Bundesregierung plant Weltraumgesetz

Bundesregierung plant Weltraumgesetz

Wer haftet für Schäden? Wer ist Verursacher? Gibt es eine Versicherung?

Was auf den ersten Blick mit leichtem Schmunzeln nach Science-Fiction klingt, ist derzeit tatsächlich in Planung: Die Bundesregierung will ein Weltraumgesetz einführen, da immer mehr private Akteure in das Feld der Raumfahrt drängen. Ein solches Gesetz sei notwendig, um Fragen zum Abbau von Rohstoffen und insbesondere zur Haftung für Schäden von privaten abgestürzten Satelliten zu klären. Die Regierung will nicht mehr für aus dem All fallenden Weltraumschrott haften.

 

Worum geht es?

Vor einigen Jahren wurde das Thema noch stark belächelt - doch spätestens als das „Asteroid Mining” plötzlich mit der Gründung der Firma Planetary Resources des *Google-*Mitgründers Larry Page und seinem Kollegen Peter Diamandis ins Leben gerufen wurde, bemerkte die Welt, dass es mit dem Abbau von Bodenschätzen auf Asteroiden allmählich ernst werden könnte. Luxemburg verabschiedete daher im vergangenen Jahr ein sogenanntes Space-Mining-Gesetz und investierte 25 Millionen Euro in Planetary Resources. Und nun soll auch Deutschland ein entsprechendes Weltraumgesetz bekommen. Deutschland hat zwar den Weltraumvertrag der Vereinten Nationen unterschrieben, der bereits 1967 in Kraft getreten ist. Seit Jahren wird jedoch auch hierzulande um ein nationales Weltraumgesetz gerungen. Hiermit hat sich insbesondere der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) intensiv auseinandergesetzt und bereits in der vergangenen Legislaturperiode in einem Positionspapier ein solches Gesetz gefordert. Der Weltraumvertrag der Vereinten Nationen sieht bisweilen vor, dass Himmelskörper der Menschheit zugeschrieben und Rohstoffe im Weltraum für alle zugänglich sein müssen - eine einseitige Inanspruchnahme durch einzelne Staaten oder nationale Regelungen würden diesem widersprechen. Daher soll das deutsche Weltraumgesetz zunächst keine - anders als von der Industrie gefordert - Regelungen zum Abbau von Ressourcen im Weltraum treffen, sondern lediglich Haftungsfragen zu Schäden durch z.B. herunterfallende Satelliten klären.

 

Multilaterale Regelung

Der BDI ist mit der Planung der Bundesregierung jedoch nicht zufrieden und fordert weitergehende Regelungen, die auch den Abbau der Ressourcen betreffen. Eine solche gesetzliche Regelung solle auch nicht dem Weltraumvertrag der Vereinten Nationen entgegenstehen, da dort lediglich von gleichberechtigter Erforschung und Nutzung des Weltraums die Rede sei. Die Bundesregierung hat jedoch in ihrer Antwort auf die Fragen der Grünen, welche Entwicklungen sie für besonders relevant für die Zukunft der zivilen Raumfahrt halte, welche flankierenden politischen Maßnahmen sie dafür als notwendig erachte und wie innovative Mittelständler in diese wirtschaftliche Entwicklung der Branche eingebunden werden könnten, nicht den Forderungen der Industrie Rechnung getragen. Die Regierung machte dabei deutlich, dass es im Gesetz kein eigenes Kapitel geben werde, das den Abbau von Ressourcen im Weltraum regeln werde, da ein solcher Abbau ein international abgestimmtes Regime voraussetze. Deutschland - und auch die Mehrheit der Raumfahrtstaaten - vertrete die Auffassung, dass nationale gesetzgeberische Alleingänge zu Rechtsunsicherheiten führen würden. Daher seien die Alleingänge, wie sie etwa im Großherzogtum Luxemburg, Russland, den USA und sogar der Mongolei vorgenommen wurden und jeweils dem Förderer das Recht auf die gewonnenen Ressourcen zusprechen, nicht wünschenswert. Vielmehr solle die Angelegenheit multilateral geregelt werden.

Luxemburg hat sich dabei das bescheidene Ziel gesetzt, zu Europas Top-Weltraumnation aufzusteigen und auch international möglichst weit vorne mitzumischen. Investitionen von rund 200 Millionen Euro in den Weltraumbergbau wurden zu diesem Zwecke bereits getätigt - ein verschwindend geringer Betrag im Vergleich zu dem, was nach Aussagen von Wissenschaftlern in den Weiten des Weltalls an gewinnbringenden Ressourcen zu erwarten sein dürfte: Sie gehen davon aus, dass Asteroide reich an Platin, Eisen, Nickel oder Kobalt seien und dies für viele Schlüsseltechnologien unentbehrliche Rohstoffe darstellen werde.

 

Und wer haftet für Schäden?

Nach Ansicht der Bundesregierung soll es zunächst aber ausschließlich um die nationalen Regelungen zur Schadenshaftung gehen, da die Raumfahrt zunehmend privatisiert werde und herabstürzender Weltraummüll enormen Schaden anrichten könne. Zu beachten seien dabei verschiedene Weltraumwetterrisiken, wie etwa Strahlungsausbrüche der Sonne oder Weltraumstürme, die gleich ganze Satelittenflotten zerstören könnten. Dies kann auf der Erde die Navigation, Wettervorhersagen, die Kommunikation und viele Forschungsprojekte betreffen. Daher müsse zum Schutz der Satelliten auch eine bessere Wettervorhersage im Weltraum angestrebt werden.

Dieter Janeck, Mitglied des Wirtschaftsausschusses des Bundestages, erachtet es dabei als sinnvoll, etwaige Regressmöglichkeiten beim Verursacher zu regeln, sodass nicht mehr der Staat haften müsse, wenn Schäden durch einen herunterfallenden Satelliten entstehen. Bisher haftet grundsätzlich derjenige Staat, auf dessen Gebiet der später den Schaden verursachende Satellit ursprünglich ins All geschickt wurde.  

Wer ist „Verursacher”?

Für die nächsten Jahre sind zahlreiche „New-Space“-Projekte geplant, wie etwa Mini-Satelliten, Kleinraketen, große Netze von Kommunikationssatelliten oder auch Transporte in Richtung Mond - auch deutsche Start-Up Unternehmen wollen vom künftigen Milliardengeschäft im Weltraum profitieren. „Der Staat muss gucken, dass er da die Haftung los wird”, sagt Stephan Hobe, Professor am Institut Luftrecht, Weltraumrecht und Cyberrecht der Uni Köln. Dies werde dann womöglich zur Konsequenz haben, dass der Staat etwaige Startgenehmigungen nur noch dann erteilt, wenn das private Unternehmen eine entsprechende Versicherung vorweisen kann. Es stellt sich mitunter die Frage, wie der Versicherungsmarkt auf solche Bedingungen reagieren wird und wie er sich darauf einstellt. Hobe schlägt dabei eine Art Deckelung vor, um mögliche Investoren für die Zukunft nicht gänzlich abzuschrecken. So könnte in Zukunft der Verursacher bis zu einer gewissen Schadenshöhe haften, während der Staat die darüber hinaus gehenden Schäden übernimmt. Solche Haftungsgrenzen seien notwendig, damit (mittelständische) Unternehmen das Risiko eingehen, sich in dem Bereich der Weltrauamforschung weiterhin zu engagieren und privates Kapital einbringen.

Letztlich bliebe noch eine Frage: Wer ist „Verursacher”? Der Satellitenhersteller? Der Auftraggeber des jeweiligen Projekts, wie etwa Unternehmen oder Wissenschaftler? Oder die jeweilige Raumfahrtagentur? Dies ist nur eine von vielen wichtigen Fragen, auf die der Entwurf zum Weltraumgesetz in der zweiten Hälfte der aktuellen Legislaturperiode Antworten finden muss.