Das Band der Liebe ist stark – das VG Trier aber stärker
Eine Justizvollzugsbeamtin vergab einen Schlüssel – nicht irgendeinen, sondern den zu ihrem Herzen. Nicht an irgendwen, sondern an einen Strafgefangenen. Was nach einer guten Folge für eine ‚Daily Soap‘ klingt, ist Realität, mit der sich das VG Trier beschäftigt hat. Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass eine Justizvollzugsbeamtin ihrem Dienst nicht mehr nachkommen darf, weil sie mit einem Strafgefangenen eine Liebesbeziehung einging. Dies wurde als schweres Dienstvergehen eingestuft.
Worum geht es?
Die Beamtin und der Gefangene pflegten über einen längeren Zeitraum eine Liebesbeziehung, hauptsächlich durch Briefverkehr. Neben gemeinsamen Zukunftsplänen wurden unter anderem pornographische Fotos übermittelt – generell ging es in den Schriften heiß her. Darüber hinaus hat die Beamtin Kleidungsstücke des Gefangenen mit nach Hause genommen. Eines Tages fiel die Affäre durch eine Postkontrolle – obwohl sie sich bemühten, die Identität zu verheimlichen – auf. Es folgte ein Disziplinarverfahren gegen die Beamtin und schließlich erhob das Land Disziplinarklage: Die Beamtin habe das Zurückbehaltungsgebot verletzt und gegen die Anstaltsleitung gehandelt, indem sie auch ihre Melde- und Offenbarungspflichten verletzte.
*** 47 Abs. 1 BeamtStG: Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen***
Die Liebesbeziehung stellt einen Verstoß gegen das als Kernpflicht von Bediensteten im Strafvollzug ausgestaltete Zurückbehaltungsgebot dar.
Es kam, wie es kommen musste – das VG Trier entfernte die Beklagte aus dem Justizvollzugsdienst. Die Beklagte habe durch die Liebesbeziehung das Zurückbehaltungsgebot verletzt und gegen die Anstaltsleitung gehandelt, indem sie auch ihre Melde- und Offenbarungspflichten verletzte. Insgesamt handele es sich um ein schweres Dienstvergehen, was nur mit einer Entfernung aus dem Dienst beantwortet werden kann. Eine solche Beamtin sei untragbar für den öffentlichen Dienst.
Die Beamtin habe aus eigensinnigen Motiven verantwortungslos eine Gefährdungslage für den Strafvollzug geschaffen.
Das Urteil des VG fällt hart, in seinen Ausführungen aber konsequent, aus. Die Beamtin habe mit ihrem Handeln alle Kollegen schwer hintergangen, stellte das Gericht fest. Eine erneute Vertrauensbasis sei durch die geschaffenen Umstände unmöglich. Darüber hinaus habe sich die Beamtin durch das Versenden der pornographischen Aufnahmen in erheblicher Weise erpressbar gemacht. Dies sah die Beamtin bis zur mündlichen Verhandlung zwar nicht ein, stellt aber nach Ansicht des VG eine hohe Gefahr für die Sicherheit im Gefängnis dar.
Was besagt denn das sog. Zurückbehaltungsgebot?
Die Liebesbeziehung und das Nichtanzeigen davon stelle demnach einen Verstoß gegen Nr. 2 Abs. 1 der Dienst- und Sicherheitsvorschriften für den Strafvollzug (DSVollz) dar. Nach dieser Norm haben die Bediensteten unter anderem gegenüber Inhaftierten die notwendige Zurückhaltung zu wahren und jede Beziehung zu diesen Personen, die geeignet sein könnte, Zweifel an einer ordnungsgemäßen Ausübung des Dienstes zu begründen, der Anstaltsleitung mitzuteilen. Diese allgemeine Berufspflicht wurde durch einen Erlass des damaligen Bundesjustizministers im Jahr 1998 (Az 3132E – I A.81/97) dahingehend konkretisiert, dass die Bediensteten bei einer Liebesbeziehung zu einer gefangenen Person verpflichtet sind, dies unverzüglich der Anstaltsleistung anzuzeigen, sobald die einzuhaltende Distanz überschritten ist.
Schon in früherer Rechtsprechung wurde festgestellt, dass das Zurückbehaltungsgebot einen hohen Stellenwert habe – gleich aus mehreren Gründen: Zum einen wird dadurch notwendiger Schutz für die Gefangenen selbst hergestellt. In einem Gefängnis „gelten eigene Regeln“ – es handelt sich um eine unvergleichbare Sondersituation, in der sie auf eine einhundertprozentige korrekte Behandlung durch die Beamten angewiesen sind. Darüber hinaus ergibt sich der Stellenwert des Zurückbehaltungsgebots aus den Notwendigkeiten eines sicheren und geordneten Strafvollzugs. Liebesbeziehungen „durch die Gitterstäbe“ können geeignet sein, den Betriebsablauf zu stören. Das beginnt bereits damit, dass Beamte durch ihre Emotionen verleitet sein können, unachtsam bei Kontrollen oder Ähnlichem unachtsam zu sein. Daraus könnte eine Ungleichbehandlung zwischen den Gefangenen resultieren, die es stets zu vermeiden gilt. Oder die Beamten gehen aufs Ganze: Schon des Öfteren mussten sich Gerichte damit beschäftigen, dass Beamte sich mit Gefangenen in Zellen einschlossen, um eine schöne Zeit zu zweit zu haben.
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