BGH: Anforderungen an Beeinflussung des Ergebnisses eines Datenverarbeitungsvorgangs beim Computerbetrug

A ist Filial-Leiter (oder auf Neudeutsch: “Shop-Manager”) bei der DUG-Telekom GmbH, welche Mobilfunkverträge samt Smartphones vertreibt. Gemeinsam mit seinem Bekannten B plant er, mit gefälschten Kundenunterlagen an die bei Vertragsschluss zur Verfügung gestellten Smartphones zu gelangen. Sie gehen dabei wie folgt vor:

Mithilfe eines Computerprogramms erstellt B Dateien, deren Ausdrucke aussehen wie Kopien der Vertragsurkunden, die nach den Vorgaben der DUG-Telekom GmbH bei Vertragsschluss vorzulegen sind. Er verwendet dabei frei erfundene Daten fiktiver Personen. Diese Ausdrucke übergibt er A, der die Daten in das elektronische Auftragsformular eingibt und an das Rechenzentrum der DUG-Telekom GmbH versendet. Dort werden die Angaben nur auf Vollständigkeit überprüft; zudem erfolgt ein Abgleich mit Daten der Schufa. Gegen die von A eingegebenen falschen Daten erhebt das System keine Einwände und versendet an die Filiale die Mitteilung, dass der Vertrag zustande komme. Nach Eingang dieser Mitteilung war es nach den Vorgaben der DUG-Telekom GmbH erlaubt, den Vertrag zu vollziehen und das Smartphone auszuhändigen. A bucht im Anschluss mit seiner Barcodekarte das jeweilige Smartphone aus und übergibt es B. Die anfallenden monatlichen Gebühren der vermeintlich geschlossenen Mobilfunkverträge wurden - wie von vornherein geplant - von A und B nicht entrichtet.

Haben sich A und B wegen gemeinschaftlichen Computerbetruges gemäß § 263a StGB strafbar gemacht?

Der Bundesgerichtshof (Beschl. v. 28.5.2013, Az. 3 StR 80/13) meint: nein.

Er lässt dabei offen, welche der Varianten des § 263a I StGB in Betracht kommt. Sogleich stellt er dar, welche Anforderungen an die Beeinflussung des Ergebnisses eines Datenverarbeitungsvorgangs i.S.v. § 263a StGB zu stellen sind:

“Der Tatbestand des Computerbetruges gemäß § 263a StGB wurde zur Schließung von Strafbarkeitslücken in das Strafgesetzbuch eingeführt, weil es bei der Manipulation von Datenverarbeitungsvorgängen regelmäßig an der Täuschung und infolgedessen der Erregung eines Irrtums einer natürlichen Person fehlt, was zur Unanwendbarkeit des Betrugstatbestandes nach § 263a StGB führt. Bei der Umsetzung dieses Ziels orientierte sich der Gesetzgeber konzeptionell an dem Tatbestand des Betruges, wobei an die Stelle der Täuschung die Tathandlungen des § 263a I StGB treten und mit der Irrtumserregung und dem ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal der Vermögensverfügung die Beeinflussung des Ergebnisses eines - vermögenserheblichen - Datenverarbeitungsvorgangs korrespondiert. Aufgrund dieser Struktur- und Wertgleichheit mit dem Betrugstatbestand entspricht es in Rechtsprechung und Schrifttum einhelliger Auffassung, dass der in tatbestandsmäßiger Weise beeinflusste, vermögensrelevante Datenverarbeitungsvorgang unmittelbar vermögensmindernd wirken muss.”

Nach diesen allgemeinen Darstellungen stellt der Bundesgerichtshof fest, dass es an einer unmittelbaren Vermögensminderung fehle:

“Die Minderung des Vermögens der DUG-Telekom trat vorliegend nicht dadurch ein, dass die erfundenen Daten nicht existierender niederländischer Staatsangehöriger in die elektronischen Antragsformulare eingegeben wurden und über das so manipulierte Ergebnis der automatisierten Anfrage bei der Schufa die elektronische Mitteilung an die DUG-Shops bewirkt wurde, dass der Vertrag zustande komme. Vielmehr kam es zu der Vermögensminderung erst dadurch, dass der Angeklagte oder die von ihm instruierten Mitarbeiter im Anschluss an diese Mitteilung die Mobiltelefone herausgaben. Zwar kann in Fällen, in denen - wie hier - noch weitere Verfügungen vorgenommen werden, das Merkmal der Unmittelbarkeit der Vermögensminderung gleichwohl zu bejahen sein, wenn das Ergebnis des von dem Täter manipulierten Datenverarbeitungsvorgangs ohne eigene Entscheidungsbefugnis und ohne inhaltliche Kontrolle von einer Person lediglich umgesetzt wird. Eine solche Konstellation ist hier indes schon deshalb nicht gegeben, weil der Angeklagte in jedem der zur Verurteilung gelangten Fälle wusste, dass die vermeintlichen Vertragspartner der DUG-Telekom bzw. der von dieser vertretenen Mobilfunkanbieter tatsächlich nicht existierten und dass die Verträge nicht erfüllt werden sollten. Er war bereits vor Ingangsetzen des Datenverarbeitungsvorgangs entschlossen, die Mobiltelefone an seine Mittäter herauszugeben, ohne dass diese eine nennenswerte Gegenleistung erbrachten. Somit lag in jeder Herausgabe jeweils eine eigenverantwortliche Vermögensverfügung des Angeklagten oder seiner Mitarbeiter, mit der allerdings nicht das Ergebnis des vorangegangenen Datenverarbeitungsvorgangs umgesetzt wurde. Vielmehr stand schon vorher fest, dass die Verfügung, die - mit Blick auf die Mitarbeiter - jedenfalls eine Missachtung der internen Vorgaben der DUG-Telekom für das Vorgehen bei Vertragsschlüssen und hinsichtlich des Angeklagten eine bewusste Überschreitung dessen darstellte, was ihm von der DUG-Telekom als “Shop-Manager” gestattet war, durchgeführt werden sollte. Die Beeinflussung des Datenverarbeitungsvorgangs führte also nicht zu einer unmittelbaren Vermögensminderung, sie diente vielmehr in erster Linie der Verschleierung des tatsächlich vermögensmindernd wirkenden, unerlaubten Verhaltens.”

In Betracht kommt aber eine Strafbarkeit wegen § 242 StGB (Gewahrsamsbruch?), § 246 StGB, § 266 StGB (Vermögensbetreuungspflicht?) und/oder § 267 StGB.

Eine kurze, aber dennoch lehrreiche Entscheidung, die vor allem vor Augen führen soll, dass Auslegungsschwierigkeiten im Rahmen des § 263a StGB ohne Weiteres unter Rückgriff auf die zu § 263 StGB entwickelten Grundsätze zu lösen sind.

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