Im Hörsaal neben: Ruth Bader Ginsburg

Im Hörsaal neben: Ruth Bader Ginsburg

US-Richterin Ruth Bader Ginsburg – eine Ikone im Kampf für Gleichberechtigung

Ihr Spitzname war „Notorious RBG“, eine Anspielung auf den berühmten Rapper Notorious BIG. Ruth Bader Ginsburg mochte den Vergleich: „Wir sind ja beide in Brooklyn aufgewachsen“. Aber auch in Sachen Bekanntheitsgrad gibt es eigentlich keinen Unterschied: Ginsburg gilt als eine der wichtigsten US-Frauenrechtlerinnen. Sie war mehr als nur die dienstälteste Richterin am amerikanischen Supreme Court, dem Obersten Gerichtshof. Sie ist eine Ikone im Kampf der Gleichberechtigung.

 
Dabei hatte sie alles andere als die besten Aussichten auf eine erfolgreiche Karriere in der Justiz. Sie wurde 1933 in Brooklyn als Tochter einer jüdischen Einwandererfamilie geboren, wuchs in ärmeren Verhältnissen auf. Ihre Mutter erzog sie zu Fleiß und unabhängigem Denken, starb jedoch kurz vor dem High-School-Abschluss ihrer Tochter. Ruth Ginsburg folgte dem Willen ihrer Mutter und strebte eine juristische Karriere an, was zu dieser Zeit nahezu undenkbar für eine Frau aus solchen Verhältnissen war. Das verdeutlichte auch ihr Jahrgang an der Harvard Law School: Ginsburg war eine von nur neun Frauen, die restlichen über 500 Kommilitonen waren allesamt männlich. Obwohl sie ihr Jurastudium mit einer 14 Monate alten Tochter begann und der Frauenfeindlichkeit ihrer Professoren und Kommilitonen ausgesetzt war, stach sie durch ihre Begabung für das Recht hervor. Dafür bekam sie eine der begehrten Stellen bei der Harvard Law Review.
 Mit ihrem Mann Martin Ginsburg, den sie im Studium kennenlernte, zog sie nach New York, wo sie an der Columbia Universität ihr Jurastudium fortsetzte. Auch hier war sie Jahrgangsbeste, auch hier hatte sie eine hohe Belastung, da sie zusätzlich auch ihren erkrankten Ehemann pflegen musste. Und auch hier stach sie heraus und schloss ihr Studium mit Bravour ab.

Nach ihrem Studium war die unabhängige Ruth Ginsburg weiter dem zu dieser Zeit geltenden Sexismus ausgesetzt. Keine der Anwaltskanzleien, bei denen sie sich mit ihrem hervorragenden Zeugnis bewarb, wollte sie als Anwältin einstellen. 1959 bekam sie dann eine Stelle bei einem US-Bezirksgericht in New York, der Beginn einer Karriere in der Justiz. Viele Jahre später sollte sie die bekannteste Richterin beim höchsten amerikanischen Gericht sein: beim Supreme Court. Doch bereits vor ihrer Ernennung durch den ehemaligen Präsidenten Bill Clinton war sie als erfolgreiche Kämpferin für Frauenrechte bekannt. In den Siebziger Jahren begann Ginsburg die Bürgerrechtsbewegung ACLU rechtlich zu vertreten (unter anderem vor dem Supreme Court), die für diskriminierte Minderheiten kämpfte. Zur gleichen Zeit übernahm sie als erste Frau einen Lehrstuhl an der Columbia Universität, schon zuvor unterrichtete sie 1963 als erste Frau an der Rutgers Law School.

Im Jahr 1993 begann dann ihre auf Lebenszeit angesetzte Richterposition beim Obersten Gerichtshof. Bis zu ihrem Tod im Jahr 2020 galt sie als Personifizierung von Hoffnung und als Kämpferin für Gleichberechtigung für Eingewanderte, für Frauen und für Angehörige der LGBTIQ. Sie gehörte dem linksliberalen Flügel des Gerichts an und war von 2006 bis 2009 die einzige Frau am neunköpfigen Supreme Court. Das hinderte sie aber nicht in ihrem Kampf gegen Ungleichbehandlung, im Gegenteil. Als beispielsweise 2007 die Klage einer Frau wegen Diskriminierung am Arbeitsplatz lediglich aus Formgründen abgewiesen wurde, war ihr Widerspruch so immens, dass daraufhin die Gleichbezahlung von Frauen und Männern gesetzlich verankert wurde. Im Jahr 2010 wurde sie zur Wortführerin ihres Flügels gewählt und ab 2016 galt sie als Hoffnungsträgerin der halben Nation, nachdem der Republikaner Donald Trump zum amerikanischen Präsidenten gewählt wurde. Bis zu ihrem Tod am 18. September 2020 verfolgte sie das Ziel, sowohl Männer als auch Frauen aus den Rollen zu befreien, die die Gesellschaft ihnen zuschrieb. 

Ruth Bader Ginsburg ist eine Ikone, deren Ansehen weit über den Gerichtssaal als auch über das Jurastudium hinausgeht. Es gibt eine gleichnamige Doku über „RBG“ und den Spielfilm „On The Basis Of Sex“, die ihr außergewöhnliches Leben und ihren Freiheitskampf festhalten. Selbst in ihrem Sterbebett strebte sie nur nach einem: Gerechtigkeit. Ihre letzte Botschaft bezog sich auf ihre Nachbesetzung im Supreme Court, die dem amtierenden Präsidenten Donald Trump zusteht. Zu ihrer Enkelin sagte sie: 

Mein sehnlichster Wunsch ist es, dass ich nicht ersetzt werde, bevor ein neuer Präsident im Amt ist.