Namen von Juristen, die in der NS-Zeit aktiv waren, werden auf den Titeln nicht beibehalten
In der Bibliothek kurz etwas im „Grüneberg“ nachschlagen, zu Hause den „Habersack“ nachsortieren. So wird es in Zukunft heißen, wenn es um den “Palandt” oder den “Schönfelder” geht. Wichtige juristische Standardwerke, die Namen von Juristen tragen, die in der NS-Zeit aktiv waren, sollen umbenannt werden.
Worum geht es?
Seit mehreren Jahren stand der C.H. Beck Verlag zunehmend in der Kritik, weil vielfach darauf hingewiesen wurde, dass einige wichtige juristische Standardwerke die Namen von NS-Juristen tragen. Die Kritik kam zunehmend auch aus dem Hochschulbereich und der Politik. Es sind vor allem Werke betroffen, an denen Student:innen und Jurist:innen in ihrem Alltag nicht vorbeikommen, wie etwa der Kurzkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch “Palandt”, die wichtigste Gesetzessammlung “Schönfelder” oder die Loseblattsammlung zum Grundgesetz von “Maunz/Dürig”. Die Werke sollen jetzt umbenannt werden, um Missverständnisse auszuschließen und ein Zeichen gegen Antisemitismus zu setzen.
Aus “Palandt” wird “Grüneberg”
So soll der bekannte BGB-Kommentar „Palandt“ bald nicht mehr den Namen von Otto Palandt tragen. Otto Palandt war Präsident des Reichsjustizprüfungsamtes und soll am 1. Mai 1933 der NSDAP beigetreten sein. Bereits die nächste Auflage soll ab kommenden November den Namen des aktuellen Koordinators der Autor:innen, des Richters am BGH, Christian Grüneberg, tragen.
Den historischen Namen habe man deshalb zunächst beibehalten, weil man “Geschichte nicht ungeschehen machen” könne und “der Name Palandt bislang als Erinnerung an das dunkelste Kapitel deutscher Rechtsgeschichte sichtbar bleiben” sollte. Ein Denkmal habe man ihm damit aber nicht setzen wollen. Auf die Problematik sei im Vorwort des Werkes ausdrücklich hingewiesen worden.
Aus “Schönfelder” wird “Habersack”
Außerdem wird der „rote Backstein“, der „Ziegelstein“, der „Schöni“ nach Mitteilung des Verlages umbenannt. So unterhaltsam die Kosenamen für die Gesetzessammlung auch sind – auch ihr Namensgeber Heinrich Schönfelder hat eine NS-Vergangenheit. Der Jurist trat am 1. April 1933 der NSDAP bei und war außerdem Mitglied des Bundes Nationalsozialistischer Deutscher Juristen. Die Gesetzessammlung wird vom Münchner Zivilrechtsprofessor Mathias Habersack herausgegeben und entsprechend in „Habersack“ umbenannt. Habersack ist derzeit Vorsitzender der Ständigen Deputation des Deutschen Juristentages.
Übrigens: Vielleicht hast Du Dich schon einmal gefragt, warum der Schönfelder mit dem BGB als Nr. 20 beginnt. Grund hierfür ist, dass ab der 4. Auflage aus dem Jahr 1935 in der Nummer 1 das Parteiprogramm der NSDAP zu finden war, in den Nummern 2 bis 19 war das nationalsozialistische Verfassungsrecht abgedruckt.
Aus “Maunz/Dürig” wird “Dürig/Herzog/Scholz”
Und schließlich wird der mehrbändige Grundgesetz-Kommentar „Maunz/Dürig“ umbenannt. Der Kommentar soll künftig den Namen „Dürig/Herzog/Scholz“ tragen. Auf den Namen Theodor Maunz wird daher verzichtet - 1933 trat der im Jahr 1993 verstorbene Staatsrechtler der NSDAP und der Sturmabteilung (SA), einer paramilitärischen Kampforganisation der Nazis, bei. Der Jurist war von 1957 bis 1964 bayerischer Kultusminister, doch nach dem Bekanntwerden seiner NS-Vergangenheit trat er als Minister zurück.
“Höchste Zeit für eine Umbenennung”
Bayerns Justizminister Georg Eisenreich sprach von einer bedeutsamen Entscheidung:
Die Umbenennung ist notwendig: Namensgeber für Gesetzessammlungen und Kommentare müssen integre Persönlichkeiten sein. Keine Nationalsozialisten.
Eisenreich hatte noch im Frühjar eine Studie zu den Namensgebern zum “Palandt” und “Schönfelder” beim Institut für Zeitgeschichte in Auftrag gegeben. Auch Bundesjustizministerin Christine Lambrecht und der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, begrüßten die Umbenennung. Lambrecht betonte dabei, dass es nun höchste Zeit sei, den “Palandt” umzubenennen: “Wer sich dafür eingesetzt hat, die juristische Ausbildung an den menschenfeindlichen Zielen des NS-Regimes auszurichten, darf in unserem demokratischen Rechtsstaat nicht der Namensgeber eines juristischen Standardwerks sein”, sagte sie weiter.
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