BGH zum Brötchenverkauf am Sonntag

BGH zum Brötchenverkauf am Sonntag

Ist ein Brötchen eine “zubereitete Speise”?

Der BGH hat entschieden: Bäckereicafés dürfen am Sonntagnachmittag Brötchen verkaufen. Ein Bäckereibetrieb in München hat sich gegen die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs durchgesetzt.  

 

Worum geht es?

Das Recht ist facettenreich, Juristen müssen „Allrounder“ sein. Die möglichen Themenfälle reichen dabei von der strafrechtlichen Verteidigung eines mutmaßlichen Drogenhändlers, über die Ausformulierung staatsrechtlicher Verträge bis hin zum sonntäglichen Brötchenverkauf. Letzteres war jetzt sogar Thema vor dem BGH. 

Ein Bäckereibetrieb stellte verschiedene Brot-, Back- und Konditoreiwaren her und vertrieb diese in mehreren Filialen in München. An Sonntagen veräußerte sie über einen Zeitraum von mehr als drei Stunden Brote und unbelegte Brötchen.  Außerdem wurde in einer ihrer Filialen an einem Pfingstmontag eine Brezel, unbelegte Brötchen sowie ein Laib Brot verkauft. Die „Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs“ sah darin einen Verstoß gegen das UWG. Der Bäckereibetrieb habe unlauter gehandelt, weil sie gegen § 3 1 Nr. 1 des Ladenschlussgesetzes sowie § 1 I Nr. 2, II der Verordnung über den Verkauf bestimmter Waren an Sonn- und Feiertagen verstoßen habe.

Der BGH wies nun die Revision zurück. Zuvor hatte das LG München II die Klage zurückgewiesen. Eine Berufung seitens des Klägers blieb erfolglos. 

 

Ist ein Brötchen eine zubereitete Speise?

Im Mittelpunkt stand die Frage, ob ein Brötchen eine zubereitete Speise sei. Aufgrund der Tatsache, dass die Filialen nebenbei ein Café betreiben, gelte nicht das Ladenschlussgesetz, sondern das Gaststättengesetz. 

  •  1 I GastG*

Ein Gaststättengewerbe im Sinne dieses Gesetzes betreibt, wer im stehenden Gewerbe

1. Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht (Schankwirtschaft) oder

2. zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht (Speisewirtschaft),

[…]

wenn der Betrieb jedermann oder bestimmten Personenkreisen zugänglich sind.

 

Das GastG gestattet mehr Freiheiten als das Ladenschlussgesetz – zum Beispiel darf eine Gaststätte im Sinne des GastG an Sonn- und Feiertagen ohne zeitliche Begrenzung Essen verkaufen. Dabei muss es sich aber um zubereitete Speisen handeln. Zum Beispiel einen Teller Spätzle, eine Pizza Funghi oder einen Pfannkuchen. Aber zählt ein unbelegtes Brötchen auch? Ein Vertreter der Wettbewerbszentrale meinte nein:
Fragen Sie mal einen Verbraucher, wenn gesagt wird: Eine Semmel ist eine für ihn in einer Gaststätte zubereitete Speise. Die nackte Semmel. Ich glaube nicht, dass das eine zubereitete Speise ist.

 

Der BGH sieht es allerdings anders:
 Nach der vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellten Verkehrsanschauung handelt es sich bei Brötchen und Broten um zubereitete Speisen, also um – durch den Backvorgang – essfertig gemachte Lebensmittel.

Damit gab das Gericht dem Bäckereibetrieb Recht. Der Rechtsbeistand der Bäckerei hatte argumentiert, dass Brötchen zubereitete Speisen seien, weil sie aus Mehl, Wasser, Hefe, Salz hergestellt und gebacken werden. Dabei handele es sich im wahrsten Sinne des Wortes um eine Zubereitung. Der BGH ist dieser Argumentation in seinem Urteil gefolgt.

Durch die Einstufung als zubereitete Speisen greift das Gaststättengesetz. Dieses Urteil hat damit weitreichende Folgen für ganz Deutschland, also über die Grenzen des Freistaats Bayern hinaus! Der Vorsitzende Richter des ersten Zivilsenats des BGH sagte, dass der Sonntagsverkauf von Backwaren in Bäckereifilialen mit einem Cafébetrieb bundesweit zulässig sein dürfte. Vielleicht ist der sonntägliche Brötchenverkauf damit revolutioniert.

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