70 Jahre Menschenrechte

70 Jahre Menschenrechte

70 Jahre Menschrenrechte

Vor ziemlich genau 70 Jahren, am 10.12.1948, verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen im Palais de Chaillot in Paris die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR), die als erste internationale Menschenrechtserklärung in die Geschichtsbücher einging. An diesem Tag wurde nicht nur erstmals ein gemeinsamer Menschenrechtskonsens der damals 58 UN-Mitgliedstaaten niedergeschrieben, sondern auch der Grundstein für viele weitere Abkommen und Verfassungen auf der ganzen Welt gelegt. So wurde unter anderem die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) von 1950 erheblich von der 2 Jahre zuvor verabschiedeten Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte beeinflusst. Die deutsche Verfassung – das Grundgesetz – ist stark an die Erklärung von 1948 angelehnt. Auch trotz ihres Alters hat die AEMR bis heute nicht an Aktualität verloren. 70 Jahre später – insbesondere in Anblick von „proxy wars“ und Auswirkungen der Globalisierung – erscheint die Erklärung so aktuell wie nie. „Sie stärkt uns darin, die Menschenrechte im Alltag zu leben, indem wir Abwertung, Ausgrenzung und Hass klar entgegentreten, Menschen als Individuen wahrnehmen und einander als Menschen mit gleicher Würde und gleichen Rechten achten.“, wie Beate Rudolf vom Deutschen Institut für Menschenrechte schreibt.  

 

Ein historischer Rückblick

Ein Jahr nach Ende des Zweiten Weltkrieges und im allzu präsenten Bewusstsein, was geschehen kann, wenn Menschenrechte konsequent von Machtapparaten missachtet werden, war das Bedürfnis nach einem allgemein verbindlichen Menschenrechtskodex in der Staatengemeinschaft besonders groß. Die Geschehnisse des Krieges hatten ein Verlangen nach einer universalen Regelung im menschlichen Umgang miteinander und einer verbindlichen Statuierung  der Menschenrechte in der Staatengemeinschaft geweckt. Aus diesem Grunde wurde 1946 eine Fachkommission – die UN-Menschenrechtskommission -  unter der Leitung von Eleanor Roosevelt damit beauftragt, einen solchen Kodex auszuarbeiten. Von der Idee, dass bald ein rechtsverbindlicher Vertrag zwischen allen Mitgliedsstaaten geschlossen werden würde, musste sich allerdings wegen der immer größer wachsenden Differenzen zwischen West und Ost zeitnah wieder gelöst werden. Als Ergebnis stand die unverbindliche Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. 1966 wurden dann der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (Sozialpakt) und der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte (Zivilpakt) ratifiziert, die jeweils 10 Jahre später, 1976, in Kraft traten. Die mittlerweile von 146 Staaten ratifizierten völkerrechtlichen Verträge legen grundlegende soziale und gesellschaftliche Menschenrechte verbindlich fest, während auch hier die Verhandlungen erneut vom Ost-West-Konflikt und der Dekolonisierung geprägt waren.
 
Als multilaterale völkerrechtliche Verträge sind sie im Vergleich zur Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte rechtlich bindend und stellen gemeinsam mit der Erklärung die sogenannte „Menschenrechts-Charta“ der Vereinten Nationen dar. Spätestens seit Mitte der 1970er Jahre sind die Menschenrechte fester Bestandteil der Staatengemeinschaft. In der Praxis kommt es jedoch auch heute weltweit zu massiven Menschenrechtsverletzungen. Alarmierend seien laut Beate Rudolf zudem neuere politische und ideologische Bewegungen, die unter anderem auch in Deutschland zu finden seien. „Die Idee und das Fundament der Menschenrechte werden offen angegriffen und Regierungen oder politische Bewegungen propagieren andere Konzepte.“, so die Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte.  

Was steht in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte?

Da die Anerkennung der angeborenen Würde und der gleichen und unveräußerlichen

Rechte aller Mitglieder der Gemeinschaft der Menschen die Grundlage von Freiheit,

Gerechtigkeit und Frieden in der Welt bildet, […] verkündet die Generalversammlung diese Allgemeine Erklärung der Menschenrechte […].

Mit diesen machtvollen Worten beginnt die Präambel der Erklärung. Anschließend wird in 30 Artikeln ein umfassendes Programm von Menschenrechten niedergeschrieben. Ausgangspunkt und im Zentrum für die in den Artikeln statuierten Rechte ist der Mensch. Der Mensch hat verschiedene Menschenrechte, eben weil er Mensch ist.

 

Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.

Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit

begegnen.**(Artikel 1)

Die aufgezählten Rechte werden nicht von den einzelnen Staaten verliehen oder können von diesem aberkannt werden. Sie sind untrennbar mit dem Menschsein verbunden und verleihen vielmehr eine Abwehr gegenüber Eingriffen des Staates. Die Aufgabe der Staaten hingegen ist es, diese Rechte zu achten, zu schützen und ihre Ausübung möglich zu machen. Dabei dürfen diese Aufgaben jedoch nicht als eine rein innerstaatliche Angelegenheit verstanden werden, sondern ihr Schutz ist Aufgabe und Herausforderung der ganzen Staatengemeinschaft.

Die 30 Artikel der Erklärung verankern politische, bürgerliche, soziale wie wirtschaftliche und kulturelle Rechte. Zu den politischen und bürgerlichen Rechten gehören unter anderem das Recht, sich zu versammeln oder die eigene Meinung frei zu äußern. Jeder hat das Recht, öffentliche Ämter zu bekleiden und das Recht, an der Gestaltung der öffentlichen Angelegenheiten seines Landes unmittelbar oder durch frei gewählte Vertreter mitzuwirken. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte ist als Resolution der UN-Generalversammlung – im Vergleich zu den Resolutionen des UN-Sicherheitsrates – für die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen rechtlich nicht bindend. Sie sind deshalb auch nicht ohne weiteres vor einem Gericht einklagbar. Zudem wird häufig kritisiert, dass es an einer machtvollen, universalen Instanz fehlt, vor der die Bürger der verschiedenen Staaten eine Menschrechtsverletzung geltend machen können und die die Menschenrechte individuell in den Mitgliedstaaten durchsetzt.  

Wusstest du übrigens, dass der Zugang zu sauberem Wasser seit 2010 zu den Menschenrechten gehört?

Für uns in Deutschland ist der Zugang zu sauberem Wasser eine Selbstverständlichkeit. Dies gilt jedoch bei weitem nicht für alle Menschen der Welt. Laut eines Berichts der World Health Organization in Zusammenarbeit mit UNICEF aus dem Jahr 2017 leben weltweit 3 von 10 Menschen zu Hause ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser. 6 von 10 Menschen leben ohne angemessene sanitäre Einrichtungen. Aufgrund dieser dramatischen Situationen hat die Generalversammlung – allerdings nach kontroverser Diskussion - am 28. Juli 2018 das Recht auf Zugang zu sauberem Wasser zu einem Menschenrecht erklärt. Befürworter gehen insbesondere davon aus, dass die Verwirklichung anderer Menschenrechte, z.B. das Recht auf Leben oder auf eine angemessene medizinische Versorgung, schlichtweg unmöglich zu verwirklichen sei, wenn kein Zugang zu sauberem Wasser gegeben ist. In der Resolution von 2010 werden deshalb die Staaten der Staatengemeinschaft und die Internationalen Organisationen aufgefordert, „im Wege der internationalen Hilfe und Zusammenarbeit Finanzmittel bereitzustellen, Kapazitäten aufzubauen und Technologien weiterzugeben, insbesondere für die Entwicklungsländer, um die Anstrengungen zur Bereitstellung von einwandfreiem, sauberem, zugänglichem und erschwinglichem Trinkwasser und zur Sanitärversorgung für alle zu verstärken“.

 Hier kannst du die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Generalversammlung vom 10.12.1948 nachlesen: Menschenrechte der Generalversammlung vom 10.12.1948