II.“ die zur Begründetheit.
Auch in der Praxis sieht man die leichte Tendenz, bei Urteilen etwas liebevoller zu gliedern. Wie beispielsweise bei einer Entscheidung des VG Hamburg. Dort ging die Gliederung bis zur Ebene (aa). Die oben beschriebenen Vorteile gelten auch hier.
Viel Spaß bei der nächsten Gliederung!
Letzte Aktualisierung: Januar 2024
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