Falscher Dresscode: Punktabzug in der mündlichen Prüfung

Falscher Dresscode: Punktabzug in der mündlichen Prüfung

Prüfungsausschuss zieht Studentin Punkt ab in der mündlichen Prüfung – das VG Berlin korrigiert

Kleider machen Leute – und manchmal auch Noten. Eine Studentin bekam in ihrer mündlichen Prüfung Punktabzug, weil die Dozentin mit ihrem Outfit nicht einverstanden war. Das VG Berlin sieht das anders und hielt ihr Outfit für vertretbar.

 

Worum geht es?

Die Klägerin studierte bis 2018 den Masterstudiengang „Recht für die Öffentliche Verwaltung“ in Berlin. In einem ihrer Prüfungsfächer musste sie eine mündliche Prüfung ableisten. In ihrer Ladung wurde auf die Bewertungsskala hingewiesen, in der auch der Hinweis notiert war, dass ein „sicheres und überzeugendes Auftreten mit einem dem Charakter der Prüfung [angemessener] Kleidungsstil“ zu beweisen sei. Da die Prüfung allerdings für den Sommer terminiert war, korrigierte die Dozentin in einer weiteren E-Mail den Dresscode. Sie teilte mit, sie verzichte angesichts der Temperaturen auf einen „strengen formalen, geschäftlichen Dress-Code“, die Studierenden sollten sich jedoch „dem Anlass entsprechend ansprechend und gepflegt“ kleiden.

Zur Prüfung – an dem Tag herrschten tatsächlich 35 Grad Außentemperatur – erschien die Klägerin in Blue Jeans und einem Oberteil mit Punkten. Die Dozentin stufte die Kleidung allerdings als Alltagsoutfit ein – und zog der Klägerin einen Punkt ab, sodass sie die Note 1,7 erhielt. Dagegen ging die Studentin gerichtlich vor.

 

VG Berlin sieht kein Problem mit Outfit

Das VG Berlin hat in einem frisch veröffentlichten Urteil entschieden, dass der Kleidungsstil von Prüfungskandidatinnen und -kandidaten bei einer mündlichen Prüfung grundsätzlich nicht bewertet werden dürfe. Die Beklagte wurde daher verpflichtet, ein neues Abschlusszeugnis auszustellen, in dem die Leistung der mündlichen Prüfung auf die Note 1,3 zu korrigieren sei. Die ursprüngliche Note sei bewertungsfehlerhaft. Anders wäre die Situation, hätte ein offensichtlicher Bezug zwischen Kleidung und Prüfung bestanden. Dies könnte beispielsweise bei der richtig anzuziehenden Sicherheitskleidung von Feuerwehrleuten der Fall sein. Natürlich müsse die Kleidung auch bewertet werden, wenn sie als solche den Prüfungsgegenstand bilden würde, also in Fächern wie Modedesign oder Szenografie. Ein solcher Bezug sei hier allerdings nicht gegeben.

Vielmehr bestand lediglich die Maßgabe, sich angemessen zu kleiden. Diese Anforderung sei unbestimmt, das VG Berlin stufte die Kleiderwahl der Klägerin als vertretbar ein. Außerdem habe die Beklagte nicht darlegen können, inwiefern die Blue Jeans und das gepunktete Oberteil denn als dem Charakter der Prüfung unangemessen einzuordnen wäre.

Eine Berufung gegen das Urteil ist möglich.